The Crow

Originaltitel
The Crow
Land
Jahr
2024
Laufzeit
110 min
Genre
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Volker Robrahn / 11. September 2024

Der gute Ruf und relative Kultstatus, den Alex Proyas „The Crow“ aus dem Jahr 1994 genießt, beruht auf mehreren Faktoren. Der Film besaß mit Alex Proyas einen äußerst talentierten Regisseur, der ein feines Händchen für Stil und Atmosphäre hatte und damit eine eigenständige, überzeugende Welt zu erschaffen wusste (was ihm später mit „Dark City“ noch ein weiteres Mal gelang). Auch die Musik war hervorragend ausgewählt und verstärkte die Wirkung des Ganzen. Die Geschichte selbst wurde bewusst genauso simpel gehalten wie ihre Comicvorlage von James O'Barr: Ein Mann steigt aus dem Grab, um sich an seinen Mördern zu rächen, die auch seine geliebte Freundin getötet haben, was ihn vor Schmerz innerlich zerreißt. Dies sind die rein filmischen Qualitäten der ersten Adaption. Dass die dann noch ein deutlich größeres Publikum erreichte als erwartet lag natürlich auch mit an dem schockierenden Umstand, dass Hauptdarsteller Brandon Lee bei den Dreharbeiten starb, durch eine versehentlich abgefeuerte tödliche Kugel, die seiner Filmfigur galt.

Keinen Einzigen der gerade aufgeführten Punkte kann die nun vorliegende Neuverfilmung für sich in Anspruch nehmen. Was den letztgenannten angeht ist das natürlich eine gute Nachricht, und dafür, dass er keine derart spektakuläre Hintergrundstory zu bieten hat kann der Film nichts. Er besitzt aber eben in Rupert Sanders einen Regisseur, der sich bislang bestenfalls als solider Handwerker erwiesen hat, mit Werken wie „Ghost in the Shell“ oder „Snow White & The Huntsman“. Eine eigene Vision für die Krähe lässt er dagegen nicht erkennen, liefert andererseits aber auch keine modernisierte, technisch aufgepeppte Variante des alten Films, sondern verändert zusammen mit seinen beiden Drehbuchautoren die Geschichte und die „Crow“-Figur bis zur Unkenntlichkeit.

War diese in der Interpretation durch Brandon Lee eine schon optisch herausstechende, unheimliche Erscheinung, verzichtet man hier dagegen auf das markante Make-Up und ersetzt es durch – Tattoos. Tattoos, wie sie einem heute bei jedem Großstadtspaziergang nicht nur in der Nacht dutzendfach begegnen. War der wiederauferstandene Eric Draven damals eine ruhige, eher selten und mit Bedacht sprechende Figur, bewegt sich die aktuelle dagegen wie ein ganz normaler Mensch durch die Gegend und wirkt so gut wie nie auch nur ansatzweise wie ein „Untoter“. War die Story einst geradeheraus und einfach, so wird sie hier nun zu einem umständlich verschachtelten Mysterium aufgeblasen, bei dem erst mühsam enträtselt werden muss, was für eine Macht hinter all dem steckt und welchen Plan sie genau verfolgt. Was dann sogar noch eine neue Figur in Form eines als Erklärbär fungierenden Wesens aus der Zwischenzeit erfordert, das auch tatsächlich den originellen Namen „Kronos“ trägt. Nötig, da sich hier eben nichts von selbst oder durch die Kraft der Bilder erklärt.

Wenn ein Remake den Vergleich mit dem Original in praktisch allen relevanten Punkten derart haushoch verliert, bleibt als einzige Rechtfertigung für seine Existenz letztlich die Möglichkeit, dass er dann ja zumindest als eigenständiges Werk funktioniert, der seine Qualitäten vielleicht erst dann offenbart, wenn man ihn komplett losgelöst von seiner Vorlage betrachtet. Doch selbst dann gibt es nur wenig Erfreuliches zu berichten. Zwar sieht das Ganze recht ordentlich aus und erzielt zumindest ein wenig die gewollte Atmosphäre einer runtergekommenen, düsteren Stadt. Und sicherlich machen Bill Skarsgard in der Titelrolle und auch Danny Huston als dessen Gegenspieler ihre Sache recht gut und am vorhandenen Talent dieser Darsteller gibt es nichts zu zweifeln. Aber da die letztlich auch nur mit dem Material arbeiten können, das ihnen das vermurkste Konzept dieser Produktion zur Verfügung stellt, kann hier leider niemand wirklich glänzen.

Als „eigenständig“ kann auch die größte Actionszene des Films kaum bezeichnet werden, ist das gewaltige Blutbad mit dutzenden Toten während einer Opernaufführung doch erkennbar stark von „John Wick“ inspiriert. Dass dieses Massaker an zahlreichen Helfern und eher Unbeteiligten dabei ein weiteres Mal eklatant gegen den eigentlichen Charakter von Eric Draven verstößt, der ausschließlich gezielt gegen die an seinem Mord direkt Beteiligten vorging, muss da im Grunde kaum noch groß erwähnt werden. Und wenn dessen Gesicht dann irgendwann doch noch ein wenig vernarbt und geschminkt wird, dabei aber eher an den "Joker" als an die Figur erinnert, die er laut Titel eigentlich darstellen soll, dann ist auch das womöglich ein Hinweis darauf in wessen Fahrwasser man da kurz vor dem Start von „Folie À Deux“ vielleicht ein wenig mitschwimmen möchte. Gelungen ist das dem Neuaufguss von „The Crow“ allerdings nicht, weder künstlerisch noch kommerziell. Und das leider zu Recht.

Bilder: Copyright

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