Sie ist schon ein kleiner Trend geworden, die "Amerikanisierung" interessanter asiatischer Filmstoffe. Kürzlich gab es mit "The Grudge" einen weiteren Horrorbeitrag zu diesem Thema, aber auch der herausragende Cop-Thriller "Infernal Affairs" wird uns bald in einer Hollywoodvariante begegnen. Auslöser dieser Welle war jedoch vor gut zwei Jahren der überraschende Erfolg des "Ring"-Remake unter der Regie von Gore Verbinski. Da dieser momentan aber mit gleich zwei neuen Folgen seines "Fluch der Karibik" beschäftigt ist, entschied man sich für die unvermeidliche Fortsetzung den Originalregisseur der ersten beiden japanischen "Ringu"-Filme zu verpflichten (wie auch schon bei "The Grudge" geschehen und damit offensichtlich ein weiterer kleiner Trend). Um jedoch gleich einer verständlichen Verwirrung vorzubeugen: Hideo Nakatas US-Version von "Ring 2" präsentiert eine völlig neue Geschichte und orientiert sich nicht etwa an seinem zweiten "Ringu"-Teil. Wobei das vielleicht die klügere Wahl gewesen wäre, denn der nun vorliegende Film bewegt sich zum Großteil doch recht orientierungslos im Raum.
So spielt das beeindruckende Todes-Video aus Teil Eins nur in den ersten Minuten eine Rolle und erfüllt noch einmal seine Aufgabe der Bestrafung allzu leichtsinniger Teenager. Dies geschieht erschreckender weise in dem kleinen Küstenort Astoria, wohin sich Rachel Keller und ihr Sohn Aidan nach den bekannten traumatischen Ereignissen zurückgezogen haben. Das Mädchen Samara, seines Zeichens furcht einflössende Hauptdarstellerin eines avantgardistischen kleinen Filmchens, versucht nämlich nun in erster Linie in unsere reale Welt zurückzukehren. Als Mittel zum Zweck und eine Art "Medium" dient ihr dabei der bereits in Teil Eins arg gebeutelte junge Aidan, dem diesmal noch weit übler mitgespielt wird. Als Rachel erkennt was Samara vorhat, muss sie zu extremen Maßnahmen greifen um ihren Sohn zu retten. Handlungen, die für Außenstehende unverständlich wirken und dazu führen, dass Rachel selbst in den Verdacht gerät, ihrem eigenen Sohn etwas antun zu wollen.
Die
erwähnte Eröffnungssequenz wirkt in der Tat wie eine reine
Alibi-Aktion für die Fans, um dann das offenbar
ausgereizte
Videospielchen zu beenden und sich eine neue Geschichte
auszudenken.
Ein an sich erstmal lobenswertes Vorhaben, dass uns dann
auch eine
Fortsetzung präsentiert, die eben nicht nur eine mühsam
kaschierte Wiederholung des Originals darstellt, welche
ihre eine
gute Idee bis zum geht nicht mehr ausschlachtet. Kein
endloser Teenager-Bodycount
also und damit auch kein Abgleiten in die
Horror-Endlosschleifen
eines "Halloween" oder "Freitag, der 13.". Ganz
im Gegenteil bleibt der Gewaltanteil gering und die
Opferzahl sehr
überschaubar.
Eine düstere Atmosphäre und nicht fassbare Bedrohungen
sollen dagegen das Publikum bei der Stange halten,
unterlegt von
der durchgehend unheilsschwangeren Musik Hans Zimmers. Der
Produktionsstandard
liegt dabei deutlich über dem Genreschnitt und gleiches
gilt
auch für die Darstellerriege, angeführt von der stets
sehr attraktiv ins Bild gerückten Naomi Watts und einem
der
besseren Kinderdarsteller Hollywoods in Person von David
Dorfman
(bemerkenswert dabei, dass genau wie in Teil Eins hier die
"männliche
Hauptrolle" wieder nur Staffage bleibt).
So, und nachdem wir nun den mutigen Ansatz, das hohe
Niveau und
die überdurchschnittlichen Schauspieler angemessen
gewürdigt
haben, wäre eine Erklärung für die trotzdem eher
mäßige Bewertung vielleicht angebracht. Die kommt jetzt
und lautet:
Was für eine öde und langatmige Geschichte. Leider, leider
erreicht diese zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise
die Spannung
und Dichte des
Vorgängers. Es gelingt einfach nicht, der faszinierenden
Schnitzeljagd
bei der Auflösung der Bilder aus dem Todesvideo hier
irgendetwas
ähnlich Packendes entgegenzustellen. Ebenso keine wirklich
überraschenden und erschreckenden Szenen wie im ersten
Ring,
Stichworte "Pferd" und "Fähre". Viel zu
lange bleibt völlig unklar wohin die Geschichte diesmal
eigentlich
gehen soll und erst in der letzten halben Stunde gelingt
es dann
doch noch, die Spannungsschraube mal etwas fester
anzuziehen - wobei
dies dann vor allem der gelungenen Einbeziehung des
Elements Wasser
zu verdanken ist.
Bis dahin ist der Zuschauer aber schon mehrmals in seinem
Sitz hin
und her gerutscht und hat sich gefragt, wann es denn nun
endlich
mal richtig losgeht und worauf das Ganze hinauslaufen
soll. Zudem
werden immer wieder Andeutungen gemacht, die dann im
Nichts verlaufen
und so wie sie jetzt dastehen auch keinen Sinn machen.
Genannt sei
hier exemplarisch die Szene bei Samaras Mutter
(Gastauftritt von
Sissy Spacek), in der angedeutet wird, dass es
offensichtlich schon
viele Versuche des Mädchens gab, andere Körper zu
übernehmen,
was dann eigentlich nicht mehr mit den Geschehnissen aus
dem ersten
Film zusammen passt.
Der Gesamteindruck von "Ring 2" lässt sich daher wohl am treffendsten mit "gepflegte Langeweile" beschreiben, und man weiß dann schlussendlich auch nicht so genau, was man davon halten soll. Respekt für den Mut, neue Wege zu gehen und einen recht anspruchsvollen Horrorfilm abzuliefern, steht die Enttäuschung über eine letztlich fade und kraftlose Inszenierung gegenüber. Die Fans des ersten "Rings" werden sicher zahlreich zur Fortsetzung ins Kino strömen, aber die meisten werden wohl enttäuscht wieder herauskommen.
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