Vor 1968 ahnte die westliche Welt noch wenig von der Existenz des Zombies. Die wenigen Eingeweihten, die von den Untoten wussten, hatten vielleicht von Voudoo-Riten gehört oder Jaques Tourneaus "I walked with a Zombie" gesehen, doch die Pop-Kultur hatte sich bis dahin für den Horrorfilm andere übernatürliche Bedrohungen wie Dracula und Frankenstein herausgepickt. Dann trat George A. Romero, ein eher unbekannter Filmemacher aus Pittsburgh, auf den Plan und drehte mit einem Mini-Budget "Die Nacht der lebenden Toten". Auf einen Schlag war der fleisch- und/oder hirnfressende Wiedergänger mit dem Hang zum Massenauflauf und langsamem Voranstapfen weltberühmt. Nicht nur Gruselfreunde waren von diesen Horrorgestalten begeistert, sondern auch den Kritikern wusste dieser rein handwerklich eher schwache Film durchaus zu gefallen: Romero schuf mit seinem Erstling eine zweifelsohne höchst eindringliche Parabel auf die amerikanische Gesellschaft, wie sie sich Ende der Sechziger Jahre darstellte. Über den gesamten Verlauf seiner Karriere hinweg blieb Romero dem Horrorfilm treu und beschäftigt sich nun - nach einer Pause von rund 20 Jahren - wieder einmal mit Zombies. Bedauerlicherweise scheint er dabei zu verkennen, dass sich das von ihm begründete Genre weiterentwickelt hat und mit Filmen wie "28 Days Later" und dem Remake von Romeros eigenem "Dawn of the Dead" ganz neue Maßstäbe gesetzt wurden.
"Land of the Dead" zeigt eine Welt, die bereits von den Zombies überrannt wurde, doch obwohl ganze Städte mittlerweile nur noch von den Untoten bevölkert werden, haben einige Menschen den Ausbruch der Zombieseuche überlebt und sich hinter hohen Mauern verbarrikadiert. Angeführt von Riley (Simon Baker) wagt sich ein Trupp von Unerschrockenen mitten unter die verwesten Kannibalen, um lebenswichtige Versorgungsgüter zu erbeuten und anschließend nach Fiddler's Green, eine Enklave der Lebenden, zurückzukehren. Möglich werden diese Exkursionen durch einen gewaltigen, von Riley konstruierten und schwerbewaffneten Panzerwagen mit dem klangvollen Namen "Dead Reckoning".
Trotz der offensichtlich apokalyptischen Zustände hat sich in Fiddler's Green eine Abart alter Gesellschaftsstrukturen erhalten: Der skrupellose Magnat Kaufman (Dennis Hopper) steht einem Konsortium wohlhabender Weißer vor, die als Kapitalisten aus Überzeugung weiterhin die einfachen Massen unterdrücken und ausbeuten. Unterstützt wird Kaufman unter anderem von einem Latino namens Cholo (John Leguizamo), der zugleich als Rileys rechte Hand bei den Streifzügen ins Zombie-geplagte Umland fungiert. Als Kaufman sich weigert, die mit Cholo getroffenen Vereinbarungen einzuhalten, stiehlt dieser "Dead Reckoning" und droht mit einem Angriff auf die Stadt. Nur Riley und sein geistig behinderter Gefährte Charly (Robert Joy) können Cholo jetzt noch aufhalten und die Stadt retten.
Schon zu Beginn des Films versucht Romero klarzumachen, dass irgend etwas mit der Zombie-Welt, die er in "Land of the Dead" zeichnet, nicht stimmt: Anstatt einfach nur herumzustehen und auf potentielle Opfer zu warten, scheinen viele der Untoten ihr gewohntes menschliches Verhalten nachzuahmen. Die Menschen hingegen wirken wie Eindringlinge, die in diese harmlose, wenn auch verstörende Gesellschaft einbrechen, um sie rücksichtslos zu zerstören. Die stark an "Mad Max II" und andere post-apokalyptische Dystopien erinnernden Fahrzeuge und die Kleidung der marodierenden Menschen tun dabei ihr Übriges um zu verdeutlichen, wer die eigentlichen Sympathieträger des Films sind - denn die Zombies tragen allesamt Alltagskleidung.
Der Kniff, die Monster zum tragischen Helden der Handlung zu machen, hat sich zwar bei anderen Klassikern des Horrorfilms als erfolgreich erwiesen (wie etwa in "Interview mit einem Vampir" oder in den werkgetreuen Adaptionen von "Frankenstein"), weiß den Zuschauer in diesem Fall allerdings nicht mitzureißen. Zombies eignen sich schlicht und ergreifend nicht als Sympathieträger: zum einen weil die von den Zombies ausgeübte Brutalität auf dem Genre-üblichen Splatter-Niveau verharrt, zum anderen weil der absolute Großteil der Untoten auch in "Land of the Dead" tumbe Killermaschinen sind und bleiben.
Die Zombiefilme der letzten Jahre wurden vor allem durch eine entscheidende Neuerung vorangebracht: den "schnellen" Zombie. So entwickeln die wandelnden Toten in "28 Days Later" ungeahnte Energien, wenn der Geruch von Menschenfleisch in der Luft liegt. Auch wenn das Remake des Romero-Films "Dawn of the Dead" in Sachen Kunstfertigkeit und Klasse nicht ganz an "28 Days Later" heranreichte, griff es diese neue Variante ebenfalls auf und setzte sie klug und effektiv ein. Es verwundert also ein wenig, dass ausgerechnet Romero sich dieser sinnvollen Änderung verschließt und statt dessen auf langweilig dahinstapfende Zombies setzt, die für den modernen Zuschauer wohl eher lächerlich wirken.
Doch nicht nur die Zombies wissen nicht zu überzeugen, sondern auch die Motive der menschlichen Akteure bleiben ebenso unklar und scheinbar beliebig - ganz wie die von Romero gezeigte Gesellschaft, die allzu viele Lücken und Widersprüche aufweist, als dass diese Darstellung einen wirklich in ihren Bahn schlagen könnte. Darüber kann auch nicht der offenkundige - um nicht zusagen: aufdringliche - politische Subtext des Films hinwegtäuschen. Vielmehr scheint die gezeigte Situation vollkommen überholt und nicht an aktuelle Strömungen und Entwicklungen der westlichen Gesellschaft angepasst.
Wo Romero mit "Nacht der Lebenden Toten" und "Zombie - Dawn of the Dead" dereinst Meilensteine des Horrorfilms setzte, kann er mit "Land of the Dead" leider niemanden so richtig zufrieden stellen: Die Handlung ist vorhersehbar und nicht besonders spannend inszeniert, die Action ist ob der Langsamkeit der Zombies allzu einseitig und die Figuren erscheinen ebenso wie das Setting flach und wenig durchdacht. Selbst Fans des Zombiefilms bekommen hier nichts geboten, was sie nicht schon an anderer Stelle besser hätten haben können. Wer also gern Zombies sehen möchte, sollte sich derzeit lieber zu einem Gang in die Videothek entschließen.
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