
Earl Brooks (Kevin Costner) führt das perfekte Leben. Der Verpackungs-Fabrikant ist allseits beliebt, glücklich verheiratet, hat eine Tochter, die das College besucht, und wurde soeben von der Handelskammer zum "Mann des Jahres" gekürt. Was braucht man mehr zum Leben? Earl zumindest hat sich abseits seiner so makellosen Karriere eines ganz besonderen "Hobbys" angenommen. Er spioniert Liebes-Pärchen aus, dringt in ihre Wohnungen ein - und bringt sie um. Angetrieben wird er dabei von Marshall (William Hurt). Zwei Jahre hatte dieser ihn in Ruhe gelassen, nun ist er zurück und überredet Earl zum nächsten Mord. Während die Polizei, allen voran die Ermittlerin Tracy Atwood (Demi Moore), wieder im Dunkeln tappt, wurde Earls Tat von dem Fotographen Smith (Dane Cook) beobachtet und festgehalten. Doch statt den wohlhabenden Geschäftsmann um Geld zu erpressen, hat dieser ganz anderes im Sinn: Er will mit dabei sein, wenn Earl das nächste Mal zur Tat schreitet.
Klingt zunächst nach einem durchschnittlichen Thriller mit etwas überdurchschnittlicher Besetzung. Ist aber ein gutes Stück mehr. Denn wer in Marshall, jener Person, die Earl zu den Taten anstiftet, einen gewöhnlichen Menschen aus Fleisch und Blut vermutet, der ist auf dem Holzweg. Denn Marshall existiert nur im Kopf von Earl. Wieder einmal haben wir es also mit einem Fall von multipler Persönlichkeit zu tun. Ein düsteres Meisterwerk aus den späten 90ern lässt grüßen. Diente die Persönlichkeitsstörung damals als überraschende Pointe, ist sie hier die Prämisse der ganzen Geschichte und wird auf ungewöhnliche Art in Bilder gefasst. Earl selbst ist sich seiner Krankheit bewusst und führt vor den Augen des Kino-Publikums Gespräche mit seinem zweiten Ich. Für die Charaktere innerhalb des Film-Universums existiert natürlich nur Earl, und sonst niemand.
Überraschen kann es da nicht, dass sich gerade diese Dialoge zwischen Earl und Marshall, Costner und Hurt, vom Rest des Films deutlich abheben. Während Marshall auf Earl einredet und ihn vom nächsten Mord überzeugen will, möchte dieser endlich in Ruhe gelassen werden. Zwei Jahre hat er es geschafft, "clean" zu bleiben, doch das ist nun vorbei. Brillant und nicht selten witzig wird es immer dann, wenn die Beiden "gemeinsam" Lösungen für ihre Probleme suchen. Zum Beispiel wie sie am Besten mit dem aufdringlichen Fotographen verfahren. Auch Earls Tochter Jane (Danielle Panabaker) wird noch zum echten Problemfall, aber am Allerwenigsten deshalb, weil sie das College geschmissen hat.
Was diesen Teil der Handlung betrifft, ist Regisseur Evans und seinem Mit-Autor Raynold Gideon nichts vorzuwerfen. Die Dialoge sitzen. Härte, Spannung, Humor und menschliches Drama sind gut ausbalanciert, die Inszenierung ist erstaunlich souverän und unaufgeregt. Und selbstverständlich: Zwei alte Haudegen wie Costner und Hurt blühen in diesen Rollen richtig auf, harmonieren prächtig miteinander. Einen ohne Einschränkungen empfehlenswerten Kino-Film hätte das ergeben können, doch leider bleibt es eben nicht bei diesem einen Handlungsstrang.
Parallel dazu setzt Demi Moore als Ermittlerin alles daran, den Serienkiller zu stoppen, was als Handlungsstrang an sich durchaus eine Daseinsberechtigung besitzt. Dumm nur und außerordentlich ärgerlich, dass Demi Moore einmal mehr beweist, dass sie ihre besseren Tage schon hinter sich hat, und ihr Subplot zudem an Belanglosigkeit schlicht nicht zu überbieten ist. Da gesellt sich noch ein Ex-Mann hinzu, der eine gehörige Abfindung verlangt, sowie ein richtig düsterer Schatten aus der Vergangenheit, der ihr nach dem Leben trachtet, was in einer konfusen, sinnlosen Ballerei endet. Aber wen das nun interessieren soll, das bleibt das große Rätsel.
Wirklich schade drum. Aus "Mr. Brooks" hätte ein intelligenter, überraschender, hervorragend gespielter Thriller werden können. So gibt es in diesen Belangen Abstriche, und zwar immer, wenn der Fokus vom persönlichkeitsgestörten Protagonisten abrückt. So zwiegespalten wie der ist im Übrigen auch der Eindruck, den das Finale hinterlässt. Da präsentiert Evans scheinbar eine denkwürdige letzte Szene, wie sie gemeiner und bösartiger nicht hätte sein können, opfert sie jedoch zugunsten einer anderen Lösung. Die ist nicht schlecht, in dem Moment aber nicht willkommen.
Neuen Kommentar hinzufügen