Die Legende der Wächter

Originaltitel
Legend of the Guardians: The owls of Ga'hoole
Land
Jahr
2010
Laufzeit
90 min
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Frank-Michael Helmke / 31. Oktober 2010

Ein 3D-Fantasy-Animationsfilm erscheint auf den ersten Blick durchaus wie der nächste logische Schritt in der Karriere von Regisseur Zack Snyder, hat der doch mit seinen bisherigen Werken "Dawn of the Dead", "300" und "Watchmen" nachdrücklich ein enormes Talent für Bildästhetik bewiesen in Filmen, die sich wenig um die Abbildung einer "realistischen" Welt scherten, sondern sich viel mehr genussvoll an ihren überzeichneten, fantastischen Elementen ergötzten.
Was Zack Snyders Filme bisher aber auch auszeichnete, war eine unverkennbare Vorliebe für (wenn auch ästhetisierte) Darstellungen extremer Gewalt. In dieser Hinsicht erscheint die Vorstellung, dass dieser Zack Snyder nun einen per se auch für ein Kinderpublikum ausgerichteten Animationsfilm macht, doch etwas befremdlich. Das Resultat ist dann auch genau so, wie man es erwarten durfte: Visuell absolut berauschend, für Kinder doch eher ungeeignet. Und erzählerisch leider sehr schwach. Dafür kann Zack Snyder allerdings nichts.

"Die Legende der Wächter" basiert auf einer Kinderbuchreihe der Autorin Kathryn Lasky und erzählt die Geschichte der jungen Eule Soren. Der schwärmt für die Gute-Nacht-Geschichten, die ihm sein Vater von den legendären "Wächtern von Ga'Hoole" erzählt, eine Gruppe von Eulen, die einst einmal einen mythischen Kampf gegen die dunklen Mächte im Eulen-Reich ausgefochten und gewonnen haben. Sorens Bruder Kludd verlacht diese Erzählungen als Märchen, was nicht der einzige Punkt ist, über den die Brüder gern mal in Streit geraten. Übermütig wie sie sind, fallen die beiden bei ihren ersten Flugversuchen prompt aus dem Baum mit dem elterlichen Nest und werden, hilflos am Erdboden "gefangen", von einer mysteriösen Eulentruppe eingesammelt, die sie in ein vermeintliches "Waisenhaus" für elternlose Eulen bringen. Wie sich bald herausstellt, handelt es sich hierbei tatsächlich um die zentrale Rekrutierungsstelle der "Reinsten", die quasi-faschistische "dunkle Macht" im Eulen-Reich. Die "Reinsten" machen die verschleppten jungen Eulen entweder zu willfährigen Mitläufern ihrer Bewegung, oder - falls das Jungvolk sich aufmüpfig weigert - zu gehirngewaschenen Arbeitssklaven. Während Kludd der Faszination der "Reinsten" schnell erliegt, erkennt Soren, dass er nur eine Chance hat, die Eulen-Welt vor dieser bösen Macht zu retten: Er muss die legendären Wächter finden und benachrichtigen, damit sie noch einmal in den Kampf gegen die "Reinsten" und deren Anführer Metallschnabel ziehen.

Ob es die Wächter tatsächlich gibt oder sie nur eine Legende sind, diese Spannung hält der Film nicht lange, denn er hat keine Zeit, um sich mit irgendwas lange aufzuhalten. Oder besser gesagt: Er nimmt sich die Zeit nicht. Was das zentrale Problem von "Die Legende der Wächter" ist, denn dieser Film rast mit einem dermaßen hohen Tempo durch seine Handlung, dass leider jeglicher Atmosphären-, Spannungs- oder Charakteraufbau dabei auf der Strecke bleibt. Und damit auch eine einnehmend erzählte Geschichte mit emotionaler Resonanz. Beispiel: Am Anfang wird viel bedeutsames Aufhebens darum gemacht, dass Soren noch nicht fliegen kann. Kaum bei den "Reinsten" angekommen, findet er dann eine Eule, die sich bereiterklärt, ihm das Fliegen beizubringen. Schnitt zu einer parallel stattfindenden Szene mit Kludd. Schnitt zurück zu Soren, und siehe da - er kann fliegen. Was die Übungsarbeit von Tagen und Wochen sein müsste, lässt der Film erscheinen wie in fünf Minuten erledigt. Und so schnell wird hier leider so ziemlich alles abgehakt.
Zugegeben, der Film hat auch eine Menge an Handlung zu bewerkstelligen, immerhin werden hier gleich die ersten drei Bände von Laskys Buch-Reihe in einen Film gestopft, doch wenn man sich schon soviel vor nimmt, sollte man sich auch die nötige Zeit dafür lassen. "Die Legende der Wächter" ist für das, was er erzählen will, mindestens 20 bis 30 Minuten zu kurz. Klar, bei einem Animationsfilm kostet jede zusätzliche Minute die Produktionsfirma bares Geld, und die 3D macht die Sache auch nicht billiger. Doch hier hat man im Bemühen, den Film unbedingt auf 90 Minuten zu halten, die Wirksamkeit seiner Erzählung leider kaputt gespart.

Man hätte sich vielleicht den einen oder anderen berühmten Synchronsprecher sparen können, um deren Gage in mehr Film zu investieren. Tatsächlich weist "Die Legende der Wächter" in der Originalversion eine beachtliche Palette veritabler Charakter-Darsteller in seinen Sprecher-Reihen auf. Es ist zu vermuten, dass die Produzenten mit diesen starken Stimmen versucht haben, eine inhärente Schwäche ihres Projekts auszugleichen: Die mangelnde Ausdruckskraft ihrer Protagonisten.
Dem Gesicht einer Eule mangelt es an jeglichen Konturen, der Schnabel ist klein und flach und ihr Körper mit angelegten Flügeln ein einförmiger, bauchiger Klumpen. Kurz gesagt: Abgesehen von der Fellfarbe gibt es kaum etwas, was eine Eule von der anderen unterscheiden kann. Was entsprechend auch für Eulen als Filmfiguren gilt, die also mit dem Problem zu kämpfen haben, dass man ihnen - trotz ein wenig Schummelei, wie der Addition von Mundwinkeln - nur sehr wenig Körpersprache, Mimik und Gestik als Ausdrucksmittel geben kann. Die entsprechende Skepsis, die schon beim Trailer von "Die Legende der Wächter" aufkam, wird vom Film nur bestätigt: Die verschiedenen Charaktere können sich kaum von einander absetzen (die gewöhnungsbedürftigen Fantasy-Namen sind da keine große Hilfe), ihr "Spiel" bleibt zu flach, um das Publikum wirklich einzunehmen. Ein schwerwiegendes Handicap, das der Film leider nie überwinden kann. Dass er aufgrund seiner viel zu hastigen Erzählung dazu auch noch eine kaum zu überschauende Menge an Figuren in sehr kurzer Zeit einführt, macht die Sache nicht besser.

Für all das kann Zack Snyder nichts, viel dagegen tun konnte er leider auch nicht. Was Snyder hingegen sehr wohl konnte, war der "Legende der Wächter" eine optische Wucht zu verpassen, die alle eklatanten erzählerischen Schwächen des Films zeitweise mehr als aufwiegt. Snyder versteht es nicht nur, die visuellen Freiheiten des Animationsgenres - das eben nicht wie Realfilme an die tatsächliche physische Realisierbarkeit bestimmter Kamera-Setups und -bewegungen gebunden ist - zu nutzen, er badet geradezu mit sichtlicher Wonne darin. Und dasselbe gilt für die 3D-Technologie. Im Gegensatz zu so vielen Filmen der aktuellen 3D-Welle, bei denen die Tiefeneffekte nur im Nachhinein draufgeklatscht wirken (und es zumeist auch sind) sieht man der "Legende der Wächter" an, dass sich der Regisseur seinen Film wirklich in drei Dimensionen ausgemalt und ihn auch so umgesetzt hat. Hier regnet es nur so Kameraperspektiven und -bewegungen, die wundervolle 3D-Effekte erzeugen, und so sehr daraufhin konzipiert sind, dass der Film in 2D stellenweise fast etwas merkwürdig aussehen dürfte. Abgesehen von James Cameron hat noch kein Regisseur ein derart brillantes Händchen im Umgang mit den Möglichkeiten von 3D bewiesen.

Dieser Lobeshymne auf Mr. Snyder muss man aber auch eine gewisse Kritik hinsichtlich eines anderen Aspekts folgen lassen. Denn das vornehmliche Zielpublikum seines Films - nämlich Kinder bis zu 12 Jahren, für die auch die Buchvorlage konzipiert war - hat Snyder nie wirklich im Auge. Um es deutlich zu sagen: "Die Legende der Wächter" ist kein Film für Kinder. Die Geschichte dreht sich mehr oder minder metaphorisch um Motive wie Versklavung, Kindersoldaten und Faschismus, und der Film ist über weite Passagen so düster inszeniert, wie diese Palette es vermuten lässt, und zudem so brutal, wie es für einen Film möglich ist, dessen Hauptfiguren Eulen sind und in dem kein Blut spritzt.
Selbst mit diesen Verharmlosungen erkennt man hier immer noch überdeutlich die Handschrift des Regisseurs von "300" und seine Vorliebe für die hochgradig stilisierte Inszenierung martialischer Kämpfe. "Die Legende der Wächter" bewegt sich stimmungsmäßig in derart dunklen Gefilden, dass der Gute-Laune-Song zum Film beinahe wie ein atmosphärischer Fremdkörper wirkt, als er zur Mitte des Films eine Montagesequenz untermalt. Diese nette kleine Mitsing-Nummer ändert indes nix daran, dass Eltern sich nicht wundern sollten, falls ihr Nachwuchs den Film eher etwas verstört als begeistert verlässt.

So erweist sich "Die Legende der Wächter" als ein sehr zwiespältiger Film, der zwar einerseits eines der bombastischsten visuellen Erlebnisse dieses Kinojahres anbietet, andererseits jedoch eine mehr als dürftig ausgeführte Erzählung präsentiert, die für ihr junges Publikum zu hart und für ein älteres Publikum wiederum viel zu plump und gehetzt ist. So kann man diesen Film letztlich leider nur als gescheitert betrachten - wenn auch in spektakulären 3D-Bildern gescheitert.

Bilder: Copyright

Bin ja fast aus den Latschen gekippt, als ich erfahren hab, dass Herr Snyder den Film dreht. Hab nach dem großartigen Trailer, trotzdem recht hohe Erwartungen...

"Avatar" ist inhaltlich ja auch keine Granate und erhielt trotzdem 10 Augen. Trotzdem schöne Kritik. Herr Helmke.

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Habe gerade auf Schnittberichte gelesen, das der Film für ein FSK 6 um 3 Minuten gekürzt wurde. Ähm, an der Kinokasse steht der Hinweis, das Kinder ab 6 Jahren in Begleitung eines Erziehungsberechtigten Filme ab 12 Jahren besuchen dürfen. Genau wie damals beim 2 Harry Potter! Hat sich für mich im Kino erledigt. Schade eigentlich.

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Schade, wobei es mir eigentlich egal ist. Die drei Minuten kann ich auch irgendwann zuhause nachholen. Guck den Film ja nur im Kino, weil er wahrscheinlich das bildgewaltigste seit Avatar ist. Freu mich trotzdem...

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9
9/10

Komme grad aus der Vorstelllung! Bin echt überrascht! Der Film hat mir richtig gut gefallen. Jetzt kein Meisterwerk oder so, aber von Anfang bis Ende unterhaltsamt. Für die Kleinen aber etwas zu düster und brutal. Mir hats gefallen. In 3D zudem fantastisch...

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2
2/10

Ich habe mir diesen Film heute angesehen und muss sagen, er hat mich richtig enttäuscht. Ich dachte nach "Die Wächter" ginge die Kurve weiter bergauf... Aber das war mal echt Panne. Wenn Eulen so schlecht umsetzbare Filmfiguren sind, warum muss man es dann auf Krampf versuchen? Die Namen allein!! Ich hab mich weggehauen. Die Story ist übermässig dünn, ein Klischee-Salat, die Charaktere aus allen (guten) Disneyfilmen übernommen, die Dialoge zum davonlaufen... "Wie viele sind es?" - "Es sind viele. Könnten aber auch mehr sein." *auf die Stirn klatsch* WIE HOHL!!! Wollte nach ner halben Stunde umschalten, ging aber nicht, war im Kino... Schmiedende Eulen, die in Bäumen mit Wegen leben und Helme tragen, oberflächliche Anti-Kriegs-Moral verzapfen und dich mit einem "Endlich-Vorbei-Gefühl" in die Realität entlassen... Das war mit ABSTAND der SCHLECHTESTE Animationsfilm, den ich seit langem gesehen hab. "Himmel und Huhn" war noch besser. Gut, die Optik hat schon gepasst, aber ich habe auch schon wesentlich besser umgesetzte 3D Effekte gesehen, (z.B. bei ToyStory3), auch einige Sounds waren cool, (wenn sie nicht von dem grottigen Soundtrack zu Tode gebrüllt wurden.)
Also, Freunde des Films, wenn ihr gute Unterhaltung wollt, geht in nen anderen Film und erspart euch 90 Minuten Langeweile.
Und, Mr. Snyder, danke für diesen Film, aber bitte sowas nicht mehr!
FG

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2
2/10

Stimme Förntseegugga in allen Punkten zu!

Das schlimmste ist das die Story "Episch" daher kommen will aber an ihrer Vorhersehbarkeit, Stumpfsinnigkeit und Halbherzigkeit erstickt.

Grauenhaft.

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8
8/10

Komme gerade aus dem Film.
Fazit: Sehr gute Animation, fantastische Bilder (in 3D sicherlich noch genialer), absolut nix für Kinder (Alptraumpotenzial, schnelle Dialoge, tiefe Story), durchgehend spannend, perfekte deutsche Synchronisation (ich habe Elronds Stimme aus HDR wiedererkannt), gute Zitate, guter Soundtrack, manche Szenen unsinnig, übertriebenes Machtgehabe, der "Endkampf" kommt etwas zu kurz, trotzdem Danke, dass - wie immer - das Gute siegt und ich ruhig schlafen kann.
Absolut sehenswert.

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Wie man einen solchen Film auf 6 jährige loslassen kann, ist mir schleierhaft??!!! Tempo, Brutalität, Dramatik sind eindeutig to much für Kinder. Die Technik und die Aussage ist schon interessant. Für Action-liebhaber verkraftbar, aber für jene dann vermutlich doch zu wenig spannend.

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