Die Quereinsteigerinnen

Jahr
2006
Laufzeit
81 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Patrick Wellinski / 28. Dezember 2010

 

Katja (Claudia Basrawi) und Barbara (Nina Proll) sind Freundinnen. Beide sind sich einig: Die guten alten gelben Telefonzellen müssen wieder her. Um diesen Plan zu realisieren, entführen sie aus einer Laune heraus Harald Winter (Reiner Knepperges), den Chef eines deutschen Telefonkonzerns, und halten ihn in einem kleinen Ferienhäuschen als Geisel. Vom ersten Schock erholt, findet Winter aber schnell gefallen an den beiden sympathisch verrückten Entführerinnen und genießt die Partyabende bei Musik und Likör.

Mehr kann man über den Inhalt dieser Low-Budget-Produktion kaum verraten, denn viel mehr passiert auch nicht. Was die beiden Kölner Regisseure Knepperges und Mrasek hier abliefern, könnte so mancher vorschnelle Kritiker mit Empörung als Frechheit abstempeln. Unscharfe Einstellungen und teilweise wild improvisierte Dialoge begleiten den anscheinend belanglosen Plot.
Und doch kann man den ganzen Film auch als angenehm unprofessionell empfinden. Claudia Basrawi verkörpert ihre Katja als bekiffter Späthippie genau so frech und ungeniert, wie es Nina Proll als Barbara macht. Die Frauen bilden das vielleicht verführerischste weibliche Kinoduo seit Inka Friedrich und Nadja Uhl ("Sommer vorm Balkon"). Es ist wirklich erfrischend, noch unverbrauchte und mutige Schauspieler zu sehen, die auch in Filmen mitwirken, die nicht gleich zum Kassenschlager mutieren werden.

Um sich die Entstehungsgeschichte von "Die Quereinsteigerinnen" etwas zu verdeutlichen, muss man die Geschichte des Kölner Filmclubs 813 erzählen. Der wurde 1990 gegründet, um Filme im Kino vorzuführen, die in Köln entweder nur für kurze Zeit oder noch gar nicht zu sehen waren. Aus dieser Idee wurde mittlerweile eine kleine eingeschworene Gemeinschaft von etwas 50 ehrenamtlichen Mitgliedern, die selber den drang haben, Filme zu produzieren. Aus dieser Szene stammen die beiden Regisseure Rainer Knepperges und Christian Mrasek.
Etwas ähnliches entstand auch Mitte der 60er Jahre in Paris. Damals wollten ehrgeizige Filmkritiker (darunter Claude Chabrol, Francois Truffaut und Jean-Luc Godard) der Filmzeitschrift "Cahier du Cinema" dem Weltkino eine neue Facette aufzeigen. Später ging diese Bewegung als Nouvelle Vague in die Kinogeschichte ein. Eine ähnliche kreative Kraft wird von dieser Kölner Gruppe vielleicht nicht ausgehen. Eine eigene, frische und unverbrauchte Handschrift ist aber immerhin bei den "Quereinsteigerinnen" zu erkennen. Die Avantgarde der deutschen Filmlandschaft sitzt dann wohl in Köln. Wer hätte das gedacht.


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