Bad Boys 2

Originaltitel
Bad Boys 2
Land
Jahr
2003
Laufzeit
147 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Bernd Fleischer / 9. Juni 2010

2003 ist zweifellos das Jahr von Jerry Bruckheimer. Zumindest was die Präsenz seiner Filmproduktionen auf deutschen Kinoleinwänden betrifft. Mit insgesamt vier Filmen sorgte der sogenannte "Garant für Blockbuster" für eine Dominanz, die bis zum Jahresende nicht mehr zu toppen ist. Über die Zuschauerakzeptanz und Einspielergebnisse seiner Filme sagt das freilich nicht viel aus. Bei "Kangaroo Jack" hat das Publikum schnell gemerkt, dass ein animiertes und dazu noch sprechendes Känguru nervtötend ist. In Deutschland wollten gerade mal vierhunderttausend Zuschauer den albernen Familienklamauk sehen. Für deutsche Verhältnisse vielleicht akzeptabel, in Bruckheimer-Einheiten gerechnet jedoch viel zu wenig. Anfang September startete dann "Fluch der Karibik" und lockte innerhalb von vier Wochen über vier Millionen Neugierige in die Kinosäle. Das spannende und hervorragend besetzte Piratenspektakel ist jetzt schon ein absoluter Kassenhit - und darf wohl auch zur Refinanzierung des nächsten Flops herhalten: "Die Journalistin". Der ambitionierte Politthriller mit Cate Blanchett kümmerte bislang nur knapp 33.000 Zuschauer, das Interesse scheint schlagartig zu versiegen.

Jetzt kommt also mit "Bad Boys II" der vierte Jerry Bruckheimer-Film des Jahres, und der dürfte - wenn es das Gesetz der ungeraden Serie will - erneut ein kommerzieller Abräumer werden. Um auf Nummer sicher zu gehen, verpflichtete der Erfolgsproduzent seinen Hausregisseur Michael Bay, der sich schon für den ersten Teil verantwortlich zeigte und damit eine steile Hollywoodkarriere begann. 125 Millionen Dollar standen ihm zur Verfügung (102 Millionen mehr als bei "Harte Jungs - Bad Boys" im Jahr 1995), um das Sequel noch härter, noch schneller und vor allem noch länger zu gestalten. Das ist ihm allemal gelungen. Was die Handlung betrifft schneidet der Nachfolger allerdings platter, leerer, sinnloser ab. Hauptgrund: Anstatt auf eine überzeugende Story zu setzen, begnügte man sich mit Verfolgungsjagden, Explosionen, wilden Schießereien und tonnenweise Blechschäden.

Auch diesmal verläuft die Geschichte nach dem bekannten und sehr simplen Muster: Die beiden Drogenfahnder Mike Lowrey (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) jagen den kubanischen Ecstasy-Baron Hector Juan Carlos "Johnny" Tapia (Jordi Mollà) quer durch Miami und hinterlassen dabei eine Spur der Verwüstung. Nebenbei schäumt ihr Chef Captain Howard (Joe Pantoliano), ein notorisches Nervenbündel, vor Wut, während sich der coole Mike in sexy Sydney (Gabrielle Union) verliebt, die ausgerechnet Marcus' Schwester ist. Das führt naturgemäß zu Komplikationen. Diese zunächst noch geheimgehaltene familiäre Verwicklung belastet zunehmend das angespannte Verhältnis von Mike und Marcus. Hat doch Mike seinem Partner am Anfang unbeabsichtigt eine Kugel in den Allerwertesten gejagt.

Der Prolog gehört ohnehin zu den Highlights des Films: Wenn sich die schwarzen Jungs in weiße Gewänder gehüllt heimlich in den rassistischen Ku-Klux-Klan einschleusen und dabei einer Spezialeinheit einen dicken Strich durch die Rechnung machen, wenn sie bei ihrer Enttarnung den Klassiker "Bad Boys" zum Besten geben und danach eine wilde Schießerei entfachen stimmt das Verhältnis von Action und Comedy, von Spannung und Tempo. Die witzigen Wortgefechte treffen gnadenlos das Zwerchfell und selbst die in Zeitlupe fliegenden Kugeln wirken nicht kurios. Leider verliert der Film zunehmend diese Kompaktheit und verliert sich in Belanglosigkeiten oder besser gesagt in Geschmacklosigkeiten. Da werden in Großaufnahme Leichen seziert, um darin Drogen zu verstecken, tote Körper fallen bei einer der zahllosen Verfolgungsjagden auf die Straße und werden überrollt, Schädeldecken klappen auf, abgetrennte Köpfe fliegen durch die Gegend, ein Armenviertel wird rücksichtslos platt gemacht ... die Liste solcher morbider Entgleisungen ist lang. Dazu kommt, dass "Bad Boys II" stellenweise sehr brutal ist, ganz so, als müsste er seinem Namen alle Ehre machen. Schade, denn das wäre nicht nötig gewesen.
Die beiden Hauptdarsteller Will Smith und Martin Lawrence haben nicht nur Starappeal sondern auch genug schauspielerisches Potential, um zweieinhalb Stunden gute und actionreiche Unterhaltung zu liefern. Und das tun sie auch meist, denn der Film ist voll und ganz auf die zwei Hauptdarsteller zugeschnitten. Ständig am Zanken und Fluchen liefern sich die beiden fetzige und schwarzhumorige Verbalschlachten, die - mit wenigen Ausnahmen - tatsächlich lustig sind und ihre Wirkung nicht verfehlen. Das ist cool und das kommt beim jugendlichen Zielpublikum an.
Ohnehin erkennt man am Look des Filmes, dass Regisseur Michael Bay sein Handwerk in der Musikvideo- und Werbebranche gelernt hat. Er ist Meister einer stylischen, auf Hochglanz polierten Ästhetik, die sich an eine konsumfreudige und unkritische Klientel wendet. So fährt Mike einen teuren Sportwagen, lebt in einer Luxusvilla und trägt Designerklamotten. Die Frauen haben allesamt Modelfiguren, die Männer durchtrainierte Körper, die Sonnenuntergänge sehen wie auf der Postkarte aus. Auch die zahlreichen Actionsequenzen sind bis ins Detail durch choreographiert, aus vielen verschiedenen Kameraperspektiven aufgenommen und rasant geschnitten. Diese modische, kostspielige und makellose Optik gehört zu den typischen gestalterischen Mitteln von Michael Bay. Sie waren schon in "The Rock" (1996) "Armageddon" (1998) oder "Pearl Harbor" (2001) sein Markenzeichen. Ob das indes immer das probate Mittel für filmische Qualität ist, steht dabei auf einem anderen Blatt Papier.

Wer sich mit dieser Coolness, dem losen Mundwerk von Smith und Lawrence, einem dröhnenden Hip-Hop-Soundtrack sowie der High-Speed-Action zufrieden gibt, gleichzeitig den flachen Plot und andere Ungereimtheiten großzügig ignoriert, wird mit "Bad Boys II" seine wahre Freude haben. Nur der Schluss stößt noch einmal unangenehm auf. Er ist nicht nur viel zu lang geraten - der Film dauert insgesamt 147 Minuten -, sondern passt auch dramaturgisch nicht ins Konzept und wirkt daher wie ein störendes Anhängsel. ("Pearl Harbor" lässt grüßen). Urplötzlich wird die Location von Miami nach Kuba verlagert, urplötzlich wird aus einer Actionkomödie ein knallharter Thriller, urplötzlich kommt es einem vor, als müsse die bisherige Materialschlacht (Highlight: spektakuläre Verfolgungsjagd mit einem Autolader über eine Autobahnbrücke) noch einmal sinnlos überboten werden. Wenn einmal mehr jede Menge Kugeln und Raketen einschlagen weidet sich die Kamera in einer pyrotechnischen Zerstörungsorgie, die "Terminator 3" und "Matrix Reloaded" in nichts nachsteht. Ganz so, als müsse Jerry Bruckheimer allen zeigen, wer in diesem Jahr der Chef im Actionring ist.


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