A World Beyond

Originaltitel
Tomorrowland
Land
Jahr
2015
Laufzeit
130 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 16. Mai 2015

Während bei der mega-erfolgreichen Super-Franchise "Pirates of the Caribbean" eine einzelne Attraktion aus dem Disneyland-Freizeitpark die ursprüngliche Inspiration war, ist die "Vorlage" für "Tomorrowland" sogar noch ein wenig diffuser, denn es handelt sich dabei um einen ganzen Abschnitt innerhalb von Disneyland [Anmerkung: Wir werden in diesem Artikel beim Originaltitel des Films bleiben; dass "Tomorrowland" in Europa einen anderen Verleihtitel trägt, hat lediglich kleinkarierte, rechtliche Gründe, da es seit 2005 unter dem gleichen Namen ein stetig wachsendes Festival für elektronische Musik gibt, welches in Europa die Namensrechte an diesem Titel hält. Darum musste Disney seinen Film für die hiesigen Märkte umbenennen, ebenso wie der amerikanische Ableger des Festivals einen anderen Namen nutzen muss, weil in den USA Disney die Namensrechte an "Tomorrowland" innehält]. TomorrowlandAls der selige Konzernvater und begeisterte Futurist Walt in den 1950er Jahren seinen ersten Freizeitpark konzipierte, war die Idee hinter Tomorrowland, den Besuchern einen Einblick in die mögliche Zukunft der Menschheit zu geben, und wie diese durch die Errungenschaften der Wissenschaft und kommende Technologien besser, schöner und aufregender werden würde. Im Laufe der Jahre hatte Tomorrowland in seiner Grundkonzeptionierung mit zwei permanenten Problemen zu kämpfen: Zum einen überrannten die tatsächlichen technischen Entwicklungen immer wieder die Präsentationen im Freizeitpark, so dass eine ständige Aktualisierung vonnöten war, um nicht bloß die Vorstellung der Zukunft von Gestern zu präsentieren. Zum anderen hat sich unsere Grundeinstellung zur Zukunft seit damals nachhaltig geändert: Wo man in den goldenen Tagen des Atomzeitalters in den 50er und 60er Jahren noch mit naivem Optimismus nach vorne blickte und sich sicher war, dass die Zukunft ein wundervoller Ort voller Glück und Magie sein würde, glaubt man heute im Zeitalter von Klimawandel und Globalisierung eher daran, dass die Zukunft ziemlich beschissen wird und die Menschheit froh sein kann, wenn sie die nächsten hundert Jahre halbwegs heil übersteht. 

TomorrowlandDiese Widersprüchlichkeit versucht nun Brad Bird in seinem neuen Film zu bearbeiten. Dass er und sein Film scheitern, hat indes weniger etwas mit der Ambivalenz von Tomorrowland und seiner inhärenten Philosophie zu tun, sondern mit kapitalen erzählerischen Schwächen, die auch die besten Absichten nicht unbeschadet überstehen können. In den ersten Szenen von "Tomorrowland" lernen wir seine zwei Protagonisten kennen: Frank Walker (George Clooney), Typ desillusionierter und entsprechend permanent grummeliger und pessimistischer Ex-Weltverbesserer/Erfinder, sowie Casey Newton (Britt Robertson), Typ ideenreiches, vorlautes und grundoptimistisches Energiebündel von einem Teenager. Was diese ersten Minuten des Films klar machen: Diese beiden grundverschiedenen Charaktere werden in klassischer "Buddy Movie"-Manier im Laufe der als großer Flashback angelegten Geschichte als Team zueinander finden, und zwar um etwas wieder in Ordnung zu bringen, was an einem ominösen Ort namens Tomorrowland gründlich schief gegangen ist, weswegen es nun (mal wieder) um die Rettung der Welt geht. Grundelemente der Story also soweit klar: Buddy Movie, Tomorrowland, drohende Katastrophe verhindern. Nur: Bis Casey und Frank sich in der chronologischen Erzählung tatsächlich erstmals gegenüberstehen und die Buddies also anfangen können, ihre Buddy-Chemie auszuspielen, ist der Film bereits zur Hälfte vorbei. Und als endlich erklärt wird, was genau eigentlich das Riesen-Problem in Tomorrowland ist und was es hier zu reparieren gilt, sind wir weniger als eine Viertelstunde vom Abspann entfernt. Was bedeutet: Die allermeiste Zeit dieses Films verbringt das Publikum damit darauf zu warten, dass es endlich richtig los geht. 

TomorrowlandDieser strukturelle Ansatz der Erzählung ist kurz gesagt verheerend, weil er allzu sorglos mit einem sehr wertvollen und sehr wankelmütigen Gut spielt: Der Geduld des Zuschauers. Schon während seiner Exposition hat es "Tomorrowland" überhaupt nicht eilig, gönnt sich erstmal einen extensiven Flashback in die Kindertage von Frank Walker, als dieser 1964 als genialer Nachwuchs-Erfinder zur Weltausstellung nach New York reist und dort von der kleinen Athena (Raffey Cassidy) und dem grimmigen David Nix ("Dr. House" Hugh Laurie) entdeckt wird. Via eines ganz besonderen Ansteck-Pins erhält Frank eine "Eintrittskarte" in eine besondere Parallelwelt, in der die klügsten Köpfe und Erfinder ungestört von den Hindernissen unserer normalen Welt mit ihren Bürokraten, Bossen und Bösewichtern an der Kreierung einer besseren Zukunft arbeiten können - Tomorrowland. 50 Jahre später treffen wir dann Casey, die als Ein-Mädchen-Sabotage-Crew den Rückbau der Space-Shuttle-Startrampe in Cape Canaveral und damit den Jobverlust ihres als Ingenieur bei der NASA arbeitenden Vaters verhindern will. Bis auch sie auf einmal in Besitz eines dieser mysteriösen Pins kommt und ziemlich merkwürdige Dinge zu passieren beginnen. 

Erst nach und nach findet Casey heraus, was es mit dem Pin und dieser faszinierenden Parallelwelt, in die er sie eintauchen lässt, auf sich hat. Und als sie dann sowohl Athena als auch Frank getroffen hat, könnte man Casey und damit auch uns Zuschauern eigentlich nun wirklich mal erklären, worum es hier eigentlich die ganze Zeit geht - oder man lässt es bleiben und begnügt sich weiter mit maximal schwammigen Dialogzeilen á la "Ich habe sehr lange nach jemandem wie dir gesucht", ohne darauf einzugehen, was an Casey denn so besonders ist und wobei genau sie denn nun helfen soll. TomorrowlandAthena als auch Frank wissen haargenau, was das Problem in Tomorrowland ist, aber zugunsten einer grässlich künstlichen Spannungskurve halten sie es nicht für nötig, das Casey zu erklären, bis man denn endlich (wieder) in Tomorrowland angekommen ist. Und Casey gibt sich aufgrund derselben künstlichen Spannungsdramaturgie auch mit den extrem dürren Antworten zufrieden, die sie bis dahin auf ihre nicht gerade wenigen Fragen erhält. 

So wird "Tomorrowland" über die längste Zeit zu einem ziemlich anstrengenden Geduldsspiel fürs Publikum, das enervierend lange darauf warten muss zu erfahren, was denn nun der Kern der Geschichte hier ist. Bis dahin gibt der Film sich Mühe, die Zuschauer mit ein paar gefälligen Action-Sequenzen voller Spezialeffekt-affiner Technik-und Waffen-Gadgets bei Laune zu halten, lauter Zeugs, das offensichtlich mal in Tomorrowland entwickelt wurde. Der tatsächliche Höhepunkt des Films ist denn auch weniger der Showdown in Tomorrowland selbst, sondern die Flucht aus Franks von bösen Schergen belagertem Haus in der Mitte des Films. Hier und an einigen anderen Stellen gelingt es dem Film durchaus, seine Momente zu entwickeln und auch ein paar Gags zu landen, die ordentlich zünden. Dies als auch die stellenweise sehr gut gelungene Inszenierung sind allerdings zugleich auch traurige Erinnerung daran, dass hier eigentlich sehr fähige Leute am Werk waren, und das dabei entsprechend eigentlich ein sehr viel besserer Film hätte rumkommen müssen. Gut, bei Birds Co-Autor Damon Lindelof, einem der zwei maßgeblich verantwortlichen Chefautoren von "Lost" könnte man mit böser Zunge sagen, dass er sich bestens damit auskennt, sein Publikum sehr lange im Dunkeln zu lassen und massive Erwartungen zu wecken, um diese dann kolossal zu enttäuschen. Doch Brad Bird, der immerhin schon zwei Oscars zuhause stehen hat für seine Pixar-Meisterwerke "The Incredibles" und "Ratatouille", und der noch vor J.J. Abrams eigentlich erste Wahl als Regisseur für den neuen "Star Wars"-Film war ("Tomorrowland" zuliebe aber dann absagte), ist an sich ein derart versierter und kluger Geschichtenerzähler, dass es kaum zu verstehen ist, wie ihm schon in der Grundanlage seines Films derart eklatante Fehler passieren können. 

TomorrowlandNicht zuletzt bleibt auch die Frage, ob man als Zuschauer mit der generellen Atmosphäre und dem Geist von "Tomorrowland" etwas anfangen kann. Der Film ist durchtränkt von eben jenem Idealismus, der auch seinerzeit Walt Disney bei der Konzeptionierung seines Freizeitpark-Tomorrowland antrieb, wirkt genau deshalb aber auch unweigerlich etwas naiv. Er gibt sich wahnsinnig viel Mühe, sein Publikum in kindliches Staunen zu versetzen angesichts der Wunder, die er präsentiert. Aber gerade weil er sich dabei so sehr anstrengt, ist er zum Scheitern verurteilt, weil ihm die nötige Leichtigkeit fehlt. Es ist ein bisschen als hätte Bird versucht, einen zweiten "Unheimliche Begegnung der dritten Art" zu machen, um zu spät zu merken, dass er leider doch kein junger Steven Spielberg ist. Mit dieser "Sehe und staune!"-Attitüde und seiner inhärenten Naivität qualifiziert sich "Tomorrowland" auf dem Papier eigentlich eher als ein Kinderfilm, nur dass er - als es am Ende dann endlich ans Eingemachte und den Kern der Sache geht - binnen weniger Minuten eine solch massive thematische Schwere entwickelt, dass kindliche Zuschauer hier kaum noch werden mithalten können. Und die Älteren, an die sich der zentrale große Monolog vor dem Showdown eigentlich richtet, sind zu diesem Zeitpunkt bereits so nachhaltig gelangweilt, dass sie wenig geneigt sein werden, dem Film nun noch ordentlich zuzuhören. 

"Tomorrowland" ist ein Film, in dem fraglos ein sehr gutes Herz schlägt, und der wirklich gute Absichten hat. Gut gemeint und gut gemacht sind aber bekanntlich zwei sehr verschiedene Dinge, und selten ist dieser Unterschied so deutlich zu Tage getreten wie hier. In einem Wort: Schade.

Bilder: Copyright

6
6/10

Ich habe den Film gerade im Flugzeug gesehen.
Einerseits fand ich viele der visuellen Ideen die man hier reingepackt sehr erfrischend, man kommt tatsächlich "ins Staunen", und es gibt einiges zu Entdecken –
Reflexionen auf die Ruinen sozialistisch-futuristischer Betonarchitektur, eine Hauptfigur die eine Mischung aus "kindlicher Kaiserin", Action-Superheld und Roboter ist, Erfindungen die tatsächlich direkt aus der Welt der Träume herübergerettet zu sein scheinen.
Da hatte ich teilweise eine Menge Spaß beim hinschauen.

Ich fand die moralischen Grauzonen in denen die Figuren teilweise agieren auch recht interessant und zum Nachdenken anregend.

Was mir den Film dann doch noch vermiest hat waren folgende Aspekte:

1) Die Arroganz mit der Disney-Ideologie sich hier als "Einziger Retter der Welt" präsentiert.

Dazu gehört zum einen die naive Idee dass "wir Träumer brauchen um die Welt zu retten".
Da ich mich definitiv selbst zu dem "Träumern" zähle die vom Ende des Films angesprochen werden kann ich nur sagen: Ideen sind für den der sie hat sicher faszinierend, aber was in der Welt in der wir Leben am Ende wirklich zählt ist ob man sie auch Umsetzen kann.

Die Botschaft "Hör nicht den Leuten zu die schlechtes Wetter/schlechte Nachrichten verbreiten, sondern baue stattdessen die Welt Deiner Träume": das ist archetypisch amerikanische Gehirnwäsche von der ganz übelkeitserregenden Sorte!
An einer Stelle wurde wenn ich mich richtig entsinne sogar gefragt "...ist der Klimawandel real... entscheide selbst!..." (ich paraphrasiere).

Es ist gut die Wichtigkeit der Fantasie zu betonen, aber ohne einen klaren/rationalen Blick auf die evidenten Probleme und korrekte Analyse von Ursache und Wirkung kann man definitiv z.B. keine Mondraketen bauen, schon garnicht die Welt retten.

Letztlich ist dieser Ratschlag "nicht auf die dunklen Dinge zu kucken sondern an die eigene Fantasie zu glauben" doch genau das was uns die Momentane situation getrieben hat und so viele Menschen unfähig und hilflos macht mit den realen Problemen umzugehen.
Disney freut sich natürlich wenn die Leute sich in virtuelle Disney-Realitäten flüchten!

2) Überzogene und deplazierte Comic-Gewalt, Inkohärenz der Handlung und unlogischer Kern-Bösewicht.
Irgendwas ist also schiefgegangen mit der "World of tomorrow", es scheinen todbringende Kampfroboter in unsere Realität überzuspringen.
Zum einen ist die Satire auf die amerikanische Polzei die in Form der maschinell-grinsenden Geheimagenten-Roboter (Matrix "Agenten" lassen schön Grüßen) ja ganz nett, aber die Gewalt die in dem Film gezeigt wird impliziert eine Geringschätzung menschlichen Lebens die die gesamte "Rette den Planeten"-Botschaft komplett unterminiert.
Die Hauptfiguren werden dauernd in Kämpfe auf Leben und Tod verwickelt deren Funktion in der Gesamthandlung sich dann als komplett unnötig erweisen – nur eingefügt um den Film irgendwie "aufregender" zu machen.
Woher sollen diese bösartigen Roboter denn nun überhaupt kommen, wer hat sie hergestellt hat u.s.w.?

Hätten sie es nur bei durch die Luft fliegenden Badewannen mit Aufprall-Airbags belassen und diese Todes-Strahlen die Leute a-la "War of the Worlds" in Staub zerlegen rausgelassen.

Ich schliesse mich daher auf meine eigene Art der Filmszene Kritik an, denn ich fand den Film letztlich sehr uneben, unlogisch, unzusammenhängend. Das ist besonders schade weil der Film dann auch wieder Elemente hat die absolut Genial und herzerwärmend sind.

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