Innerhalb der von „Demon Slayer“ kürzlich eingeleiteten kleinen Welle von aufwändigen Filmen zu bereits länger etablierten Anime-Serien folgt nun die Kinoproduktion zu „Chainsaw Man“. Und auch diesmal gilt: Es handelt sich dabei um eine direkte Fortsetzung der letzten TV-Staffel, was vermuten lässt, dass jeder, der die nicht gesehen hat, hier ziemlich verloren sein dürfte. Ein Ausschlusskriterium, dass bei dieser Art von Anime-Franchises aber offenbar einen zu vernachlässigenden Faktor darstellt, wie die beeindruckenden Box Office-Zahlen von „Demon Slayer“ belegen. Und ganz so arg ist es beim Kettensägenmann auch gar nicht: Außer der Grundprämisse, dass sich der junge Denji für den Kampf gegen diverse Teufel rekrutieren lassen musste und sich dafür dann regelmäßig in ein Zwitterwesen mit Kettensägenkopf und –armen verwandelt, braucht man tatsächlich nicht allzu viel Vorwissen. Die bunte Schar seiner „Kollegen“ lernen wir dann gleich zu Beginn kennen und aufgrund des eher bedächtigen Aufbaus der Handlung kommt man in diese somit auch recht problemlos rein.

Und das ist überhaupt das Überraschende an diesem Film: Man folgt konsequent der Manga-Vorlage des adaptierten „Reze-Arcs“ und beschäftigt sich dementsprechend ausführlich mit der emotionalen Verunsicherung von Hauptfigur Denji, der heimlich für seine deutlich selbstbewusstere Partnerin Makima schwärmt und vollends ins hormonelle Chaos stürzt, als er auch noch die leicht mysteriöse Reze kennenlernt. Die Sequenz, in der das Date mit Makima aus einer Abfolge von Kinobesuchen besteht, bei denen man am Ende zu der Erkenntnis gelangt, dass ein einzelner großartiger Film so wertvoll ist, dass er all die zuvor durchlittenen mäßigen Werke aufwiegt, lässt dabei das Herz eines jeden Cineasten höher schlagen und könnte sogar fast aus einem Woody Allen-Film stammen. Also fast.
Auch der Beginn der Beziehung zu Reze ist mit bemerkenswertem Charme und Witz umgesetzt, inklusive trockenem Humor und lakonischen Kommentaren, die genauso sympathisch wie realistisch wirken. Doch, doch: Das, was „Chainsaw Man“ in der ersten Hälfte präsentiert ist tatsächlich gut geschriebenes, mit passendem Timing erzähltes Coming of Age-Kino. Bevor dann natürlich doch die große Action losbricht und ordentlich gekämpft wird. Und zwar nicht nur mit Kettensägen, sondern auch mit mehr oder weniger menschlichen Haien, Körpern, die wie menschliche Bomben funktionieren und einem durchgehend deprimierten, Suizid gefährdeten Engel. Durchaus spektakulär und an mehr als nur einer Stelle auch ziemlich absurd anmutend, aber auch hier: Nicht durchgehend nur Action und nicht zum nicht enden wollenden Overkill ausgewalzt.

Die Animation und die gewählten Bilder sind dabei insgesamt nicht ganz so überwältigend wie beim Kollegen „Demon Slayer“, aber dennoch hübsch anzusehen und insgesamt etwas über dem üblichen Niveau der TV- bzw. Streaming-Serien. Und auch später bleibt halt immer noch Raum für einige ruhigere Momente, welche die ganze Tragik der Situation deutlich machen. Wird Denjis Unsicherheit und Naivität in Liebesdingen doch letztlich dazu ausgenutzt, ihn zu täuschen. Tragisch für einen verwirrten Teenager zumindest, aber das kann für diesen eben auch mal mindestens so bedeutend sein wie die Rettung der Welt vor Teufeln und Dämonen. Die Fans und Kenner der Serie dürften sowieso zufrieden sein und werden vermutlich auch gar nichts Anderes erwartet haben. Für alle Anderen könnte sich der „Chainsaw Man“-Kinofilm aufgrund seiner intelligenten und teils durchaus anspruchsvollen Erzählweise aber als positive Überraschung entpuppen.
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