
Mit
"Die Zeit die bleibt" liefert der französische Regisseur
Fran ois Ozon den zweiten Teil seiner "Trilogie über die
Trauer" ab, die er mit "Unter dem Sand" begonnen
hatte. In diesem Film ging es um eine Frau, die sich nicht von ihrem
verschollenen Ehemann lösen kann, während es in Ozons
neuestem Film über die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod
geht.
Der erfolgreiche Pariser Modefotograf Romain (Melvil Poupaud, "Sommer",
"Eine Affäre in Paris") bricht bei der Arbeit zusammen.
Als er im Krankenhaus zu sich kommt, erfährt der gerade mal
30-jährige, dass er an einem Gehirntumor leidet und nur noch
wenige Wochen zu leben hat. Aufgrund der Prognose entschließt
sich Romain, gleich ganz auf die Therapie zu verzichten und stattdessen
"die Zeit die bleibt" sinnvoll zu nutzen.
Wert auf Gesellschaft legt er dabei zunächst nicht, beim gemeinsamen
Abendessen mit der Familie schürt er die ohnehin vorhandenen
Konflikte noch, anstatt sich seinen Eltern und der Schwester anzuvertrauen
und sich zu versöhnen. Auch seinen Freund Sasha (Christian
Sengewald)
vertreibt er scheinbar gefühlskalt aus seinem Leben. Der einzige
Mensch, dem Romain sich anvertrauen kann, ist seine Großmutter
(fantastisch: Jeanne Moreau), "weil du so bist wie ich, du
stirbst auch bald." Hier zeigt sich Romain das erste Mal nicht
nur unerbittlich ehrlich, sondern auch verletzlich.
Hinter dieser Sequenz mit dem viel zu kurzen Auftritt von Leinwand-Legende Moreau, die schon mit Regisseuren von Truffaut über Welles bis zu Wenders gearbeitet hat, verbirgt sich das Herzstück des Films. Erst mit dieser Sequenz ermöglicht es Ozon seinen Zuschauern, wirklich mit Romain zu fühlen und zu bangen, und Poupaud vollbringt es, seine Figur vom arroganten Kerl in einen sympathischen Menschen zu verwandeln. Je näher das Ende kommt, desto mehr befasst sich Romain auch mit seiner Kindheit. Immer wieder sieht er sich als kleinen Jungen, bis der Kreis des Lebens sich zu schließen scheint, als Romain auf ein kinderloses Ehepaar trifft.
"Die
Zeit die bleibt" ist bei weitem nicht der erste Film, der sich
mit der Thematik des eigenen Todes auseinander setzt. Eins der bewegendsten
Beispiele der letzten Zeit war sicherlich "Mein Leben ohne
mich" von Isabel Coixet, in dem die Krebskranke Ann ebenfalls
verheimlicht, wie es um sie steht und in der ihr verbleibenden Zeit
noch eine Art "To-do-Liste" abhaken möchte. Dieses
Verhalten steht wohl im krassen Gegensatz zu dem von Royal Tenenbaum
in Wes Andersons Komödie, der vortäuscht, Krebs zu haben
um die Beziehung zu seinen Angehörigen zu seinen Gunsten zu
beeinflussen.
Ozons Geschichte ist weder besonders originell noch frei von Klischees, jedoch berührt sie durch die großartigen Darstellungen der Schauspieler, allen voran Poupaud und Moreau.
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