Der Fluch der goldenen Blume

Originaltitel
Man cheng jin dai huang jin jia
Jahr
2006
Laufzeit
111 min
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Simon Staake / 9. Juni 2010

 

Ach, der Zhang Yimou. Mehr Schein als Sein konnte man, wenn man denn wollte, ja auch schon seinen beiden Vorgängern ("Hero", "House of Flying Daggers") im Wu xunjia, dem chinesischen Schwertkampf-Genre, vorwerfen. Aber dieses Mal muss man auch von Rezensentenseite einstimmen. Es sieht immer noch alles wunderbar, edel, erlesen aus, aber hinter all der Pracht steckt nicht mehr soviel.
Es gibt auch die üblichen Täuschungen und überraschenden Wendungen, die wie schon beim "House of Flying Daggers" in zwei Teile zerfallen: Entweder sie sind recht offensichtlich oder man kann sie beim besten Willen nicht vorhersehen. Das ist zwar an sich kein Problem, da man sich aber ohnehin schon ein wenig langweilt, nimmt man die vermeintlich mitreißenden Wendungen im ersteren Fall teilnahmslos, im zweiten mit ungläubigem Lächeln hin.

"Du bist vollkommen verrückt!" sagt Kaiser Ping zu seiner Gattin gegen Ende des Films. "Ja aber du doch auch", will man ihm da von den Zuschauerrängen zurufen, "ihr habt sie doch alle nicht mehr beieinander!" Denn das Drama ist bisweilen so hysterisch und übertrieben, dass es ins unfreiwillig Komische abrutscht. Kein Wunder, bei dem zu diesem Zeitpunkt grob geschätzten 37. Verrat und Mordplan gegen einen Angehörigen der allesamt unsympathischen Familienbrut. Dass gerade die besten und königlichsten Familien innerlich nur Ruinen sind, ist eine Binsenweisheit, der Zhang Yimou hier leider nicht viel zufügt.

Aufgrund der zahlreichen Plotwendungen soll hier zugunsten derer, die selbst die Geheimnisse innerhalb der Palastmauern entdecken wollen, auch auf eine ausführliche Inhaltsangabe verzichtet werden. Nur soviel: Im China der späten Tang-Dynastie trifft sich die kaiserliche Familie zum Anlass des nationalen Chong Yang-Volksfests in der Palast-Festung. Kaiser Ping (Chow Yun-Fat) trifft zusammen mit seinem zweitgeborenen Sohn Prinz Jai (Jai Chou), der nach langem Kampf gegen die Mongolen von den weit entfernten Kampfgebieten heimkehrt. Hier wartet die unter einer mysteriösen Krankheit leidende Kaiserin (Gong Li), Pings erstgeborener Sohn (von einer anderen, verstorbenen Mutter) und somit Kronprinz Wan sowie Nesthäkchen Yu, der dritte Sohn. Gefährliche Liebschaften und Pläne zur Machtverschiebung im Sitz des Kaisers bringen die Familie bald an den Rand von Blutrausch und Wahnsinn … und ein Stück darüber hinaus.

Als eine Studie in Wahnsinn und Zerfall, versteckt hinter höfischen Ritualen, orientierte sich "Der Fluch der goldenen Blume" ganz klar am Großmeister des Dramas, Willy Shakespeare. Doch statt an "Hamlet", "Macbeth" oder "König Lear" (mit denen "Fluch" jeweils Elemente teilt) muss man da doch eher an eine mit Sex und Gewalt aufgepumpte Version von "Dallas" oder des "Denver-Clan" denken. Die Ambition zur Macht etwa, die Shakespeares Königsdramen auszeichnet und ihre Plots vorantreibt, wird nicht verdeutlicht oder schlichtweg nur behauptet.
Stattdessen gibt's dann jede Menge Seifenopernelemente, von heimlichen Kindern über plötzlich auftretende alte Liebhaber bis hin zu Giftanschlägen und Verschwörungen. Dies aber in der Extremversion, und hier ist man dann tatsächlich einigen Shakespeare-Werken nicht unähnlich: Nicht nur, dass gegen Ende das Blut in Kübeln fließt, von Inzest bis Geschwistermord ist hier einiges vorhanden, was nicht gerade als Familienunterhaltung durch geht.
Aber so recht mitreißen will einen die Story trotz der großzügigen Gewalt und den (vor allem) weiblichen Reizen nicht. Dafür ist man einfach nicht emotional involviert. Man mochte die Liebesgeschichte in "House of Flying Daggers" ja simpel oder auch kitschig finden, aber es war nicht zu verneinen, dass der Film einen funktionierenden emotionalen Kern hatte. Man fieberte mit den Liebenden mit, man wollte, dass sie gemeinsam glücklich werden und drückte vielleicht so einen ganz kleinen Kloß im Hals runter, als alles mit herrlich pathetischen Gesten tieftraurig endete. Nicht mal bei Tarantino sah Blut auf Schnee so schön aus.
Und diese Art der Anteilnahme geht "Der Fluch der goldenen Blume" total ab. Die Hofintrigen sind kompliziert und ehrlich gesagt nicht sonderlich interessant, kein Sympathieträger weit und breit und ein Dekor, das mit seiner letztendlich dann doch überzogenen Opulenz dem Werk auch den letzten Atem raubt, den ein lebendiger Film braucht. Details wie die königlichen Zeitansager, die als Parodie eines griechischen Tragödienchors nicht das Geschehen kommentieren, sondern mit ihren Propaganda-Binsenweisheiten á la "Konfuzius sagt" (wie Herr Gung sagen würde) in ironischem Gegensatz zum Geschehen stehen, reißen da auch nicht mehr so richtig was raus.

Egal, was man von der erzählerischen Substanz und Umsetzung hält, eins bleibt unbestritten: Was Yimou einem hier an Farben und Formen, an Dekors und Kostümen kredenzt, ist schon der Wahnsinn, wie erwähnt bisweilen aber auch ein bisschen viel des Guten. Alles glitzert, glänzt, prunkt mit seinen Schauwerten, von den Kostümen der hunderten von Palastdienern bis zu den in glühenden Primärfarben gehaltenen Palasträumen selbst.
Schauwerte der anderen Art bieten zudem die (zwar wie die Geschichte selbst historisch nicht verbürgten, aber trotzdem willkommenen) hochgeschnürten Dekolletees der weiblichen Belegschaft des Palastes. Und so wird man als männlicher Zuschauer während der zähen Anfangsstunde, in der Yimou einen mit seiner hohen Kunst nicht fesseln kann, zumindest erfolgreich abgelenkt. In diesem Zusammenhang darf man noch hinzufügen, dass Yimous Neuentdeckung Li Man auch ihre Brüste die dramatische Hauptarbeit machen lässt, dies zwar durchaus überzeugend, aber die nächste Zhang Ziyi wird so nicht aus ihr.
Negativ ins Auge fallen eigentlich nur die diesmal doch zu deutlich aus dem Rechner stammenden Massenszenen mit zu künstlichem CGI. Wenn man schon mit Massenszenen wie im "Herr der Ringe" auftrumpfen will (und eine Sequenz erinnert - ob gewollt oder nicht - an eine bestimmte Schlacht in "Die zwei Türme"), dann sollte man sich doch bitteschön gleich Peter Jacksons Software besorgen und nicht die billige Asienvariante nehmen. Denn von den glaubwürdig individuell agierenden Figuren aus Mittelerde sind die schön in Reih und Glied marschierenden und agierenden Pixel hier doch ein gutes Stück entfernt, und die Kampfszenen wirken entsprechend leblos und wie in einem Computerspiel. Bei einer Attacke mit Speeren wird's gar kurzzeitig peinlich, die sehen beim Aufprall auf Schilder aus wie aus der Nintendokonsole.
Da es hier trotz aller Manipulation (bombastische Musik, Zeitlupe) an emotionaler Einbindung fehlt, nimmt man dann als einziges mit Erstaunen Yimous neu entdeckte Blutrünstigkeit zur Kenntnis, denn ein paar Szenen hätten sogar Verehrer Tarantino zur Ehre gereicht.

Dass mit Chow Yun Fat und Gong Li zwei der größten Stars des asiatischen Kontinents mitmachen, ist zwar eigentlich Grund zur Freude, richtig lange währt die aber auch nicht. Beide machen aus ihren Rollen eben, was sie können. Interessant ist es, Yun-Fat in einer raren Rolle als unsympathischen Charakter zu sehen, aber sein alternder Monarch ist leider auch eine höchst statische Figur. Ob das jetzt an dem ja auch nicht mehr ganz niedrigen Alter des Darstellers liegt oder an der Konzeption der Figur ist nicht ganz sicher, aber die stoischen Gesichtszüge Pings, hinter denen er schon die nächste Schandtat plant, zeigen wenig von der Dynamik des großen Hongkong-Darstellers.
Gong Li darf auch nur sehr begrenzte Facetten zeigen, so dass einem irgendwie bei beiden Darstellern das Wort "Fehlbesetzung" in den Sinn kommt. Wobei es eigentlich eher andersrum funktioniert: Yimou hat es hier schlicht nicht geschafft, seinen beiden Stars entsprechende Rollen auf den Leib zu schreiben, und so wird jeder hier in ein Figurenkorsett gequetscht, das einfach schlecht passt. Immerhin ist Lis Figur nicht verschenkt wie die der drei Söhne, die allesamt eher durch ihre Plotfunktion denn durch wirkliche Eigenschaften charakterisiert werden. Und über die, ähm, herausragendsten Talente von Lin Man als Prinzengeliebte wurde ja schon gesprochen.

Wie gesagt, richtig schlecht ist "Der Fluch der goldenen Blume" nicht und bleibt dank der unabstreitbaren Schauwerte im Mittelmaß. Aber das ist natürlich trotzdem viel zu wenig, nicht nur fürs Riesenbudget, sondern vor allem auch für Yimous eigene Ansprüche. Vielleicht wird es ja doch langsam Zeit, die Historien- und Schwertkampfschinken wieder hinter sich zu lassen. Beim ersten Mal war's schön, beim zweiten Mal toll, aber danke, jetzt reicht's auch.
Schade für Chow Yun-Fat, dem man nach den doch sehr durchwachsenen Hollywoodrollen der letzten Jahre eine glorreichere Rückkehr in die asiatische Heimat gewünscht hatte, schade für die sich gerade einem Mainstream-Publikum präsentierende Gong Li und schade für Yimou, von dem man gern einen überzeugenderen Abschluss seiner inoffiziellen Historien-Trilogie gesehen hätte. Aber die goldenen Blumen, die er uns hier kredenzt, sehen zwar auf den ersten Blick noch hübsch aus, sind aber schon halb verwelkt.

 

Bilder: Copyright

7
7/10

Der Film ist allein schon aufgrund der visuellen Pracht sehenswert und er unterhält auch die ganzen 111 Minuten. In der Geschichte wird eine ansteigende Spannung aufgebaut, die in dem Zusamenprall zwischen Kaiser und Kasierin gipfelt. Soweit recht gut. Der Showdown und insbesondere das Ende sind M.E. jedoch unbefriedigend. Der Film enthält ein paar spannende Kampfszenen, aber leider zu wenig. Dafür hält er sich umso ausgiebiger mit Zeremonien auf, die zwar sehenswert sind, aber das Publikum nicht mitreißen können. Zudem bleiben einem die Charaktere alle weitgehend fremd. Abgesehen von dem der Kaiserin wird ihr Handen zu wenig motiviert. Schade, ein Riddley Scott hätte da mehr draus gemacht.

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1
1/10

Hmm was soll man über diesen Film sagen? Er wurde in einem Atemzug mit Hero genannt, von daher waren meine Erwartungen entsprechend hoch. Leider wurde sie alle enttäuscht. Die Story is langweilig, die Bilder sind zwar beeindruckend aber auf dauer zu bunt und die Martial Arts Scenen waren schlecht. Alles in allem nicht empfehlenwert.

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