Es war einmal eine märchenhaft schöne Prinzessin namens Giselle. Die lebte in einem (animierten) Land namens Andalasia; einem farbenfrohen, belebten, friedlichen Paradies, wie man es sich schöner nicht vorstellen kann. Zu ihrem vollkommenen Glück fehlt nur noch der passende Prinz, der ihr des Nachts in einem Traum erscheint. Die Prinzessin singt, und ganz Andalasia nimmt teil daran (ob es will, oder nicht). Auch Prinz Edward, ein wahrlich tollkühner Held, nimmt Notiz von ihr und ist sich auf Anhieb sicher: Dies ist die Frau, mit der er den Rest seinen Lebens verbringen wird. Er folgt der Stimme, rettet die Prinzessin vor einem Troll und verlobt sich mit ihr innerhalb weniger Minuten. Keine 24 Stunden später steht im prunkvollen Palast die Hochzeit an, doch Königin Narissa, die Mutter des Prinzen, führt Böses im Schilde, lockt Giselle in eine Falle und stößt sie in einen Brunnen, hinein in eine andere Welt. Und dort...
… war einmal ein Vater namens Robert (Patrick Dempsey, "Grey's Anatomy"). Der lebte gemeinsam mit seiner Tochter Morgan (Rachel Covey) in einer dunklen, bösen Stadt namens New York, in einer Welt, unserer Welt, ohne Happy End. Eigentlich möchte auch er demnächst heiraten, doch kommt ihm die Ankunft einer Prinzessin im Brautkleid namens Giselle (Amy Adams) dazwischen. Diese will in ihre Heimat zurück, doch auf Drängen seiner Tochter nimmt Robert sie zunächst bei sich auf. Und obwohl er sie eigentlich so schnell wie möglich wieder loswerden möchte, so ist er doch fasziniert von dieser Frau, der Unschuld in Person. Doch was er nicht weiß: Ein gewisser Prinz namens Edward (James Marsden) ist ebenfalls in New York "eingetroffen" - und möchte seine Prinzessin selbstverständlich wieder zurück.
Wieder einmal verschmelzen reale und gezeichnete Welt miteinander. Doch wo im Basketball-Abenteuer "Space Jam" beispielsweise Cartoon-Figuren und echte Menschen ihrem Wesen treu blieben, passen sie sich hier der jeweiligen Welt an. Die erste Viertelstunde spielt ausschließlich in Andalasia, einer wunderschön gezeichneten Welt, in der sich wohl jedermann wohl fühlen würde, wenn es dort nicht so verdammt kitschig zuginge. Mensch und Tier sind sich Freund, Liebe auf den ersten Blick existiert hier tatsächlich und das gewaltige Stimmorgan der Prinzessin vermag noch jeden Prinzen um den Verstand zu bringen. Es deutet sich hier schon an und spätestens im echten New York, wo Giselle die gesamte Stadt zum Mitsingen und -tanzen animiert, stellt sich die Frage: Sind das die übelsten Klischees? Oder ist das eine bewusst überspitzte Darstellung?
Weder das bisherige Schaffen von Regisseur Kevin Lima, noch das von Drehbuch-Autor Bill Kelly lässt vermuten, dass sie sich hier einen augenzwinkernden Spaß für die Erwachsenen erlaubt haben. Lima hat unter anderem "Tarzan" und "102 Dalmatiner" auf seiner Vita stehen, und im Falle von Kelly ist nur eines gewiss: Er ist sehr sprunghaft. In "Die Vorahnung" lässt er Sandra Bullock derzeit munter durch die Zeit hüpfen, und in "Verwünscht" sind es die verschiedenen Welten, zwischen den gewechselt wird.
Wie ernst sie ihre Geschichte hier meinen, ist nicht immer klar. Verweise auf "King Kong" und Andeutungen nur für Erwachsene bieten durchaus ironischen Humor, aber die konventionelle Lovestory der Art "öde und vorhersehbar" vermittelt einen ganz anderen Eindruck.
Auch das, was die Schauspieler hier zeigen, ist nicht so ganz leicht einzuordnen. Nehmen wir Amy Adams. Die hat für "Junebug" eine Oscar-Nominierung eingeheimst und spielt nun eine Prinzessin, die an einem Ort ist, wo sie weder sein will noch hingehört. Dabei ist Adams eigentlich permanent damit beschäftigt, erstaunt, verträumt, verliebt zu schauen, was aber teilweise in dermaßenes Over-Acting ausartet, dass das eigentlich nur noch volle Absicht sein kann.
Patrick Dempsey, bekannt als Dr. Derek Shepherd aus "Grey's Anatomy", hat wiederum eine denkbar ungünstige Rolle abgegriffen. Einerseits ist er dazu verdammt, sympathisch rüberzukommen, andererseits müssen seine mitunter zynischen Kommentare dem Zuschauer über so manch schmierige Passage hinweghelfen. Da diese Kommentare leider viel zu harmlos ausfallen und Dempsey viel zu brav bleibt (oder bleiben muss), wird der Zuschauer mit all dem überbordenden Kitsch aber doch mehr oder weniger allein gelassen.
Positiv bleibt der Auftritt von James Marsden (Cyclops aus der "X-Men"-Reihe) in Erinnerung, der seinen Prinzen mit solch einem Selbstverständnis von Überlegenheit durch New York stolzieren lässt, dass es eine wahre Freude ist. Für ein paar Minuten reicht's dann auch noch für Oscar-Preisträgerin Susan Sarandon als böse Königin; etwas Bemerkenswertes bleibt von ihrem Auftritt allerdings nicht haften.
"Verwünscht" ist ein märchenhafter Film mit Höhen und Tiefen. Da sitzt man manchmal minutenlang im Kinosessel und verzweifelt an der Frage: Meinen die das ernst? Und an anderer Stelle blitzt eindeutig richtig toller Witz auf. Wenn Giselle beispielsweise im Märchenland zu singen beginnt, dann lockt das alle niedlichen Wald-Bewohner an, die man sich nur vorstellen kann. Wenn Giselle später eines Morgens in New York ihre Stimme erklingen lässt, kommen ebenfalls die Tiere der Gegend hervor. Die sind in der dreckigen Großstadt nur nicht ganz so niedlich.
Kurz und knapp: Für Menschen älter als 12 lohnt der Kino-Besuch nicht. Den Jüngeren wird's gefallen. Zumindest die anwesende Schulklasse bei der Pressevorführung hatte ihren Spaß.
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