
Clyde Shelton (Gerard Butler) wird mit seiner Familie Opfer eines Raubüberfalls und muss mit ansehen, wie Frau und Tochter auf brutale Weise ermordet werden. Die Täter werden gefasst, doch bei der folgenden Gerichtsverhandlung lässt sich Staatsanwalt Nick Rice (Jamie Foxx) aufgrund der wackeligen Beweislage auf einen Deal ein, durch den der eine Täter mit einer milderen Strafe davon kommt, dafür dass er seinen Komplizen ans Messer liefert (der zum Tode verurteilt wird). Shelton ist erschüttert und auch nicht durch Rices Argument zu beruhigen: Ein bisschen Gerechtigkeit ist besser als gar keine.
Zehn Jahre später (in denen keiner der Beteiligten auch nur um einen Tag gealtert zu sein scheint, aber sei's drum) wird der Todeskandidat hingerichtet - und stirbt einen qualvollen Tod, da jemand an der Giftmischung herumgefuhrwerkt hat. Kurz darauf segnet auch der zweite, wieder in Freiheit befindliche Mörder von Sheltons Familie das Zeitliche, nachdem er zuvor Opfer einer unfassbar grausamen und blutrünstigen Folterprozedur wurde. Der Tatverdächtige ist offensichtlich, und als Nick Rice den undurchschaubaren Clyde Shelton festnehmen lässt, leugnet der auch gar nicht und lässt sich ziemlich bereitwillig ins Gefängnis verfrachten. Was ihn aber auch nicht davon abhält, seinen offenbar von sehr langer Hand vorbereiteten Racheplan fortzusetzen, denn auch aus dem Gefängnis heraus erweist sich Shelton in der Lage, weiterhin perfide Anschläge auf die Beteiligten des Prozesses gegen die Mörder seiner Familie zu verüben.
Was "Gesetz der Rache" ziemlich gut und mit ordentlicher Wirkung tut, ist seine Zuschauer zu überraschen. An diversen Stellen des Films - gerade zu Beginn - glaubt man zu erahnen, wohin der Hase jetzt laufen wird, erwartet erst ein "Rennen gegen die Zeit", um das Folteropfer zu befreien, dann einen trickreichen Justizthriller, als Shelton sich nach seiner Verhaftung selbst verteidigen will, dann ein intensives Psychoduell zwischen Racheengel und Staatsanwalt, der dahinter zu kommen versucht, wie (und vor allem: warum) Shelton seine anhaltende Mordserie durchzieht. Diese Mordserie ist selbst sprudelnder Quell so manch gehöriger Überraschung (vor allem in ihrer drastischen Durchführung und Inszenierung), wenn der Racheengel wieder wie aus dem Nichts zuschlägt.
Dieser Film geht zielgenau auf den Effekt: Die grobkörnig-rauen Bilder, in die Regisseur F. Gary Gray ("Verhandlungssache", "The Italian Job") seine Geschichte umsetzt, erzeugen eine bedrohliche, beunruhigende Atmosphäre, die durch die wohl platzierten Ausbrüche krasser Gewalt (ob nun physischer oder verbaler Natur, zum Beispiel wenn Shelton eine Richterin im Gerichtssaal mit einer obszönen, geifernden Schimpftirade überzieht) nur noch gesteigert wird. Hier ist alles sehr konsequent und wirksam auf den Effekt hin konstruiert, Schock und Einschüchterung lähmen nicht nur die Justizvertreter im Angesicht der Taten und vermeintlichen Allmacht von Shelton, sondern sollen auch die Zuschauer erfassen.
Vermutlich in der Hoffnung, dass diese dann nicht weiter nachdenken. Denn sobald man anfängt zu hinterfragen, was einem hier eigentlich erzählt wird, entlarvt sich der sehr selbstsichere Auftritt dieses Films immer mehr als oberflächliches Blendwerk. Das Publikum soll eine gewisse Sympathie mit Shelton empfinden, doch seine Taten stehen in absolut überhaupt keinem Verhältnis zu der Ungerechtigkeit, die ihm widerfahren ist. Wie so manch ein cineastischer Vorgänger in der Rolle des mysteriösen Psychopathen mit perfidem Masterplan nervt auch Shelton sein Gegenüber (und das Publikum) mit dem stetig wiederkehrenden Hinweis, dass Rice endlich mal verstehen soll, "warum ich all das tue". Natürlich erläutert er das nicht weiter, sondern setzt seine Mordserie fort, bis Rice endlich von alleine drauf kommt, welche Lektion Shelton hier eigentlich erteilen will. Das Problem: Wenn man nach dieser schlussendlichen Erkenntnis den Film noch mal Revue passieren lässt, wird ziemlich schnell klar, dass Sheltons Taten nicht einmal seiner eigenen, verqueren Logik folgen. Eine nachvollziehbare Argumentation ist hier erst recht nicht zu finden.
So verschenkt "Gesetz der Rache" eine gehörige Menge seines eigenen Potentials, da sich der vermeintlich komplexe Killer als ziemlich platt bösartig und rachsüchtig erweist, ohne dass man die Motivation dafür wirklich verstehen kann. So bleibt bald nur noch das Staunen über Sheltons scheinbar unmögliche Taten, die zusehends spektakulär fortgesetzte Mordserie, obwohl der Täter hinter Schloss und Riegel sitzt. Diese kann als teuflisch-geniales Großkomplott durchaus beeindrucken, doch je mehr gegen Ende des Films die "Wie hat er das nur gemacht"-Hintergründe aufgedeckt werden, desto unglaubwürdiger, um nicht zu sagen abstruser wird die ganze Sache, bis zu einem Showdown, der einen bedeutsamen Schlusspunkt setzen soll, sich aber als unlogischer Nonsens erweist.
So gesehen ist die temporeiche, effektheischende Inszenierung durch F. Gary Gray vermutlich die genau richtige Herangehensweise für die Umsetzung dieses Drehbuchs gewesen, denn gepaart mit dem intensiv-irre-bedrohlichen Spiel von Gerard Butler ist man über lange Strecken so erstaunt über die Geschehnisse auf der Leinwand, dass man gefesselt, gut unterhalten und einigermaßen fasziniert ist. Und wenn man sich davon konsequent bis zum Filmende ablenken lässt, kann man "Gesetz der Rache" auch nach Verlassen des Kinosaals noch richtig gut finden. Wenn nicht, beschleicht einen allerdings früher oder später das unschöne Gefühl, hier irgendwie verarscht zu werden von einer Geschichte, die sich hintergründig und gerissen gibt, einer näheren Betrachtung aber absolut nicht standhält.
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