Ein Leben für ein Leben - Adam Resurrected

Originaltitel
Adam Resurrected
Jahr
2008
Laufzeit
102 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 19. August 2010

Jeff Goldblum hatte seine erfolgreichste Zeit in den 80er Jahren, mit Hauptrollen wie in David Cronenbergs kommerziell erfolgreichstem Film "Die Fliege". In den frühen 90ern hatte der groß gewachsene Darsteller dann das Glück in einigen der größten Kassenhits aller Zeiten mitzuwirken, nämlich "Independence Day" sowie den ersten beiden Teilen von "Jurassic Park". Aber diese waren nicht in erster Linie als "Schauspielerfilme" angelegt und Goldblum daher auch nie ein echter Topstar. Das letzte Jahrzehnt bestand für ihn dann hauptsächlich aus ein paar Gastauftritten, von denen jene in der TV-Serie "Friends" und in Wes Andersons "Die Tiefseetaucher" noch am stärksten in Erinnerung blieben. Im Grunde aber schien Goldblums Karriere vorbei und kaum jemand hätte wohl erwartet, dass seine größte Herausforderung und der größte schauspielerische Triumph noch vor ihm liegen würden. Aber die bekommen wir tatsächlich erst jetzt zu sehen, mit der Hauptrolle in Paul Schraders Verfilmung von "Adam Hundesohn", dem umstrittenen Roman des israelischen Schriftstellers Yoram Kaniuk.

Wir begegnen Adam Stein (Jeff Goldblum) zunächst zu Beginn der 60er Jahre in der scheinbar entspannten Umgebung einer Pension, mit dessen Wirtin er heftig flirtet. Doch bald schon holt man ihn zurück in das Sanatorium inmitten der israelischen Wüste, aus dem er wieder mal ausgebüchst war. Dabei ist Adam innerhalb dieser Mauern sogar eine Art "Star", gibt er dort doch gegenüber den anderen Bewohnern den geistreichen und charmanten Lebemann und den behandelnden Ärzten mit seinem unkonventionellen Verhalten immer wieder Rätsel auf. Es scheint als wolle er mit seinem Verhalten nur die Weigerung überspielen, sich den Dämonen der Vergangenheit zu stellen. Denn nachdem er im Berlin der 20er Jahre noch ein gefeierter Entertainer war, wurde ihm die Ausübung seines Berufs nach der Machtergreifung der Nazis untersagt.
Später transportiert man ihn sogar ins Konzentrationslager, wo er dem Kommandanten Klein (Willem Dafoe) begegnet. Einem Mann, den er vor Jahren als Gast seiner Show zwar vor einem tragischen Schritt bewahrt, dabei aber auch öffentlich gedemütigt hat. Klein nutzt die nun vertauschten Rollen und lässt Adam seine Macht spüren. Er zwingt ihn fortan auf allen Vieren zu kriechen und für ihn den Schoßhund zu geben - als Gegenleistung verspricht Klein seinen Einfluss geltend zu machen um Adams Familie vor dem Holocaust zu verschonen. Adam Stein überlebt den Krieg, doch die seelischen Narben bleiben. Als schließlich im Sanatorium ein verwilderter Junge eingeliefert wird, der sich wie ein Hund benimmt, verliert er zunächst komplett die Beherrschung.

Diese Inhaltsangabe lässt bereits erahnen, dass es ziemlich starker Tobak ist was dem Zuschauer hier vorgesetzt wird, und speziell die Szenen mit den wie Tieren agierenden Menschen sind dementsprechend schwer zu ertragen. Darstellerisch zwingen sie Jeff Goldblum an Grenzen, die ansonsten eher im Theater als in einem Kinofilm ausgelotet werden. Bestünde das Werk ausschließlich oder auch nur hauptsächlich aus solchen Momenten, es wäre nicht nur schwer verdaulich sondern schlicht unansehbar. Da Jeff Goldblum seiner Figur aber so viele unterschiedliche Facetten verleiht und diese innerhalb kürzester Zeit und meist völlig unvorhersehbar wechselt, ist es kaum möglich sich der Faszination dieser rätselhaften und vielschichtigen Figur zu entziehen.
Wobei Goldblum noch zusätzlich gefordert ist durch sein intensives Spiel auch davon abzulenken, dass eine wirkliche Handlung (jedenfalls was die Gegenwartsebene im Sanatorium angeht) eigentlich nicht vorhanden ist, den übrigen Bewohnern nur wenig Raum zur Entfaltung gegeben wird und zudem eine reichlich abstruse und unglaubwürdige Affäre mit der schönen jungen Stationsschwester Gina (Ayelet Zurer) eingeflochten wird. Die in schwarzweiß gehaltenen Rückblenden besitzen dagegen eine andere Qualität und der zuletzt in viel zu vielen Schundfilmen chargierende Willem Dafoe ist dann auch der einzige Darsteller der neben Goldblum bleibenden Eindruck hinterlassen kann.

Reines Namedropping sind dagegen die sogar im Trailer genannten Veronica Ferres und Moritz Bleibtreu, deren Mitwirkung sich auf ein paar wenige Sätze beschränkt. Allerdings weist deren Beteiligung auch noch auf einen anderen Aspekt der Produktion hin, und der ist durchaus erwähnenswert. Es handelt sich bei diesem Film um die erste deutsch-israelische Gemeinschaftsproduktion eines Holocaust-Stoffes, angetrieben durch den deutschen Produzenten Werner Wirsing und seinen israelischen Geschäftspartner Ehud Bleiberg. Eine zweifellos erfreuliche Entwicklung, die aber vielleicht irgendwann auch so selbstverständlich sein wird, dass eine englische Tageszeitung sich nicht mehr zu einer Schlagzeile wie "Germany and Israel unite for Adam Resurrected " genötigt sehen wird.
Denn das Werk spricht schließlich für sich und ist die nicht hundertprozentig gelungene, aber wahrscheinlich doch bestmögliche Adaption einer schwierigen Vorlage. Und lebt natürlich vom genauso großartigen wie unerwarteten Comeback des Jeff Goldblum in der Rolle seines Lebens.

Bilder: Copyright

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