Die „Cars“-Reihe stellt innerhalb des Pixar-Katalogs so etwas wie das ungeliebte Kind dar. Zumindest bei den Kritikern, wo schon der erste Film als Enttäuschung gewertet wurde, obwohl der ja keinesfalls wirklich schlecht war (animationstechnisch sowieso nicht). Und immerhin bot das erste Abenteuer von Lightning McQueen im am Rande der Route 66 gelegenen Städtchen Radiator Springs samt dessen liebenswerten Bewohnern auch eine Fülle an Schauwerten und Charakteren, aus denen sich Einiges machen ließ. Und so geschah es dann auch, beim jungen Publikum schlugen die vermenschlichten Autos von Beginn an voll ein und auch heute noch schmücken McQueen, Hook & Co. in Form von Modellen, Postern oder Bettwäsche zahlreiche Kinderzimmer.
Das ist dann wohl auch der zentrale Vorwurf, der Pixar speziell im Hinblick auf seine „Cars“-Franchise gerne gemacht wird: Dass hier die Vermarktungskette sehr offensichtlich wichtiger zu sein scheint als die Filme selbst, und nach dem lieblos wirkenden und mit seiner bemühten Spionage-Handlung auch inhaltlich ziemlich misslungenen zweiten Teil hatte die Anklage da auch gute Argumente. Die Vorfreude auf einen weiteren, von reinen Merchandise-Aspekten gesteuerten Film hielt sich daher doch ziemlich in Grenzen. Umso erfreulicher, dass man sich auf Seiten der ausführenden Filmemacher aber wirklich Mühe gegeben hat, der Reihe einen frischen und einfallsreichen neuen Anstrich zu geben, der auch wieder echte Herzenswärme ausstrahlt.
Die makellose Karriere von Lightning McQueen (gesprochen von Owen Wilson bzw. Daniel Brühl) bekommt zusehends Dellen verpasst als sich immer mehr junge und freche neue Rennwagen in den Vordergrund spielen. Aus denen ragt besonders Jackson Storm (Armie Hammer) heraus, der sich gegenüber den altgedienten Helden reichlich respektlos benimmt und dies durch seine wachsenden Erfolge legitimiert. Nach neuesten Hightech-Methoden trainierend lassen die Rookies den guten alten Lightning zunehmend alt aussehen, und dessen verzweifelter und riskanter Versuch sich zu wehren führt schließlich zu einem heftigen Unfall, der ihn erstmal außer Gefecht setzt und über ein vollständiges Karriereende nachdenken lässt. Es ist letztlich sein neuer Schützling, die talentierte junge Cruz Ramirez (Cristela Alonzo), die sich als Trainer anbietet und Lightning mit analytischen Trainingsmethoden neu zu motivieren versucht. Doch das Comeback ist immer wieder von Rückschlägen geprägt und McQueen muss sich die alles entscheidende Frage stellen, ob er denn den nötigen Kampfgeist wirklich noch in sich hat.
Der Weg zum alten Eisen ging ja relativ fix vonstatten beim vor Kurzem noch strahlenden Jungspund Lightning McQueen. Im Vergleich zu seinem Ziehvater aus den vorherigen Filmen Doc Hudson, der seine Karriere einst in den 50er Jahren startete, scheint die Halbwertzeit bei unserem Helden jedenfalls deutlich kürzer angelegt. Aber gut, sind halt modernere Zeiten und außerdem hat man sich damit die gewünschte Ausgangslage konstruiert um hier die nicht ganz unbekannte Story vom alternden Sportler zu erzählen, der irgendwann einsehen muss, dass es Zeit ist die Flamme an die nächste Generation weiterzureichen. Da haben die beiden Drehbuchautoren Kiel Murray & Bob Peterson ihren „Rocky Balboa“ auch gut studiert, denn im Kern ähnelt ihre Geschichte besagtem Vorbild natürlich recht stark. Diese in die nicht gerade hyperrealistische Animationswelt von „Cars“ zu versetzen ist ihnen aber in der Tat ausgezeichnet gelungen, das Ganze funktioniert überraschend gut und führt auch zu einigen recht nachdenklichen und reifen Dialogen.
Ob das den jüngeren Zuschauern in seiner Ernsthaftigkeit genauso gut gefällt wie dem etwas reiferen Betrachter ist vielleicht fraglich, aber den Kids wird ja auch noch genug an Renn-Action geboten um sich nicht allzu sehr zu langweilen. So ist zum Beispiel eine längere Sequenz, in der Lightning anonym an einer Stock Car-Challenge im „Redneck“-Umfeld teilnimmt, ein echtes Fest der Anarchie und Rasanz und demonstriert dabei ganz nebenbei, wie überzeugend man mittlerweile selbst Dreck und Matsch am Computer animieren kann. Und außerdem haben wir mit der Figur der lange Zeit mit sich und ihrer Bestimmung hadernden Cruz Ramirez ja auch noch einen Charakter, der zum Ausgleich doch noch so etwas wie eine jugendliche „Coming of Age“-Variante mit ins Spiel bringt.
Was die visuelle Umsetzung angeht, ist man den Weg der hyperrealistischen Landschaftsdarstellung konsequent weitergegangen, was einen noch beeindruckenderen Look bedeutet, auch für das einem weiteren technischen Update unterzogene Radiator Springs. Erfreulicherweise hat die Darstellung dabei aber nichts von der Wärme verloren, welche die Reihe eigentlich von Anfang an auszeichnete und nur im zweiten Teil zeitweilig etwas verloren ging.
Das Ergebnis ist ein zwar nicht komplett originelles, innerhalb der eigenen Marke aber doch neue Wege gehendes Werk, das zum Ende hin sogar fast so etwas wie Melancholie ob des zu erwartenden (Kino-)Abschieds von diesem Universum aufkommen lässt. Und das ist dann doch deutlich mehr als man vorher von „Cars 3“ erwarten konnte.
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