2 Tage New York

Originaltitel
2 Days in New York
Land
Jahr
2011
Laufzeit
96 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Frank-Michael Helmke / 3. Mai 2012

Als die französischer 90er-Jahre-Kino-Ikone Julie Delpy 2007 mit ihrer Culture-Clash-Komödie "2 Tage Paris" zum ersten Mal als Regisseurin breitere Aufmerksamkeit auf sich zog, waren die Reaktionen generell begeistert: Mit viel Witz und Esprit, einer beachtlichen Portion selbstironischem Biss und großartigem Tempo ließ Delpy die Eigenheiten von und Klischees über Amerikaner und Franzosen aufeinander prallen und evozierte damit nicht nur in unserer damaligen Rezension erste Vergleiche mit dem großen Woody Allen angesichts einer derart gelungenen Großstadt-Komödie um ein eigenwilliges Pärchen und seine präzise beobachteten Marrotten. Manch einer sagte ihr damals eine große Zweit-Karriere hinter der Kamera voraus.

Nach ihrem deutlich zwiespältiger aufgenommenen Historien-Film über eine blutrünstig-obsessive "Gräfin" weiß Delpy allerdings auch mit ihrem nächsten Werk diese Vorschusslorbeeren von damals nicht wirklich zu rechtfertigen, obwohl oder gerade weil sie sich quasi aufs selbe Terrain begibt. Denn "2 Tage New York" klingt nicht nur wie das durch einen simplen Standortwechsel gerechtfertigte Sequel zu Delpys Erfolgskomödie, sondern ist genau das. Einen Originalitätsbonus gibt es dafür schon mal nicht. Und wie bei so vielen Komödien-Sequels muss man leider auch hier konstatieren, dass die Frische des Erstlings deutlich abhanden gekommen ist und die ganze Sache beim zweiten Durchlauf längst nicht mehr so komisch ausfällt.

Die erste schlechte Nachricht für alle Fans des Vorgängers ist, dass es für Marion (Delpy persönlich) und ihren amerikanischen Freund Jack trotz erfolgreicher Versöhnung am Ende des ersten Films kein Happy-End gab. Die beiden bekamen zwar noch ein Kind zusammen, leben nun aber getrennt (weswegen der grandiose Adam Goldberg in diesem Film leider nicht einmal vorkommt) und Marion hat ein neues Glück gefunden mit dem Radio-Moderator Mingus (Chris Rock), der ebenfalls ein Kind aus früherer Beziehung mit in die neue Lebenspartnerschaft brachte. In ihren gemeinsamen Patchwork-Haushalt kommt nun mächtig Trubel und Durcheinander, als Marions Familie einfällt: Vater Jeannot (Delpys echter Vater Albert) soll über den Verlust seiner kürzlich verstorbenen Frau hinweg getröstet werden durch einen Besuch beim Enkelkind in New York, Marions Schwester Rose (Co-Autorin Alexia Landeau) und ihr Freund Manu (Alexandre Nahon) - pikanterweise einer von Marions zahlreichen Ex-Freunden - sind mit dabei. 2 Tage New YorkUnd weil ja jeder weiß, dass Franzosen generell vulgär, dauergeil, latent rassistisch und noch ein paar andere Dinge sind, die im überkorrekten Amerika nicht so gut ankommen, geht's denn auch bald ziemlich rund.

Oder zumindest soll es das. Der erste Indikator, dass Delpy im Gegensatz zum höchst treffsicheren Gag-Feuerwerk des ersten Teils hier desöfteren vorbei schießen wird, kommt schon gleich zu Beginn, da Papa Jeannot einige Probleme mit dem amerikanischen Zoll bekommt beim Versuch, kiloweise Wurst und Käse aus der Heimat am eigenen Leib ins Land zu schmuggeln. Weil man in den USA ja nix Ordentliches zu essen bekommt. Höhö. Ein bedenklich unlustiger "Witz", der Jeannot zumal von Anfang an wie einen tumben, ignoranten Bauern erscheinen lässt - ein Negativeindruck, dem seine Tochter Rose und ihr Freund alsbald eifrig nacheifern werden, oftmals mit ähnlich unkomischen Gag-Versuchen. Dass Manu den unbescholtenen und kreuzbraven Mingus zum Beispiel sofort nach Marihuana anhaut in der Annahme, dass Mingus auf jeden Fall Drogen am Start haben muss - schließlich ist er ja ein Schwarzer - sorgt nur für einen erhöhten Ausschlag auf der Unangenehmes-Fremdschämen-Skala.

Mit ähnlich gelagerten Peinlichkeiten geht es weiter und es ist schon ziemlich erstaunlich, wie konsequent schlecht und unsympathisch Julie Delpy hier ihre eigenen Landsleute aussehen lässt. Aber Gott sei Dank findet der Film dann irgendwann doch einen ganz brauchbaren Rhythmus und entwickelt eine höhere Treffsicherheit für gelungene Culture-Clash-Witze. Am Lustigsten ist "2 Tage New York" allerdings oftmals dann, wenn es zwischen den Franzosen selbst hitzig wird und Marion und ihre Schwester sich ausgiebig, lauthals und ziemlich obszön zu streiten beginnen. Da staunt man mit dem heillos überforderten Mingus dann oftmals nicht schlecht - und wundert sich derweil nur ein bißchen über diese sehr untypische Rolle für Chris Rock, der ansonsten ja eigentlich selbst eine Rampensau allererster Güte und höchstselbst zuständig für lauten, poltisch unkorrekten Humor ist. Ihn hier in der Rolle des perplexen Spießers zu sehen ist zumindest mal eine erfrischend abwechslungsreiche Besetzung. Alles in allem bleibt Rocks Part aber ziemlich eintönig und damit auch eindimensional.

Man muss Julie Delpy zugute halten, dass sie das alles nach wie vor mit sicherer Hand inszeniert und es gibt mehr als eine wirklich gut gelungene und umgesetzte Regieidee in "2 Tage New York". Dramaturgisch sauber treibt sie die episodenhaften Mätzchen in ihren Eskalationsstufen immer höher, so dass Marions stetig wachsende Anspannung zum für sie absolut ungünstigsten Moment explodiert. Auch das ist dann noch einmal wirklich witzig.

Trotzdem fühlt sich der ganze Film - gerade gegen Ende - dann letztlich doch sehr konstruiert und gewollt an, und kann den Eindruck nie ablegen, dass man das alles anderswo schon weitaus besser, frischer und lustiger gesehen hat - nicht zuletzt im ersten Teil. So bleibt "2 Tage New York" jedenfalls vor allem in Erinnerung als Julie Delpys wenig eleganter und unkluger Tapser in die Sequel-Falle, und alle großspurigen Vergleiche mit Woody Allen sind bis auf Weiteres erstmal wieder gestrichen.

Bilder: Copyright

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