Demnächst in der Schlange für Popcorn und Softdrinks im örtlichen Kino: Ein grobschlächtiger Typ kommt hinter Ihnen an, rülpst Ihnen erstmal in den Nacken, grölt laut nach Met und will dann den pickligen Teenager hinterm Tresen vermöbeln, als dieser ihm mitteilt, es gebe die verlangte Barbarenschlachtplatte nicht im Angebot. Dieser Kerl hat wohl gerade eine andere Barbarenschlachtplatte hinter sich, nämlich "Conan, the Barbarian" und das Testosteron fließt noch immer.
Wer für altmodisches Schwertergemetzel inklusive abgeschlagener Gliedmaßen zu haben ist, der schließe sich dem vierschrötigen Oger hinter uns an. Denn selten hat ein Film seine Zielgruppe so klar umrissen wie dieser. Man bekommt das, was man von diesem Genre erwartet. Wollte man den Inhalt des Films im Vokabular der meisten seiner Protagonisten wiedergeben, klänge das etwa so: Aaargh! Rrrrr! Rrrah! Oder im Clever& Smart-Stil: Krach! Zack! Bumm! Rauf! Klopp! Das ist so ein bisschen, wie beim Wrestling hier: Muskelbepackte Männer in bizarren Outfits geben anderen muskelbepackten Männern in noch bizarreren Outfits kräftig aufs Maul. Extra gibt es noch schwarze Magie und große Monster sowie aparte Weibsbilder.
Die Story ist so simpel, dass sie eigentlich nur aus Chronistenpflicht gelistet wird: Der Barbar Conan (grimmig und athletisch: Jason Momoa) sucht den Mann, der einst seinen Vater (haarig: Ron Perlman) tötete, als Conan noch ein angehender Barbar war. Dieser Mann namens Khalar Zym (standardmäßig böse: Stephen Lang) sucht ebenfalls etwas: Die letzten fehlenden Teile einer mächtigen, mythischen Knochenmaske sowie eine junge Frau von (ähem) purem Necromancer-Blut (Rachel Nichols). Hilfreich zur Seite steht Zym seine Tochter Marique (bizarr, aber mit Spaß dabei: Rose McGowan). Im Weg steht dagegen bald ein ziemlich großer, zunehmend übelgelaunter Barbar...
"Conan" hat an den US-Kinokassen einen grandiosen Flop hingelegt, was aber eigentlich nicht sonderlich verwunderlich ist. Schließlich ist die Popularität des Schwertschwingers schon eine Weile her. Zum Zeitpunkt der filmischen Erstauflage von 1982 (mit einem jungen Arnold Schwarzenegger in der Titelrolle) sah das noch anders aus: In gleich drei verschiedenen Comicserien konnte man seine Abenteuer verfolgen, einem Leinwandabenteuer wurde entgegengefiebert. Genau der richtige Zeitpunkt für John Milius und seinen "Conan, der Barbar", der dann auch prompt zum Kassenschlager wurde. Mittlerweile sind nur noch die eingefleischtesten Fans übrig und selbst diese wollten verständlicherweise dem ausgemachten Remakes-in-den-Sand-Setzer Marcus Nispel nicht folgen. Der hat ja schon die Neuauflagen vom "Texas Chainsaw Massacre" und "Freitag der 13." versaut (sowie fürs TV eine moderne "Frankenstein"-Adaption) und zwischenzeitlich mit dem platten und langweiligen Indianer-gegen-Wikingergemetzel "Pathfinder" auch schon für Conan geübt. Dass letzterer Film ebenfalls gnadenlos gefloppt ist, hätte Nispel vielleicht warnen sollen. Und dass man dem Deutschlandexport überhaupt noch halbwegs vernünftige Budgets zur Verfügung stellt, um wieder ein Remake zu versauen, ist eigentlich auch nicht recht erklärbar. Schließlich macht Nispel mittlerweile Uns Uwe Boll Konkurrenz in Sachen Qualitätsstandards.
Dass also "Conan" jetzt zumindest kein absolutes Desaster geworden ist, ist dementsprechend schon mal eine gute Nachricht. Ebenfalls eine lobende Erwähnung wert: Die wieder mal nachträglich vorgenommene 3-D Konvertierung ist verhältnismäßig gut gelungen und eine der besseren ihrer Art, einzig am Anfang sorgen zu schnelle Schnitte dafür, dass es öfters etwas verschwommen wird. Aber mit laufender Spielzeit steigert sich die Darstellung der dritten Dimension, ebenso wie der Film selbst im Mittelteil stärker wird. Da wandelt sich der Film von einer leicht aufgemotzten Folge der "Herkules"-TV-Serie tatsächlich zu einem richtigen Abenteuer der großen Leinwand.
Ziemlich richtig gemacht hat man auch die Auswahl des neuen Barbaren. Der mächtige Hawaiianer Jason Momoa durfte sich bisher im TV (etwa in "Stargate: Atlantis") austoben, ob ihm mit dieser Rolle der Durchbruch auf der großen Leinwand gelingt ist fraglich. An Momoa selbst liegt das nicht, der macht das Wenige, was von ihm verlangt wird durchaus mit Charme. Man darf gar die gewagte These aufstellen, dass Momoa ein besserer Conan ist als Schwarzenegger. Dessen erster Anblick in Perücke und mit barbarischen Drohungen mit österreichischem Akzent ("Se Wimmen will wiep" etc.) luden doch eher zum Schmunzeln ein. Dass "Conan, der Barbar" trotzdem zu einer Art Klassiker wurde, hatte mit anderen Qualitäten zu tun: allen voran der großartige, wahrlich heroische Score von Basil Poledouris, dazu die imposanten Bauten und ein Faktor, der im Genre noch oft den Unterschied gemacht hat: Ernsthaftigkeit statt Camp.
Ziemlich ernst nimmt sich auch dieser Film, und das gereicht ihm zum Vorteil, aber nun müssen wir die größtenteils lobenden Worte doch einschränken. "Conan" macht viele Dinge nicht schlecht, aber der Film bleibt eben dennoch, was er ist: Ein tumbes Haudrauf, das nie ein wirklich guter Film sein kann. Überraschungen in der Geschichte bleiben gezielt aus, man weiß immer genau, was passiert. Und zum Kult der Erstauflage fehlen ihm dessen zumindest halbwegs clevere Einfälle.
Wie üblich sieht der Film unter dem ehemaligen Werbefilmer Nispel gut aus, aber eben auch so glatt und gelackt, dass ihm jegliche Einzigartigkeit abgeht. "Conan" gehört dank konstantem Unterhaltungswert auf niedrigem Niveau gar zu den Highlights von Nispels Filmographie, aber das ist wirklich nur sehr mildes Lob. Ein Film wie ein Burger von McDonalds: Richtig toll schmeckt das nicht, aber man weiß, was man bekommt. Und der grobschlächtige Kerl hinter Ihnen, der zwischenzeitlich nochmals gerülpst hat? Keine Angst, der will nur spielen.
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