Der dunkle Turm

Originaltitel
The Dark Tower
Land
Jahr
2017
Laufzeit
95 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 8. August 2017

turm 1„Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste und der Revolvermann folgte ihm“. So begann einst Stephen King seinen Roman, der auf Deutsch den Titel „Schwarz“ trägt und der deutlich anders daher kam als die bis dahin vom „Großmeister des Horrors“ veröffentlichten Publikumserfolge. Etwas abseitig, teils in einer surrealen fremden Welt angesiedelt und insgesamt deutlich mehr Fantasy als Grusel. Damals ahnte auch King selbst noch nicht, dass sich dieses scheinbare Nebenprodukt zu seinem umfangreichsten Werk überhaupt ausdehnen und einmal einen zentralen Platz in seiner Bibliographie einnehmen würde. Nach sieben, über viele Jahre verteilt erschienenen Bänden war das Epos dann vorläufig abgeschlossen, auch wenn der Autor immer mal wieder in diese Welt zurückkehrt. Und weil es eh ein Gesetz der Branche zu sein scheint, dass praktisch jedes King-Werk auch irgendwann verfilmt wird, kam man am „Dunklen Turm“ natürlich erst recht nicht vorbei. Wobei im Prinzip klar war, dass man diese Geschichte kaum in einen einzigen Kinofilm wird zwängen können. Und so wurden über die Zeit immer wieder neue Konzepte zu Mehrteilern oder TV-Serien ent- und auch wieder verworfen. Nun ist es aber so weit, Stephen Kings Hauptwerk kommt ins Kino und zwar als.... in sich abgeschlossener, gerade mal 95 Minuten langer Film. Wie soll das denn bitte funktionieren?

 

turm 2 Der Revolvermann Roland (Idris Elba) und der in Schwarz gekleidete Walter (Matthew McConaughey) stehen sich in einer feindseligen, größtenteils zerstörten Welt als erbitterte Feinde gegenüber. Der Mann in Schwarz verfolgt rücksichtslos sein Ziel, den „Dunklen Turm“ zu Fall zu bringen, der das Universum im Innersten zusammen hält. Die Erschütterungen, denen der Turm dabei ausgesetzt wird, sind auch auf unserer Erde zu spüren. Und der zwölfjährige Jake (Tom Taylor) erahnt als einer der wenigen die Zusammenhänge, hat er doch schon seit langem Visionen und Träume von den Kontrahenten aus der fremden Welt. Die ihm allerdings niemand glaubt, sondern lieber als psychische Störungen abgetan werden, bis Jake eines Tages konkret ins Visier von Walters Helfern gelangt. Er flieht und entdeckt dabei tatsächlich einen Zugang zur „Mittwelt“ genannten Parallel-Erde. Dort trifft er schließlich auch auf den desillusionierten Roland, der genau wie sein Widersacher erkennt, dass in diesem Jungen etwas Besonderes steckt.

turm 3Der Elefant kreiste viele Jahre, um schließlich nicht mehr als eine Maus zu gebären. Das Entsetzen und die Empörung unter den „Dark Tower“-Fans (es sind nicht ganz so viele wie von Tolkiens Mittelerde) war nach den ersten Vorführungen gewaltig, denn das kann es doch wohl nicht sein: Was der dänische Regisseur Nicolaj Arcel („Die Königin und der Leibarzt“) unter der Aufsicht von Produzent Ron Howard („Rush“, A Beautiful Mind“) abgeliefert hat ist eine Art „Best of“ der umfangreichen Romanvorlage, ein Extrakt aus deren verschiedenen Handlungsebenen und Schauplätzen sowie eine vereinfachte Version ihrer zentralen Charaktere. Dabei wurde nicht etwa das erste Buch nach dem üblichen Motto „Fangen wir damit mal an und schauen ob wir dann weitermachen“ adaptiert, sondern Elemente aus diversen Bänden übernommen, kräftig durchgeschüttelt und zu einem wilden Mix verbraten. Einen, der für die Kenner der Romane in der Tat ziemlich unverdaulich sein dürfte, die sich vermutlich doch eher den „Herr der Ringe“-Ansatz eines Peter Jackson gewünscht hätten.

turm 4Für neutralere Beobachter ist es aber durchaus interessant einmal den umgekehrten Weg zu betrachten, wo die Vorlage eben nicht extrem ausgewalzt, sondern stattdessen stark zusammengedampft wird. Und ist es für den unvorbelasteten Kinogänger auf der Suche nach Unterhaltung nicht sogar befriedigender eine in sich abgeschlossene Geschichte serviert zu bekommen, anstatt den viel versprechenden Auftakt einer Reihe, die aber eventuell nie fortgesetzt wird, wie ja gerade in diesem Genre in den letzten Jahren oft geschehen?

Betrachten wir nämlich einfach mal möglichst unvoreingenommen den Film an sich, so sehen wir einen handwerklich gut gemachten Fantasy-Beitrag, mit durchaus originellen Schauplätzen und einer zudem ausgezeichneten Besetzung. Der – was die reine Leinwandzeit angeht - eigentliche Hauptdarsteller Tom Taylor gehört erfreulicherweise zu der Sorte Kinderdarsteller, die in der Ausgestaltung ihrer Rolle nicht übertreiben oder nerven, und die beiden Schauspieler, die man für die prägnantesten Figuren ausgesucht hat, lassen zu keiner Zeit Zweifel an der Richtigkeit dieser Wahl aufkommen. Idris Elba besitzt zwar nicht die gleiche Hautfarbe wie der Revolvermann aus den Romanen, aber dafür absolut die körperliche Präsenz und Aggressivität, die seine Figur benötigt. Und Matthew McConaughey als „Mann in Schwarz“ ist ein einziger Genuss, der hier mit einer Bösartigkeit und geradezu beiläufigen Grausamkeit agiert, wenn er sich etwa lästiger Störenfriede mit einem einfachen „Hör auf zu atmen“ entledigt. Der einst auf leichte Komödien festgelegte „Schönling“ Connaughey hat sich ja in den letzten Jahren bereits zum ernsthaften Charakterdarsteller entwickelt, hier fügt er seiner Bandbreite nun eine weitere Facette hinzu.

turm 5Die Actionszenen in beiden Welten sind sauber und kurzweilig inszeniert und große Längen sind bei der knapp bemessenen Laufzeit eh nicht drin. Klar, der dunkle Turm selbst steht hier nur vom übrigen Geschehen abgeschottet einsam in der Gegend rum, aber das dürfte selbst für die Kenner der Materie nur noch eine Marginalie sein, werden diese doch bereits aufgrund des Grundkonzepts mit dem Kopf gegen die Wand schlagen und sich fragen, ob diese „Verfilmung“ des verehrten Werks denn ein Witz sein soll.

Zwar ist eine sich anschließende TV-Serie immer noch in Planung, allerdings nicht definitiv sicher und nach der nun erfolgten Vorgabe inhaltlich eh ein großes Mysterium. Wen allerdings diese Hintergründe allesamt nicht kümmern und wer lediglich einen soliden neuen Fantasy-Film mit originärer Story sehen möchte, der wird mit diesem „Dunklen Turm“ eigentlich ordentlich bedient.

Bilder: Copyright

4
4/10

Eine dermaßen komplexe literarische Vorlage auf sage und schreibe 88 popelige Minuten Laufzeit netto einzustampfen konnte eigentlich nur in die berühmte Hose gehen. Da bleibt nicht viel Zeit für eine angemessene Storyline oder Entwicklung der verschiedenen Charaktere. Eine handvoll cooler Schießereien, Actionszenen und Special Effects machen da den Braten auch nicht mehr fett. Kann man nach einem stimmungsvollen Anfang in den ersten Minuten trotzdem fast schon in die Tonne kloppen, weil nicht mehr all zu viel folgte. Der arme Stephen King, was er wohl zu diesem Schnellschuss sagt ... ?

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7
7/10

Beurteilt man den Film als Film, bleibt ein spannender Fantasy-Action-Film mit ein paar tollen Bildern, ein paar coolen Szenen und einer netten Atmosphäre. Tut nicht weh, unterhält gut, geht nicht allzu tief, aber bildet doch ein paar Charakterzüge der Figuren heraus und man sieht motivierten Schauspielern bei der Arbeit zu. Eigentlich alles in Ordnung.
Beurteilt man den Film allerdings als Buchverfilmung - ob Fortsetzung, Verfilmung, Teil eins einer x-logie oder was ähnlich geartetem, ist er eine Vollkatastrophe, da nicht mal der Teifgang des ersten Bandes der Buchreihe erreicht wird.
Dass man sich für ein kurzes, knackiges Best-of entschieden hat (wobei "Best" streitbar ist, da es noch viele Szenen gegeben hätte, die besser sind, als die verwendeten!) und damit auf der Schiene "besser eine Tumr-Verflimung als keine" fährt, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Klar ist: ganz risikofrei ist der Stoff nicht. Für Nicht-Fans vielleicht nicht so zugänglich wie ein Herr der Ringe und für Fans mit der Gefahr behaftet, deren Ansprüchen nicht gerecht zu werden, aber mir hätte eine werksgetreue - gerne auch überlange - Verfilmung von Teil besser gefallen. Dieses Buch ist am Ende rund genug, um auch ohne weitere Fortsetzung eine Daseinsberechtigung zu haben (etwa bei einem kommerziellen Flop) und man hätte den richtigen Einstieg in diese faszinierende Welt gefunden. Nun haben wir bereits viel zu viele Details angerissen und vorgegriffen, sodass eine Fortsetzung nur schwer vorstellbar ist.
Also ein weiterhin unverfilmbares Werk - schade, aber irgendwie auch gut.

Ach ja: warum sieben Sterne von mir? Weil ich den Film als Film bewerte und ihn als "...inspiriert von..." betrachte. So kann man ihn durchaus anschauen. Gehört für mich in die gleiche Kategorie, wie einst "Jumper".

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3
3/10

Wir haben: einen bösen, zauberkundigen Dressman, der mittels altertümlich anmutender Hightech-Apparaturen Kindern die Energie absaugt, um damit Energieblitze zu erzeugen, die einem Turm in einer anderen Dimension Schaden zufügen können. Einen auserwählten Jungen, der so besonders ist, dass der böse Zauberer mit ihm den Turm zerstören und damit die Herrschaft über das Universum erlangen kann. Einen farbigen Cowboy (!), der das verhindern will und dank seiner Excalibur-Revolver (!) gute Chancen auf Erfolg hat. Dazu den obligatorisch unsympathischen Stiefvater, die liebevolle hübsche Mama, ein paar gutmütige Einsiedler und viele böse Orks, die sich auf Anweisung des Zauberers Menschenmasken überziehen müssen und dem auch mürrisch Folge leisten, weil sie seit Drehende vom „Herrn der Ringe“ keinen anderen Arbeitgeber mehr finden konnten. Dazu wurden noch ein paar Portale aus dem Fundus von „Stargate“ gepackt, eine todlangweilige Wüstenlandschaft obendrauf, und fertig ist der Fantasy-Murks. Das ist alles so dermaßen bescheuert und wirr und wild zusammengeklaut, dass ich gar nicht glauben kann, dass Stephen King, dessen Werke ich vor 30 Jahren noch allesamt verschlungen habe, diesen Unfug wirklich geschrieben hat. Es ist mir ein absolutes Rätsel wie dieser hanebüchene Unsinn beim Zuschauer bzw. Leser Gefallen finden kann. Aber die Geschmäcker sind ja verschieden. Ich persönlich hätte dem Ganzen vielleicht etwas mehr abgewinnen können, wenn King noch einen einäugigen Piraten in die Geschichte eingebaut hätte, der auf einem T-Rex reitend mit Photonenlasern bewaffnet einer Zombiearmee den Garaus gemacht hätte, um das entführte Einhorn im Inneren des Saturns zu befreien. So aber ist der Film für mich einfach nicht kindisch genug. Positiv fällt eigentlich nur Tom Taylor ins Gewicht, der wie der Rezensent schon trefflich bemerkt hat, im Gegensatz zu vielen seiner Kinderheldenkollegen niemals nervt und Matthew Mcconaughey mit seiner coolen Bösartigkeit im Maßanzug und ein paar gelungenen Sprüchen á la „Well, it looks like i got myself a stalker“.

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