Drive Angry 3D - Fahr zur Hölle

Originaltitel
Drive Angry 3D
Land
Jahr
2010
Laufzeit
104 min
Genre
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Frank-Michael Helmke / 26. Februar 2011

 

Man kennt das als Filmjournalist inzwischen: Wenn ein Verleiher die Pressevorführungen eines neuen Films erst wenige Tage vor dem Kinostart ansetzt und diese dann auch noch erst um 20 Uhr beginnen (normalerweise sind Pressevorführungen tagsüber), dann weiß man: Das kann nicht gut werden. Mit den knapp terminierten Vorführungen umgeht der Film kritische Besprechungen in allen nicht-tagesaktuellen Medien, die trotzdem noch berichtenden Journalisten sollen dann mit dem Abendtermin milde gestimmt werden, denn dann gibt man bei den Gratisgetränken auch Bier aus und bemüht sich um eine gewisse Feierabend-Stimmung, auf dass die Damen und Herren von der Presse das folgende von vornherein eher als Freizeit-Spaß denn als Arbeit aufnehmen und dementsprechend netter reagieren.
Die Filme, die man bei solchen Anlässen zu sehen bekommt, sind eigentlich immer aus derselben Richtung: Horror- oder Action, gerne mit viel Geprügel und/oder schnellen Autos, meistens mit etwas extremeren Gewaltdarstellungen, häufig angemischt mit grobschlächtigem Humor. Reine Männerfilme, wie sie sich das Zielpublikum gern am Wochenende "mit den Jungs" anguckt, im Optimalfall schon ein wenig angetrunken.
All das trifft auch auf "Drive Angry 3D" zu, das nächste Kapitel aus der traurigen Seite der Filmographie von Nicolas "Alle Welt weiß, dass ich pleite bin, also wundert euch nicht, dass ich wirklich jeden Scheißjob annehme, um zu Geld zu kommen" Cage. Der liefert in den letzten Jahren für jeden "Bad Lieutenant" oder "Kick-Ass" gleich zwei Filme des Kalibers "Next", "Ghost Rider", "Wicker Man" oder "Duell der Magier" ab. Zu dieser unrühmlichen Liste zählt nun auch Cages erster Versuch im 3D-Kino.

Die Story ist so simpel wie Banane: Der geheimnisumwitterte Milton (Nicolas Cage) will seine neu geborene Enkelin aus den Fängen einer satanischen Sekte befreien, die Miltons Tochter (und Mutter des Babys) brutal ermordet haben und das Kind beim nächsten Vollmond dem Teufel opfern wollen. Als Kompagnon für diesen Feldzug rekrutiert Milton die beinharte Kellnerin Piper (Amber Heard), die praktischerweise über ein extrem heißes Fahrgestell verfügt (gemeint ist ihr Auto! Was du Ferkel wieder denkst…). Ihnen auf den Fersen ist der mysteriöse "Buchhalter" (William Fichtner). Und dann geht's halt los mit dem Jagen, Abknallen, Sprüche klopfen.

Langsam wird dann auch klar, dass hier einige übersinnliche Elemente im Spiel sind, womit sich der Film dann vollends einem thematischen Spektrum hingibt, dem er mit seiner Inszenierung in keinster Weise gerecht wird. Das ist von vornherein das größte Minus an "Drive Angry 3D", der Punkt, der dies hier zu einem schlichtweg schlechten Film macht: Auf der einen Seite eine schnittige, gut ausgeleuchtete, auf Spaß und einfach gestrickte Witze ausgerichtete Inszenierung. Auf der anderen Seite: Satanskult, Höllendämonen, Menschenopfer.
Bild und Inhalt passen hier einfach nicht zusammen. Dieser Film kann überhaupt keine Atmosphäre erzeugen, weil sich seine zwei Seiten die ganze Zeit gegenseitig im Weg stehen. Entsprechend gelingt es Regisseur Patrick Lussier ("Bloody Valentine 3D") auch in keinem einzigen Moment, mit den vermeintlich düsteren Elementen seines Films auch nur einen Hauch von Horror zu erzeugen. Dies allein ist bereits so miserables filmisches Handwerk, dass dieser Film als nicht mehr denn bestenfalls mittelmäßig eingestuft werden kann.

Dass es auch dafür bei weitem nicht reicht, dafür sorgt "Drive Angry 3D" dann mit seiner generellen Ideenlosigkeit. Das fängt schon bei den Grundzügen der Story an. Ein so richtig überzeugender Grund, warum die eigenständige Piper (die wahrlich genug andere Probleme hat) sich dafür entscheidet, dem merkwürdigen Milton spontan und ohne jedwede Bedenken auf eine ganz offensichtliche Selbstmordmission zu folgen, ist Lussier und seinem Autoren-Kollegen Todd Farmer nicht eingefallen. Dann kommt sie eben einfach so mit und redet irgendwann mal schwülstiges und inhaltsleeres Zeug darüber, dass sein Auftauchen ihrem Leben auf einmal ein Ziel gegeben hat. Aha.
Nun ja, man braucht halt einen scharfen Hasen dabei, so ist das halt. Amber Heard ist dann immerhin so ziemlich die einzige Dame im Cast, die mehr sein darf als eine dialoglose Befehlsempfängerin oder eine dauergeile, sich geradezu für einen schnellen Fick aufzwingende Super-Schlampe. Wie dreist und direkt sich hier ein paar Damen an Nicolas Cage ranschmeißen soll witzig sein, bleibt aber ein viel zu durchschaubares Gimmick, um diesen filmischen Frontalangriff aufs männliche Reizzentrum auch noch mit ein paar deftigen Bettszenen und nackten, prallen Brüsten anzureichern. Was unter anderem zu einer Schießerei führt, während der Nicolas Cage gerade Sex hat. Das hat man allerdings bereits in "Shoot 'em up" gesehen, und zwar wesentlich beeindruckender. Und das nicht nur, weil die Frau dort Monica Bellucci hieß.

"Drive Angry" pflegt einen ähnlich aggressiv-vulgären Stil wie die Filme des Duos Mark Neveldine & Brian Taylor ("Crank 1 & 2", "Gamer"), allerdings bei weitem nicht so grell und schlussendlich auch bei weitem nicht so konsequent krass. "Drive Angry" gibt sich ungestüm und ungezogen, aber jeder derbe Spruch, jede exzessive Gewaltaktion wirkt so auf ihre kalkulierte Publikumswirkung hin berechnet wie das erste Objekt, das dem Publikum dank 3D-Brille ins Gesicht zu fliegen scheint: Eine per Schrotflinte abgetrennte Hand.
Damit hat sich die "innovative" Anwendung von 3D-Effekten in diesem Genre-Werk dann auch bereits erschöpft. Regisseur Lussier fällt absolut nichts anderes ein als der Ich-bin-so-alt-wie-die-3D-Brille-selbst-Effekt "Dinge fliegen auf den Zuschauer zu". In diesem Fall sind es halt bevorzugt Körperteile sowie Patronen oder andere Dinge, mit denen jemand gerade umgebracht wird oder wurde. Das macht die Sache aber weder aufregender noch abwechslungsreicher. Jeder Euro, den man hier für die 3D-Version an der Kinokasse draufzahlt, ist verschwendetes Geld.

Und schlussendlich kann man dem Film sogar ein wenig Etikettenschwindel vorhalten: Da hat man sich beim Titel "Drive Angry" auf eine ordentliche Portion satte Auto-Action eingestellt, und bekommt in dieser Hinsicht dann so erschreckend wenig, dass man sich nachher kaum mehr an einen wirklich spektakulären Stunt erinnern kann. Der Drive-Aspekt von "Drive Angry" beschränkt sich größtenteils darauf, dass Cage und Heard sich in einem sehr stylishen 69er Dodge Charger fortbewegen. Sonderlich tolle Dinge stellen sie damit nicht an.
So brav und langsam, wie der Charger hier die meiste Zeit über die Straßen rollt, kommt auch der ganze Film nie richtig in Gang, braucht viel zu lange, bevor es auch nur ansatzweise Tempo aufnimmt, und kann mit seinem Arsenal an derben Sprüchen nicht die schlichte Lahmheit seiner Geschichte kaschieren. Natürlich steht über diesem Film ganz groß "Exploitation!" und er schwimmt letztlich in denselben Gewässern wie seine billigst produzierten historischen Vorfahren aus den 1970ern oder deren Huldigung durch Robert Rodriguez und Quentin Tarantino im Grindhouse-Projekt. Aber selbst im direkten Genre-Vergleich ist "Drive Angry" einfach nur eine lahme Gurke, der das knackige Tempo abgeht, das erfolgreiches Trash-Kino ausmacht. Wer sein Publikum auf simpelste Weise unterhalten will, der kann sich keinen Leerlauf leisten.
Und so erinnern wir uns leise wehmütig an den komplett hirnfreien Exploitation-Auto-Actionfilm mit Nicolas Cage, der richtig gut war (nämlich "Gone in 60 seconds"), und versuchen, diesen unseligen Schund so schnell wie möglich zu vergessen. Sollte nicht sehr schwer fallen.

Bilder: Copyright

Angesichts dieser Rezension stellt sich mir nur eine Frage: Wie bekomme ich einen Presseausweis?

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Danke für die Warnung, ich habe es befürchtet.

Gone in 60 Seconds ist einer meiner Lieblingsfilme. Dieses Denkmal
werde ich nun nicht zerstören in dem ich diesen Schund ansehe.

Das wird mal was für einen Bierseeligen Videoabend mit Freunden.

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Sieht so aus als müsst ich zu dem Film doppelt soviel saufen. :D

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großes Lob für die Rezension!!!

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5
5/10

Einspruch - der Film ist billiger Trash, aber nicht soo schlecht wie Helmke hier suggerieren will. Natürlich ist die Handlung hanebüchen, sexistisch und platt - aber manche Sprüche/Szenen sind nicht so unkomisch wie man nach Lektüre der Kritik befürchten müßte. Den beklagten Eklektizismus fand ich irgendwie erfrischend und anders, und für Cage allein lohnt sich die Kinokarte schon.

Ansonsten stimme ich dem Autor zu daß man idealerweise ein paar Kumpel dabei haben sollte, und 1-2 Bier helfen natürlich auch... ;)

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3
3/10

Perfekte Rezension. Ich war in der gleichen Pressekonferenz und habe am Ende die Aussage verweigert, weil ich so verärgert war 90 Min. meines Lebens verschwendet zu haben. Der Film ist einfach unfassbar schlecht und zwar nicht auf "so schlecht, dass er wieder spaß macht" Art, sondern auf die "schlecht" im Sinne von "SCHLECHT!" Art.
Mehr schreib ich nicht dazu, ist ja alles gesagt. Spart Euch dem Murks.

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7
7/10

Ich finde den Film eigentlich recht gut gelungen und denke nicht, dass
es die Intention war eine "Horror Atmosphäre zu erzeugen", wie es in der Rezension steht. Der Film macht eher das Gegenteil und nimmt sich selbst auf die Schippe. 3 Punkte kann ich echt nicht nachvollziehen. Aber vermutlich ist eine Sache der Perspektive, aus der man diesen Film betrachtet.

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7
7/10

Weiss nicht was alle haben...find den Film recht unterhaltsam und kurzweillig. Amber ist alleine schon ein Grund sich den Film mit einem Bierchen anzuschauen ;-)

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8
8/10

ich weiß gar nicht was ihr alle habt! dass der film kein meisterwerk in schauspielerei und story wird, war doch klar?!
der film hat mich ein wenig an tarantino`s machete und kill bill etc. erinnert wo sich der film ein wenig selbst auf die schippe nimmt (wie von mattis schon erwähnt)!
der film war eugentlich sehr unterhaltsam und niemals langweilig! deswegen 8 Punkte von mir! ich hatte nach zuvor gelesenen kritiken viel schlimmeres erwartet!

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7
7/10

Der abstrusen Bewertung hier muss ich absolut widersprechen! "Drive Angry" ist bei Weitem nicht so schlecht, wie er in der Rezension förmlich kaputtgeredet wird.
Natürlich ist dieser Film Trash, und er will auch gar nichts anderes sein als das! Was braucht der Rezensent als Inszenierung oder Schauwerte, bis für ihn ein solcher Film in die Gänge kommt? Ich empfinde "Drive Angry" von Beginn an als rasant genug, ausreichend genug, um zu keiner Sekunde Langweile aufkommen zu lassen.
Cage und Heard bewegen sich im 69er Dodger Charger fort und nix passiert? In welchem Film war das? Und was sollen die beiden auch mit dem Auto anderes anstellen, als zu verfolgen und verfolgt zu werden (nicht wirklich actionbefreit zudem)? Ihn gleich kaputt fahren, und sich das nächste tolle Auto holen, und so weiter?
Was funktioniert am Plot denn nicht? Vordergründig ist das ein Actionfilm, addiert mit ein paar Fantasy-Elementen, einer Thematik die das Horrorgenre lediglich ankratzt - so what? Da hat sich für mich auch nichts im Weg gestanden, im Gegenteil: das hat den Film ein bisschen orgineller gemacht, und düster genug war es auch, mehr hätte es nicht sein brauchen.
Wie auch immer, Cage spielt gewohnt auf cool, wie quasi in jedem seiner "Scheiß"-Actionfilme und tut damit genau das, was ich von einem Cage in Actionfilme auch erwarte. Amber Heard versucht, in jeder Szene gut auszusehen und tough rüberzukommen - gelingt ihr auch. Großartig finde ich aber William Fichtner, der allen (auch den Autos) definitiv die Show stiehlt.
Der Spaßfaktor steht im Mittelpunkt, wer Action und coole Säue sucht wird hier gut, teilweise sehr gut bedient; die Inszenierung stimmt, der Score auch, mehr habe ich nicht erwartet, viel eher sogar weniger (nicht zuletzt wegen der Rezension auf filmszene.de) - Ziel also mehr als nur erfüllt (der Film natürlich, nicht filmszene!)

Ich möchte letztlich mal wissen, wie groß bereits Vorurteile noch vor dem eigentlichen Betrachten gemacht werden (Cage ein Pleitegeier, der macht jetzt jeden Scheiß) - reihen wir doch in diese "unrühmliche Liste" gleich noch "Con Air", "The Rock", "Windtalkers", "Face/Off", "Nur noch 60 Sekunden" etc ein, nicht unbedingt alles Filme, die das Prädikat "anspruchsvoll" besitzen und wohl noch in seinen besseren finanziellen Zeiten abgedreht wurden. Diese Pleite-Begründung für Cages anspruchsloses Actionkino ist Augenwischerei und sonst gar nichts. Gerne werden hier in Rezensionen bestimmte Schauspieler und Regisseure, die dem entsprechenden Kritiker offenbar nicht passen, regelrecht durch den Dreck gezogen und deren Filme pro forma schlecht geredet bzw. geschrieben, während beliebte Schauspieler und Regisseure sich vor Bonuspunkten gar nicht mehr retten können, egal welchen Quark sie fabrizieren. Darunter leidet die Glaubwürdigkeit von filmszene.de schon längere Zeit. Schade, dass da offenbar gar keine Selbstreflexion stattfindet. Schade drum.

Homer

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