Der Vorspann macht sofort klar: Dieser Film nimmt die Musikindustrie aufs Korn. In dem Video der erfolgreichen 80er Jahre-Popband "PoP!" springen schlechte Schauspieler mit grausigen Frisuren und noch viel gruseligeren Klamotten vor buntem Hintergrund herum, während sie mit Eunuchen-Stimmen über ihre gebrochenen Herzen singen. Die beiden grinsenden und schmachtenden Leadsänger werden von drei tänzerisch unbegabten Musikern in schlecht imitierter Rockermontur bei ihrer primitiven Choreografie unterstützt. Am Ende des Video-Liebesdramas, dessen schauspielerisches Niveau sogar unter dem diverser Gerichtsshows auf deutschen Privatsendern liegt, tanzen alle im OP, und wir freuen uns schon auf die nächsten Persiflagen der amerikanischen Musikwelt.
Einer der Musikhelden von PoP! ist Alex Fletcher (Hugh Grant, "Bridget Jones 1&2", "Notting Hill"), der Typ, an dessen Namen man sich kaum noch erinnert. Während sein Partner eine steile Solokarriere hingelegt hat, ist Alex der Überraschungsgast auf 80er Jahre-Partys und Abschlussjubiläen, singt auf Jahrmärkten und in Vergnügungsparks. Dieses Dasein als ehemaliger Star offenbart alle Abgründe der Mediengesellschaft. Im "Battle of the Eighties" soll Alex als alternder Musiker in den Ring steigen und sich mit seinen Kollegen und Leidensgenossen prügeln, nur der Sieger darf singen. Dankend lehnt er ab.
Doch dann scheint sich das Blatt zu wenden, denn sein langjähriger Begleiter und Vertrauter, Manager Chris Riley (Brad Garrett) erhält ein Wahnsinns-Angebot. Ausgerechnet der größte weibliche Pop-Star, die blonde Sängerin Cora Corman (Haley Bennett) möchte Alex treffen und mit ihm einen Song singen. Cora ist ein verwöhntes Blag, das einen aktuellen Trend für sich entdeckt hat: Man nehme beliebige Tanzelemente und Kleidungsstücke aus einer exotischen Religion/Kultur und vermarkte sie mit viel Pop und Sex. Für sie soll Alex nun innerhalb von einer Woche einen Song komponieren und den Text schreiben. Mit der Musik geht das ja gerade noch, aber der Text ist das Problem. Doch in seiner chaotischen Pflanzenpflegerin Sophie Fisher (Drew Barrymore) entdeckt er ein poetisches Naturtalent und bekniet sie, den Text für ihn zu schreiben. Diese hat mit ihren bisherigen Versuchen als Autorin allerdings schlechte Erfahrungen gemacht und ist mit ihren Werken entsprechend empfindlich.
Romantische Liebeskomödien mit Hugh Grant kennen wir ja schon einige. Sie sind immer einwandfrei produziert, ihre Filmmusik setzt auf die Sekunde genau passend ein, und sie lullen uns mit einem wohligen Gefühl von Harmonie ein. Dieselbe Professionalität hat auch "Mitten ins Herz - Ein Song für dich", dessen langer deutscher Titel vielleicht doch etwas daneben greift. Statt es bei dem viel schlichteren und viel adäquateren englischen Titel "Music and Lyrics" zu belassen, rührt Warner Brothers die Werbetrommel für die angeblich verkitscht-romantische Zielgruppe "Frauenclique". Vielleicht wäre Rosamunde Pilcher über diesen Romantitel glücklich, Marc Lawrence dürfte es nicht sein. Dies nur als Warnung für alle Jungs, die schon bei der Frage ihrer Freundin "Möchtest du nicht auch ‚Mitten ins Herz' sehen…?" Angstschweiß auf der Stirn bekommen. Doch eine gute Alternative zu "Pathfinder" dürfte er für euch trotzdem nicht sein.
Hugh Grant ist in diesem Film erfrischenderweise weder der Macho noch der verklemmte Junggeselle, die beiden einzigen Rollen, die wir von ihm zu kennen scheinen. Er spielt durchaus mit Selbstironie, ohne allerdings zu viel Herz in die Rolle zu legen. Besonders in den intimeren Szenen spielt er reichlich lustlos vor sich hin. Da tritt Drew Barrymore doch etwas engagierter auf, sie ist liebenswert-chaotisch, ohne lächerlich oder nicht lebensfähig zu wirken. Da beide Schauspieler Spezialisten für romantische Komödien sind, sind sie in den witzigen Sequenzen charmant, reizend und punktgenau komisch.
Aber funken tut es zwischen ihnen nicht. Hugh Grant ist lediglich da groß, wo er allein den alternden Rockstar spielt. Er singt und tanzt mit wildem Hüftschwung vor begeisterten Vierzigjährigen, muss aber wegen seiner Rückenprobleme mitten im Lied von der Bühne kriechen.
Für den besonderen Spaßfaktor sind wieder mal die Nebendarsteller zuständig, allen voran Kristen Johnson als Sophies verrückte Schwester Rhonda und Brad Garrett als Manager im Gluckenmutter-Format. Rhonda ist als ehemaliger Fan von Alex Fletcher die gelungene Darstellung einer jungen Mutter, die durch alte Erinnerungen wieder zum affigen Teenager wird - für manches ist man nie zu alt.
Dass diese Meinung nicht von der Musikindustrie geteilt wird, ist ein alter Hut. Und deshalb kann man den Film trotz mehrerer einfacher und klassischer Gags nicht als oberflächlich bezeichnen. Er vollzieht nicht nur die Karriere von Alex Fletcher nach, von der es tausende reale Äquivalente gibt, sondern verfolgt auch die Entstehung und Produktion eines Songs von Anfang bis zum Ende, mit allen Tücken und Schikanen. Manch einem Fan des harten Realismus mögen jetzt die Drogenopfer und Alkoholiker fehlen, aber es ist schließlich immer noch ein Liebesfilm. Auch die hier gespielten Lieder sind allesamt Ohrwürmer, ob man sie nun mag oder nicht.
Man kann sich amüsieren, ein bisschen mit Sophie Fisher traurig sein und am Ende des Films bereits Alex' 80er Jahre-Hit "Pop goes my heart" fehlerfrei mitsingen. Einwände? Eigentlich keine, der Film ist in Ordnung. Aber vom Hocker reißt er nicht.
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