Wir haben an dieser Stelle bereits damals in der Rezension zu "Cars 2" ausführlich das Ende des Goldenen Zeitalters von Pixar beklagt und auch beim mächtig durchwachsenen Nachfolger "Merida" die Befürchtung geäußert, dass das wohl kein einmaliger Ausreißer nach unten war. Von daher kann man sich mit diesen Rückverweisen in dieser Einleitung kurz halten und schlicht die Fakten feststellen. Nämlich: Dass "Die Monster Uni" leider als Beweis genommen werden muss, dass es mit den herrlichen Zeiten aneinander gereihter Meisterwerke definitiv vorbei ist, dass man im Gegenteil befürchten muss, dass sich hier so langsam eine neue Serie bedenklichen Mittelmaßes etabliert. Und dass dies höchstwahrscheinlich daran liegt, dass die einstmalige Regentschaft des erzählerischen Anspruchs, welche Pixar so groß gemacht hat, abgelöst wurde von der andernorts eben auch regierenden Herrschaft der Gewinnmaximierung. Und für die ist es nicht interessant, alle zwei Jahre einen Film rauszubringen, der alle Kinofreunde in Ekstase versetzt, wenn man stattdessen jedes Jahr einen Film raushauen kann, der gar nicht so toll sein muss solange er ein ordentliches Einspiel garantiert.
So macht sich also auch bei Pixar nun immer mehr die Forsetzungsiritis breit, das kreative Zauberpulver scheint verschossen und man zehrt ausgiebig vom Wiederkäuen der einst verdienten Lorberren. Das vorliegende Werk ist nur ein allzu deutliches Beispiel dafür, dass es für solch einen Film eben keine guten inhaltlichen, sondern nur gute buchhalterische Argumente gibt. Warum sonst sollte man einen elf Jahre alten Film wieder hervorholen, der eindeutig nicht nach einem Sequel geschrieen hat. Und weil sich eine Fortsetzung für "Die Monster AG" eben so gar nicht anbot, hat man sich eben des auch schon ziemlich abgestandenen Tricks bedient, stattdessen ein Prequel zu fabrizieren.
In "Die Monster Uni" erleben wir nun also die Geschichte, wie sich das Beste-Freunde-Duo Mike und Sulley aus "Die Monster AG" kennen gelernt hat, damals als Neulinge an der titelgebenden Universität. Das Glubschauge auf Beinen Mike träumt schon seit Kindestagen davon, für den heißbegehrten Erschrecker-Studiengang zugelassen zu werden und sich zu einem der besten Kinderschrecke der Monsterwelt ausbilden zu lassen. Mike hat dabei allerdings mächtig mit seinem eindeutigen Handicap zu kämpfen - er ist so gar nicht furchteinflößend. Ganz im Gegensatz zu James "Sulley" Sullivan, der wie zum Erschrecken gemacht ist und auch noch aus einer berühmten Schrecker-Familie stammt. Kein Wunder, dass Mike und Sulley sich zunächst mit dem Arsch nicht angucken, zumal Sulley sofort zu den coolen Kids auf dem Campus gehört und Mike nur Anschluss an eine Clique ähnlich erbärmlicher Loser-Monster findet. Doch wie es das Schicksal (bzw. die bemühte Plot-Konstruktion) so will, werden Mike und Sulley schließlich gezwungen, als Team zusammenzuarbeiten um sich über einen College-Wettkampf die Chance zu erarbeiten, auch gegen den Willen der gestrengen Uni-Dekanin (im Original sehr passend gesprochen von Helen Mirren) in ihrem Studiengang zu bleiben und sich so den großen Traum von der Karriere als Erschrecker zu erhalten.
Der Titel und die Story dieses Films machen es offensichtlich, dass "Die Monster Uni" eigentlich nichts anderes ist als die Animations-Variante des amerikanischen Komödien-Sub-Subgenres der College Comedy. Diese Filme um die wilden Jahre voller Party-Exzesse und grober Albernheiten (und nur sporadischen Studierens) sind angesichts ihres Metiers natürlich sehr auf das amerikanische Publikum zugeschnitten, denn die Bedeutung des Lebensabschnitts "College" und die damit einhergehenden Standards und Stereotypen sind schon ziemlich spezifisch und nur eingeschränkt aus der Perspektive einer nicht-amerikanischen Lebenswelt nachvollziehbar. Von daher auch nicht verwunderlich, dass es von den halb-legendären Meilensteinen dieses Sub-Subgenres keines zu besonderer Berühmtheit außerhalb der USA gebracht hat. Von daher aber durchaus verwunderlich, dass man sich bei Pixar ausgerechnet für dieses Setting entschieden hat. Denn wenn "Die Monster Uni" eines nicht hat, dann einen direkt und universell greifenden Aufhänger, der ein Publikum rund um den Globus in seinen Bann zieht.
Die Quasi-Parodie einer College Comedy in der animierten Monsterwelt bringt eine Reihe von Stolpersteinen mit sich, vor allem was das Zielpublikum betrifft. Denn das ist bei dieser Pixar-Produktion erstaunlich unklar. Als Familienfreundlich geht dieser Film jedenfalls nicht durch. Dafür gibt es für Kinder hier viel zu wenig, woran sie sich festhalten können, außer den drolligen Monstern. Aber die Konflikte und Probleme, die hier ausgetragen werden, sind eben die ganz spezifischen Dilemma junger Menschen in diesem ganz spezifischen Kosmos des College-Campus. Und um da mitzugehen, muss man das in seinen Grundzügen nicht nur nachvollziehen können, sondern auch interessant finden - achselzuckende Gleichgültigkeit beim Zuschauer ist ein Faktor, den "Die Monster Uni" nie wirklich abschütteln kann, selten jedenfalls war man bei einem Pixar-Film so wenig emotional involviert.
So sehr sich "Die Monster Uni" aber auch wie eine College Comedy gebiert und einige offensichtliche Anleihen beim Subgenre-Klassiker "Die Rache der Eierköpfe" (Revenge of the Nerds, 1984) macht, kann sich der Film qua seiner Animations-Herkunft doch nicht an das heranwagen, was dieses Genre zentral ausmacht: Zotiger und bewusst anstößiger Humor und ausgiebige Darstellungen von anarchischem Party-Spaß mit ganz viel Wein, Weib und Gesang, bzw. Bier, Busen und Brüllerei. Selbst die Nerds im angeführten Vorbild für diesen Film wollen vor allem das, was eigentlich alle auf dem College (oder zumindest in jeder College Comedy) wollen: Möglichst wild feiern und möglichst viel vögeln. Überflüssig zu erwähnen, dass das eine bei der "Monster Uni" nur angedeutet und das andere natürlich überhaupt nicht thematisiert wird. Womit sich der Spaß-Faktor des College-Settings fast komplett von selbst erledigt hat und man sich hier mühsam Gags zusammenkratzt, indem man 101 Klischees der amerikanischen College-Welt eben auf ihr Äquivalent im Monster-Universum überträgt, was vom Witz-Level ungefähr so unterhaltsam ist wie die Steinzeit-Übersetzungen moderner Gerätschaften bei der Familie Feuerstein: bestenfalls gut für ein leichtes Schmunzeln.
Dies alles macht aus der "Monster Uni" noch keinen wirklich schlechten Film, und stellenweise ist er durchaus unterhaltsam. Die Pixar-Crew ist immer noch fähig genug, als dass hier natürlich ein paar sehr witzige Dialogzeilen und gelungene Brüller lauern. Aber auch die können nicht darüber hinweg täuschen, dass dies insgesamt im Vergleich zu dem, was man von dieser Firma mal gewohnt war, allenfalls drittklassig ist. In der althergebrachten Disney-Verwertungs-Maschinerie (also bevor der Mäusekonzern Pixar übernommen hat) wäre so ein mauer zweiter Teil als schlichte Geldschneiderei fix wegproduziert und dann ohne Kino-Umweg direkt auf DVD veröffentlicht worden. Dass man sich bei Pixar der Verlegenheit preis gibt, solches Mittelmaß als vermeintliches Jahres-Highlight auf die Leinwand zu bringen, und dann auch noch im inzwischen obligatorischen 3D, ist mehr als ernüchternd. Aber hey, dieses Jahr kommt ja schließlich noch ein neuer Disney-Film, der sich das eingekaufte Pixar-Erbe zum Vorbild genommen hat. Der heißt "Planes" und ist eigentlich dasselbe wie "Cars". Nur diesmal mit Flugzeugen. Wirklich. Leider.
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