Es ist in unserem ersten Schnuller, in unserem Spielzeug, im Auto, es ist eigentlich überall und auch schon in unserem Blut nachweisbar: Plastik. Aber womit umgeben wir uns hier eigentlich so sorglos? Was steckt im Plastik und was tut es mit uns und unserem Heimatplaneten? Diesen Fragen geht der Österreicher Werner Boote in seiner Dokumentation "Plastic Planet" nach und taucht ein in eine unbekannte Welt, in der Intersexfische (mit männlichen und weiblichen Fortpflanzungsorganen) in Flüssen schwimmen, Plastikmüllteppiche im Meer und östrogenartig wirkende Plastikinhaltsstoffe im Blutkreislauf. Werner Boote beginnt biografisch und zeigt Videoaufnahmen seiner Kindheit inmitten von "duftendem" Plastikspielzeug, dass er von seinem Großvater bekam, der in der Kunststoffindustrie arbeitete. Als Erwachsener warnt er nach jahrelanger Recherche vor den potenziellen Folgen unserer bunten Plastikwelt, trifft u. a. Kunststoffproduzenten aus Shanghai, den Entdecker des tausende Quadratkilometer großen Plastikteppichs im Nordpazifik, Charles Moore, den ehemaligen Präsident von PlasticsEurope (dem Verband europäischer Kunstofferzeuger), John Taylor, und die Politikerin Margot Wallström, die Wegbereiterin der wichtigen neuen Chemikaliengesetzgebung REACH (nun muss die Industrie selbst nachweisen, dass ihre Chemikalien unschädlich sind, und nicht mehr die überwachenden Behörden, dass die Stoffe gefährlich sind, wie es bisher der Fall war). Die Auswirkungen von Plastik auf den Menschen sind schwer absehbar, da in der Regel nicht bekannt ist, woraus dieses eigentlich besteht. Es wird auf Betriebsgeheimnisse verwiesen und so weiß ein Warenproduzent oft gar nicht, was tatsächlich in der Verpackung seiner Waren steckt. Gleichzeitig werden bei der Verbrennung von PVC giftige Dioxine freigesetzt und Weich-PVC kann laut Boote bis zu 70% aus schädlichen Weichmachern (Phtalaten) bestehen. Gerade diese gelten als gefährlich, denn ihre Wirkung reicht von krebserregend über reproduktionstoxisch bis zu fortpflanzungsgefährdend. Manche Phtalate sind in Europa verboten, aber unser Plastik kommt aus aller Welt, so dass dies keine Sicherheit gibt. Bei der Herstellung von Styropor wird krebserregendes Benzol eingesetzt, während PET, aus dem Getränkeflaschen hergestellt werden, gesundheitsschädigendes Acetaldehyd freisetzen kann, das über die enthaltene Flüssigkeit in unsere Körper gelangt. Von visueller Kraft sind besonders die Szenen des Films, in denen Werner Boote Familien in aller Welt ihr gesamtes häusliches Plastik in den Vorgarten stellen lässt und diese erschrocken feststellen, mit wie viel Plastik sie sich umgeben. An diesen Stellen schafft es Boote formvollendet, seinem Publikum nahezubringen, wie allumfassend das Plastik in jedem Winkel unseres Lebens steckt. Der "Duft" neuen Plastiks, den Boote in seiner Kindheit so liebte, ist übrigens ein Zeichen für gesundheitskritische Inhaltsstoffe. Die kann man ja einfach meiden, mag sich manch ein Zuschauer denken. Aber wenn man dann den speziellen Geruch der Innenausstattung seines neuen Wagens einatmet, wird man mit Sicherheit mächtig schlucken müssen. |
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