Es stand nicht mehr allzu gut um die Star Trek-Franchise im Jahre 2001. Während lange Zeit sogar zwei TV-Serien gleichzeitig liefen und auch alle zwei Jahre ein neuer aufwendiger Kinofilm gedreht wurde, hatte das Interesse zuletzt doch stark nachgelassen. Was zum einen sicherlich an einer gewissen Sättigung des Publikums lag, andererseits aber auch an einer nicht zu leugnenden Einfallslosigkeit von Seiten der Autoren. Gerade die letzte Serie "Voyager" hatte es zum Schluss kaum einmal geschafft noch etwas wirklich Neues und Aufregendes zu präsentieren - zu viele Parallelwelten und Zeitverschiebungen, zuwenig Entwicklung der Charaktere, wie es noch in "Next Generation" und auch bei der lange unterschätzten "Deep Space Nine" doch so vorzüglich gelungen war. Es gab daher nicht wenige Stimmen, die der Auffassung waren aus "Star Trek" sei eben einfach die Luft raus.
Eine schwere Aufgabe also für die Produzenten, die ihren "Markenartikel" natürlich nicht so einfach sterben lassen wollten. Schließlich setzte sich die Einsicht durch, dass wohl nur ein wirklich radikaler Bruch mit den seit Jahrzehnten geltenden Star Trek-Konventionen das Interesse des Publikums neu entfachen könnte. Das Ergebnis dieser Überlegungen hieß dann "Enterprise" und führt uns zurück ins 22. Jahrhundert des Trek-Universums: Eine Zeit, in der die Menschheit gerade erst ihre ersten Vorstöße ins All unternimmt, das Beamen höchst unsicher ist und selbst die Heldentaten eines Captain Kirk noch in ferner Zukunft liegen (Eine pikante Fußnote ergibt sich dabei aus der Wahl des Titels "Enterprise" für den deutschen Markt, war dies doch auch der deutsche Fantasietitel, den das ZDF der ersten Serie in den siebziger Jahren verpasste - und sich damit quasi im Nachhinein noch als Prophet erweist).
Die vorgenommenen Änderungen an den bewährten Konzepten des Star Trek-Schöpfers Gene Roddenberry sorgten natürlich von Beginn an für entsprechende Kontroversen im Fandom. Kontroversen und Vorbehalte, wie sie auch bei jeder anderen neuen Serie bisher auftraten und die eigentlich für Toleranz und Offenheit stehenden Fans oft als erschreckend engstirnig erscheinen lassen. Dies zeigte sich zum Beispiel schon bei der erregten Diskussion über den gesungenen (!) Titelsong der neuen Serie, der vor einem Schnelldurchlauf durch die Geschichte der Raumfahrt abläuft und dabei die Trek-Welt frech mit unserer realen verbindet. Eigentlich gibt es über die Notwendigkeit und Richtigkeit dieser Frischzellenkur doch keine Zweifel. Und weil das so ist, gelang es "Enterprise" dann auch tatsächlich nach dem Start in den USA erst einmal zum Publikumshit und -Renner zu werden.
Und dies zu Recht, denn man hat sich hier wirklich Mühe gegeben und einiges einfallen lassen. Das beginnt bei der detailreichen und liebevollen Ausstattung, die ja zwangsläufig eine Art "downgrading" von Technik und Raumschiffen erfordert (eine Aufgabe, die in einer TV-Serie offensichtlich überzeugender gelöst werden kann als in den Special-Effects-Gewittern von George Lucas' "Star Wars"-Saga). Und da noch nahezu alles unbekannt und neu ist, ist dementsprechend auch so ziemlich alles möglich. Als besonders nützlich erweist sich dabei die Befreiung vom bisher festgelegten Verhaltenskodex der Föderation. Die neue Crew schaut erst mal, probiert dann dies und jenes aus und entscheidet sich dann meist für ein Vorgehen nach eigener Überzeugung - beim autoritären und prinzipientreuen Captain Picard undenkbar. Und gerade der von Scott Bakula verkörperte Captain Archer erweist sich dabei als Haudegen und "Hoppla, jetzt komm ich"-Polterer ganz alter Schule. Selbstherrlich, chauvinistisch und dabei sehr erfrischend.
Grundsympathisch und ausbaufähig, viel mehr ließ sich über die neue Besatzung nach den ersten Folgen ansonsten noch nicht sagen. Lediglich Archer und die ihm quasi als Aufpasserin zur Seite gestellte Vulkanierin T'Pol dürfen bereits von Anfang an ihre Persönlichkeiten ausleben und sich dabei hauptsächlich gegenseitig kritisieren.
Die Filmszene wird den gesamten Weg des neuesten Star Trek-Ablegers angesichts der nun anstehenden DVD-Veröffentlichung jedenfalls noch einmal kritisch und interessiert Revue passieren lassen.
Die Episoden der ersten Staffel machten dabei grundsätzlich schon mal Lust auf mehr. "This is not your usual Star Trek" klang es dabei aus fast jeder Szene und das war auch gut so. Wirklich überragende Folgen waren zwar bis auf den sehr gelungenen Pilotfilm "Aufbruch ins Unbekannte" und die brillante Teamplay-Episode "Vox Sola" noch nicht dabei. Aber eben auch keine wirklichen Ausreißer nach unten, und das war ja bisher keinesfalls selbstverständlich am Beginn einer neuen Star Trek-Serie. Nur wenige Episoden verfielen in dieser ersten Staffel in den Trott längst ausgelutschter Trek-Pfade, zu nennen wären hier die Klingonen in "Schlafende Hunde" oder das etwas langatmige "Freund oder Feind" mit einem ungewohnt entscheidungsschwachen Archer. Überzeugend dagegen die Verbindung mehrerer Handlungsstränge in "Das Eis bricht" oder der leichtfüßige Humor von "Zwei Tage auf Risa". Erwähnenswert außerdem der Beginn der durchgehenden Storyline um den "Temporalen Kalten Krieg" und natürlich das wirklich spannende Staffelfinale "Schockwelle", welches das erste Jahr der Serie mit einem ordentlichen Cliffhanger abschließt.
Wie bei allen Star Trek DVD-Veröffentlichungen geht das angebotene Bonusmaterial deutlich über das hinaus, was die meisten anderen Fernsehserien in dieser Richtung zu bieten haben. Auch hier erwarten den interessierten Fan wieder zahlreiche Hintergrundberichte und Statements der Beteiligten, teilweise etwas im Menu versteckt und hinter den Abbildungen des Raumschiffs zu entdecken. Einen Schwerpunkt bildet in dieser ersten Box naturgemäß der Weg bis zur Realisierung der Serie und selbstverständlich ist es Captain Archer, der als erster Charakter näher beleuchtet wird. Aber auch etwas ganz Neues hat man sich diesmal bei Paramount einfallen lassen, und lässt die Zuschauer daher erstmals mit einer "Outtakes"-Sammlung an einigen verpatzten Szenen teilhaben - und da sehen wir dann plötzlich sogar etwas so Unvorstellbares wie einen lachenden Vulkanier.
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