Ostfriesisch für Anfänger

Jahr
2016
Laufzeit
90 min
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Volker Robrahn / 27. Oktober 2016

ostfries 1Wenig überraschend rollen nun gut ein Jahr nach dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise und den Folgen der von der Bundeskanzlerin ausgerufenen „Willkommenskultur“ die entsprechenden Kinofilme auf uns zu. Während sich der von Simon Verhoeven inszenierte „Willkommen bei den Hartmanns“ dabei als großer Ensemblefilm mit zahlreichen bekannten Namen präsentiert, kommt „Ostfriesich für Anfänger“ ein paar Nummern kleiner daher. Was darauf zurückzuführen ist, dass dieser Film zunächst als Fernsehproduktion für das NDR-Programm geplant war, nun aber doch einen Kinoeinsatz spendiert bekommt. Bei dieser Entscheidung dürften sowohl die nach wie vor gegebene Aktualität des Themas, als auch die anhaltende neue Popularität eines Dieter Hallervorden eine Rolle gespielt haben, der seit „Sein letztes Rennen“ und vor allem natürlich der Til Schweiger-Produktion „Honig im Kopf“ seinen mindestens vierten Frühling erlebt. Damit wäre also erklärt, warum diese kleine Komödie nun über große Leinwände flimmert, wirklich verdient hat sich der Film dieses Privileg aber eigentlich nicht.

ostfries 2Mit Uwe Hinrichs (Dieter Hallervorden) ist nicht gut Kirschen essen und auch sonst kein gutes Auskommen. Von der Dorfgemeinschaft hat sich der knurrige Ostfriese weitgehend zurückgezogen und mit anderen Menschen kommt er nur noch notgedrungen durch die Arbeit in seinem Tankstellenkiosk in Kontakt. Uwe Hinrichs wäre daher auch so ziemlich der Letzte der eine Gruppe Flüchtlinge bei sich aufnehmen würde. Da aber sein Haus mittlerweile gepfändet wurde und er sich durch diverse Eskapaden auch bei der Polizei unbeliebt gemacht hat, bleibt dem renitenten Sturkopf nichts Anderes übrig als genau das zu tun. Zusätzlich soll er den aufgrund eines Projekts für zukünftige Fachkräfte eingetroffenen „Utländers“ auch gleich noch die deutsche Sprache beibringen. Erst mit Verzögerung bemerken allerdings die beauftragten Beamten, dass Uwe darunter etwas ganz Anderes versteht als sie: Denn der bringt den Flüchtlingen kurzerhand friesisch statt hochdeutsch bei.

ostfries 3Formulieren wir es mal so: Die Grundidee ist ganz witzig und so ergeben sich dann auch ein paar nette Szenen mit den im Verlauf immer mehr auf platt parlierenden Flüchtlingen. Allerdings fehlt es schon bei diesem Ansatz an Authentizität und Glaubwürdigkeit, musste sich Hauptdarsteller Hallervorden den norddeutschen Zungenschlag doch in einem Crashkurs innerhalb kürzester Zeit selbst aneignen – und das merkt man auch. Dass zudem sämtliche plattdeutschen Sätze ohne den Einsatz irgendwelcher Untertitel quasi im „Original“ verbleiben dürfte zusätzlich dafür sorgen, dass sich das Publikum unterhalb der Landesgrenze von Niedersachsen in überschaubarem Rahmen halten wird - ein weiteres Indiz für die ursprünglich geplante Verwertung des Werkes innerhalb des Sendegebietes des Norddeutschen Rundfunks. Auch die Inszenierung selbst entpuppt sich als reichlich flaue und fast schon biedere Angelegenheit, man möchte offensichtlich zu keinem Zeitpunkt in Gefahr geraten sich politisch inkorrekt zu verhalten.

ostfries 4So bleiben die Späße harmlos oder geraten slapstickhaft, wenn etwa der wildgewordene Uwe mit seinem Traktor Amok fährt und die Umstehenden mit Gülle überschüttet. Vor allem die vom Ministerium entsendeten Beamten sind fast schon Karikaturen, die sich entweder als naive „Gutmenschen“ oder als hartherzige Karrieregeier erweisen, die daher ihren Frust darüber in der Provinz gelandet zu sein mit möglichst viel Alkohol ertränken. Ein paar (ebenfalls eher harmlose) Möchtegern-Nazis müssen natürlich auch noch mit rein, um wenigstens ein Alibi für ein paar Konfliktchen zu haben. Die Handlungsweisen bleiben dabei stets plotgetrieben, so richtig nachvollziehen kann man die radikalen Stimmungsschwankungen vor allem der Hauptfigur jedenfalls kaum. Obwohl man dem Werk grundsätzliche Sympathie entgegenbringen kann, ist „Ostfriesisch für Anfänger“ doch ein Beispiel für die nicht sehr beliebte Rubrik „Gut gemeint, aber nicht wirklich gut gemacht“. Damit hat sich dann aber letztlich keiner einen großen Gefallen getan, weder ein Dieter Hallervorden, der mit einer nur sehr oberflächlich charakterisierten Figur deutlich hinter seinen letzten Filmrollen zurückbleibt, noch die Produktionsfirma, die einen eigentlich nur regional verwertbaren und für eine kleinere Bühne gedachten Stoff ins Kino-Rennen um die Publikumsgunst schickt.

Bilder: Copyright

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