
Die schaurig-schöne Geschichte von der Schönen und dem Biest wurde schon oft verfilmt, wobei die Qualität der Adaptionen sich im Laufe der Jahre anscheinend in einem unaufhaltsamen Abwärtssog bewegt. Ganz oben steht selbstredend die klassische Schwarzweißumsetzung von Jean Cocteau aus dem Jahr 1946, aber auch die Disney-Zeichentrick-Version von 1991 hatte durchaus ihren eigenen Reiz und Qualität. Die 80er-TV-Serie mit Ron Perlman und Linda Hamilton präsentierte sich dagegen nicht nur ausgesprochen seicht und schmalzig, sie war auch alles andere als zeitlos inszeniert und ist heutzutage praktisch nicht mehr anschaubar.
Dass nun eine neue, leicht abgewandelte Kinoversion des Stoffes fürs jugendliche Publikum auf uns zukommt, liegt dabei allerdings weniger an der Begeisterung der Produzenten für den bewährten Stoff, sondern daran, dass auch diese natürlich den unglaublichen Erfolg der "Twilight"-Schmonzetten sehr wohl registriert haben. Das Zielpublikum ist also das Gleiche, die Ausgangsgeschichte mit den zwei unglücklich Liebenden eine Ähnliche (oder, wie es im Neu-Genre-Englisch heißt: eine "Paranormal Romance") und daher passt es dann ganz gut, dass "Beastly" vor allem in der Kategorie überzeugen kann, die auch den ersten "Biss"-Film auszeichnete: Unfreiwillige Komik.
Der gut aussehende Schüler Kyle Kingson (Alex Pettyfer) ist das, was man guten Gewissens ein arrogantes Arschloch nennen kann. Ein auf Äußerlichkeiten fixiertes, geltungssüchtiges und aalglattes Ebenbild seines wohlhabenden Vaters. Seine nette Mitschülerin Lindy (Vanessa Hudgens) wird von ihm nicht wirklich beachtet und das Gothic-Girl Kendra (Mary-Kate Olsen) ist für ihn bei einer Schüler-Wahl keine ernsthafte Gegnerin. Trotzdem wird sie von ihm anschließend noch öffentlich blamiert und gedemütigt, was allerdings zu einer unerwarteten Revanche führt. Denn Kendra ist eine praktizierende Hexe und belegt den eitlen Geck mit einem fiesen Fluch: Seiner Schönheit beraubt, mit Narben und Piercings im Gesicht hat er von nun an ein Jahr lang Zeit ein Mädchen zu finden, welches ihn trotz seines abstoßenden Äußeren aufrichtig liebt, sonst bleibt er für immer entstellt. Eine Situation, in der die liebe Lindy nun schlagartig an Bedeutung gewinnt.
Die beiden Jungschauspieler Alex Pettyfer und Vanessa Hudgens starten im Doppelpack zum großen Karrieresprung und bevölkern aktuell auch in den Filmen "Ich bin Nummer Vier" und "Sucker Punch" unsere Leinwände. Bedauerlicherweise ist jedoch keiner ihrer Filme ein Guter und "Beastly" liegt ausgezeichnet im Rennen um den Preis für die wohl größte Gurke unter den drei fragwürdigen Angeboten. Lieblos wird erstmal im Schnelldurchgang das Ekel Kyle eingeführt, ohne dass man in den knapp zehn Minuten tatsächlich irgendein Verhältnis zu dieser Figur aufbauen könnte, für die man dann aber weitere fünf Minuten später bereits so etwas wie Mitgefühl aufbringen soll. Es ist ja auch immer so wahnsinnig glaubwürdig und überzeugend, wenn ein bisheriger Mistkerl unter Druck und Zwang beschließt, dann jetzt doch mal ganz fix ein anständiger Junge zu werden.
Die Gelegenheit dazu wird ihm praktischerweise durch eine Verkettung von für ihn glücklichen Umständen gegeben, die man ohne Frage zu den haarsträubendsten Plot-Konstruktionen der letzten Jahre zählen darf. Denn nachdem Kyle zufällig zur Stelle war, als die holde Maid mitsamt ihrem Vater überfallen wurde, übergibt der verantwortungsvolle Daddy das schutzbedürftige Kind prompt dem merkwürdig aussehenden jungen Mann (den er nicht weiter kennt) und hält es für eine hervorragende Idee, das Töchterlein von ihm einsperren zu lassen, so dass ihr auch wirklich nichts passieren kann. Alles vollkommen logisch und nachvollziehbar und so hat Kyle jetzt also ein paar Wochen oder Monate Zeit, mehr als nur die Sympathie seiner widerspenstigen Schutzbefohlenen (die ihren ehemaligen Bekannten natürlich auch nicht an der Stimme wiedererkennt) zu gewinnen.
Von diesen Bemühungen bekommt der Zuschauer effektiv eine gute Dreiviertelstunde zu sehen und diese ist konsequent frei von einfach Allem. Frei von Spannung, frei von relevanten Ereignissen oder halbwegs erträglichen Dialogen. Sie ist übrigens auch komplett frei von irgendwelchen Spezialeffekten, die man sich für diesen Grusel/Mystery-Thriller einfach ganz gespart hat, abgesehen von einer Prise Sternenstaub, den Hexe Kendra zu Beginn versprüht.
Dann ist es auch nur noch wenig überraschend, dass man sich natürlich nicht getraut hat, den guten Kyle bzw. seinen postertauglichen Darsteller tatsächlich hässlich und abstoßend zu gestalten, vielmehr sieht dieser auch (oder gerade) mit seinen Tattoos und Piercings nicht wirklich unattraktiv aus, was das ganze Theater nur noch absurder macht (im Zusammenhang mit dem Adjektiv "absurd" muss man eigentlich auch den diverse Weisheiten von sich gebenden blinden Lehrer erwähnen, der Kyle während seiner schwierigen Phase betreut).
Zwar haben überzogene Ernsthaftigkeit und hemmungsloser Kitsch auch bei der "Twilight"-Reihe einen durchschlagenden weltweiten Erfolg nicht verhindern können, diese "Gefahr" ist für "Beastly" allerdings nicht gegeben. Denn der ist noch ein ganzes Stück mehr im billigen B-Film-Bereich angesiedelt und zudem völlig uninspiriert zusammengeschrieben, gespielt und heruntergedreht. Eine echte Prüfung für die meisten, die sich trotzdem in eine Vorführung verirren, und wohl nur für die ganz Schmerzlosen so etwas wie ein Genuss. Also für die, die eine Mary-Kate Olsen als Hexe echt gruselig finden.
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