It Follows

Originaltitel
It Follows
Land
Jahr
2014
Laufzeit
100 min
Genre
Release Date
Bewertung
9
9/10
von Simon Staake / 26. März 2015

Wenn in einigen Wochen „It Follows“ auch in deutschen Kinos anläuft, kann man zufrieden denken: Manchmal setzt sich Qualität eben doch durch, auch ohne große Namen. Denn sowohl Regisseur David Robert Mitchell als auch seine Darstellerriege an Jungschauspielern – aus der besonders Hauptdarstellerin Maika Monroe hervorsticht – sind so gut wie völlig unbeschriebene Blätter. Und nachdem „It Follows“ letztes Jahr in Cannes Premiere feierte und dann eine Festivaltour begann (in deren Rahmen manch deutsche Zuschauer den Film schon während des Fantasy Filmfest 2014 sahen), folgt nun auch endlich ein regulärer Kinostart. Danke an Weltkino Filmverleih, dass sie sich nach einiger Überlegung entschlossen haben, „It Follows“ in die Kinos zu bringen. Andererseits: Kann man der Nase von Harvey Weinstein misstrauen? Der hat letzte Woche aufgrund fabulöser Einspielergebnisse auf nur vier amerikanischen Kinoleinwänden kurzfristig einen Massenstart auf über 1.200 Leinwänden angesetzt. Aufgrund der sehr positiven Mundpropaganda riecht Weinstein hier einen möglichen Hit – und er hat hoffentlich recht. Denn mit diesem Film gelingt David Robert Mitchell nicht weniger als der beste und eindrucksvollste Horrorfilm seit Jahren.

Die junge Jay (Maika Monroe) hätte sich ihr Date wohl doch etwas besser aussuchen sollen. Zwar wirkt Hugh (Jake Weary) bei ihrem gemeinsamen Kinobesuch etwas nervös, aber das will ja noch nichts heißen. Doch nachdem die beiden miteinander geschlafen haben, ist alles anders. Jay hat sich mit etwas infiziert, etwas schwer Begreifbarem: Es kann die Form jedes Menschen um dich herum annehmen, aussehen wie dein bester Freund oder ein kompletter Fremder. Es bewegt sich langsam, aber stetig. Es darf dich nicht berühren. Und es folgt dir. Gemeinsam mit ihrer Schwester Kelly (Lili Sepe), und deren Freunden Paul (Keir Gilchrist) und Yara (Olivia Luccardi) sowie dem Nachbarjungen Greg (Daniel Zovatto) versucht Jay, mehr über das mysteriöse Wesen herauszufinden. Wohlwissend, dass sie immer auf der Hut sein muss. Denn „es“ folgt ihr...

Was für ein simpler wie genialer Titel, der vermutlich auch deshalb überall im Original beibehalten wird. „It Follows“ - „es folgt dir“ - braucht man da eigentlich noch mehr zu sagen? Da draußen ist etwas, und es wird dich verfolgen, gnadenlos. Nur das muss man wissen, nur das zählt. So simpel und genial wie der Titel ist auch die Prämisse des Films. Eine unbekannte Bedrohung, die unaufhörlich auf dich zukommt und sich von nichts stoppen lässt – mal ehrlich, gibt es etwas Furchteinflößenderes? Sowohl im Genre als auch etwas außerhalb haben sich ganze Filme auf diese Angst gestützt, darunter solche Klassiker wie „Der Terminator“ und „Halloween – Die Nacht des Grauens“. An letzteren Film muss man während des Betrachtens von „It Follows“ desöfteren denken, aber nicht etwa, weil Mitchell seinen Film als offensichtliche Hommage an den Altmeister angelegt hat, sondern weil seine Betrachtung von bedrohten Teenagern im mittleren Westen fast automatisch an Haddonfield und seine Plage Michael Myers erinnert. Und war nicht Myers selbst der Archetyp einer unfassbaren Bedrohung, die sich langsam und unaufhaltsam nähert?

Man muss beim Betrachten von „It Follows“ an viele der Referenzen des fantastischen Kinos denken. Eine durch sexuellen Kontakt übertragene Bedrohung in korporeller Form? Da klingt der Bodyhorror eines David Cronenberg an. Und in der Szene, in der Jay nach Sex mit Hugh verträumt im Auto liegt und man nur ihre rotlackierten Fingernägel durch grüne Grashalme streichen sieht, muss ich direkt an „Blue Velvet“ denken. Egal, welche Assoziationen man hat, das Geniale an „It Follows“ ist, dass Mitchell nicht offensichtlich Genre-Hommagen betreibt und daher sich niemals des Verdachts aussetzen muss, hier auf billiges Verweisen zu setzen. Dieser Horrorfilm ist sich seiner Traditionen bewusst und lässt diese – wenn auch nur unterbewusst – aufblitzen, aber er ist auch völlig sein eigener Film.

Und wo wir schon bei David Lynch waren: Michells Welt hier folgt einer Traumlogik, die sich auch im Schauplatz und den Details des Films widerspiegelt. Die alten Schwarz-Weiß-Fernseher, Deko und Mode scheinen den Film in den frühen 1980er Jahren zu verankern, andererseits haben die Figuren hier Handys und Yara einen E-Reader, der den Film ins Hier und Jetzt verfrachtet. Mutwillig spielt Mitchell mit dieser eigenwilligen, desorientierenden Mischung. Dazu findet er einige wirklich freakige Schockmomente und beeindruckende Darsteller für die unbekannte Bedrohung. Die Sequenz, in der „es“ Jay in ihrem Haus heimsucht, ist dafür das beste Beispiel. Trotzdem wir im Publikum ahnen, dass „es“ irgendwo lauert, setzt Mitchell diese Sequenz kongenial um. Die psychosexuelle Komponente des Films, in der „es“ oftmals halbbekleidet oder nackt oder in Form von Familienmitgliedern auftaucht, gibt der Bedrohung eine perverse und entnervende Note.

Wie sehr Mitchell in nur seinem zweiten Film Meister der filmischen Umsetzung ist, zeigt seine Arbeit mit dem Bildausschnitt, unterstützt von der exzellenten Kameraarbeit von Mike Gioulakis, und auch warum der Film – obwohl ursprünglich mit Minibudget für eine Heimvideoauswertung gedacht – eigentlich nur auf der großen Leinwand funktioniert: Nachdem Mitchell die Art und das Vorgehen seiner Bedrohung klargemacht hat, verbringt der Zuschauer den Rest des Films damit, ständig den Bildhintergrund auf mögliche Gefahren abzusuchen. Das ist so ein bisschen so wie beim Kapserletheater, wo das Kinderpublikum den Kasper vor dem hinter seinem Rücken auftauchenden Krokodil warnt. Jede irgendwo im Hintergrund oder am Bildrand auftauchende Figur ist eine potenzielle Bedrohung, so dass sich trotz des gemächlichen Erzähltempos eine enorm nervenzerrende Grundstimmung aufbaut. Mitchell gelingen dadurch mehrere denkwürdige und fabulöse Sequenzen, etwa bei Jays Versuch, in dessen High School mehr über den mysteriösen Hugh herauszufinden. Die Kamera macht einen ganz langsamen 360°-Schwenk, wir sehen dabei im Vorbeigehen draußen jemanden Richtung Kamera kommen. Ist es nur eine harmlose Studentin? Oder „es“? Während die Kamera unerträglich langsam ihren Weg fortsetzt, fragt sich der Zuschauer: Falls das „es“ war, wie schnell wird es vorangeschritten sein, während die Kamera ihren Weg macht? Auch eine Szene am Strand, als die Teenager an ein Landhaus am See geflohen sind, arbeitet mit dieser Spannung. Wir sehen eine Figur im Hintergrund langsam auftauchen. Dann schneidet Mitchell in die andere Richtung und lässt den Zuschauer für schweißtreibende Sekunden im Ungewissen. War da wirklich jemand? „Es“? Wenn ja, wie weit wird „es“ vorangeschritten sein, wenn die Kamera endlich wieder in die Gegenrichtung schaut?

Was „It Follows“ neben seiner Prämisse und deren Umsetzung weit über den kümmerlichen Durchschnitt des Horrorgenres heraushebt ist seine audio-visuelle Umsetzung. Alleine der Prolog des Films setzt hier den Standard: Noch bevor wir etwas sehen, hören wir die ersten Töne des genialen Synthscores von Disasterpeace. Dröhnend und basslastig wummern sie über die noch schwarze Leinwand und von dieser Sekunde an packt einen dieser Film und lässt nicht mehr los. Es folgt eine denkwürdige Anfangssequenz, in der eine junge Frau aus dem Haus rennt, in Panik und zu Tode verängstigt, aber wir können nicht sehen, was sie ängstigt. Sie fährt an den Strand, ruft ihren Vater an und entschuldigt sich bei ihm dafür, dass sie manchmal so ein Miststück gewesen sei. Es klingt wie ein letzter Anruf. Dann sieht sie erschreckt auf, aber im Gegenschnitt sehen wir nichts. Ein brutaler Schnitt, eine brutale Szene folgen. Und eine Frage, da Mitchell wieder unerklärliche und unerklärte Details eingebaut hat: Warum trägt sie rote Stöckelschuhe?

„It Follows“ sieht aus und klingt wie kein anderer Film seines Genres, auch wenn Disasterpeaces Retro-Synth-Score nochmals eindeutig an John Carpenters klassische Minimalistenfilmmusiken erinnert. Zusammen mit der wie schon erwähnten mysteriös gemischten Ausstattung und der Traumlogik der Geschichte entwickelt sich „It Follows“ zum „Drive“ des Horrorgenres: eine spektakuläre audio-visuelle Leinwanderfahrung, die sich zwar Genreelemente bedient, diese aber nicht in den Vordergrund rückt. Der Vergleich mit Nicolas Winding Refns Meisterwerk ist übrigens auch ein guter Litmustest fürs Publikum, da sich „Drive“ zum Actionthriller verhält wie „It Follows“ zum typischen Teeniehorrorfilm.

„It Follows“ ist über weite Strecken so packend und fantastisch umgesetzt, dass man eigentlich gar nicht darüber sprechen will, dass der Film auch Schwachpunkte hat. Aber man muss es sagen: Die simple Prämisse des Films und Mitchells Desinteresse an Genre-typischen Detektivspielen (oftmals geht es in „Fluch“-Filmen ja darum, die Herkunft des Geists zu ergründen) sorgen dafür, dass man eben nur so und so viele Attacken in verschiedenen Varianten zeigen kann, bevor dem Film etwas die Puste ausgeht, und man kann demnach nicht verhehlen, dass der Film nach etwa zwei Dritteln und der angesprochenen Sequenz am Landhaus etwas an Fahrt und Bedrohung verliert. Und auch wenn der Showdown in einem Schwimmbad von Mitchell als Parodie auf die großen Fallen und Pläne in Horrorfilmen angelegt ist, so ist nicht zu leugnen, dass dieser etwas konfus und nicht so nervenzerfetzend daher kommt wie erhofft.

Aber das sind kleine Kritikpunkte, von denen sich niemand abhalten lassen sollte. Denn über den Großteil seiner Laufzeit ist „It Follows“ das Faszinierendste und Beeindruckendste, was man im Genrekino zurzeit irgendwo sehen kann. Und zudem ein nachhaltiges Erlebnis, denn eines kann man ganz klar sagen: „It Follows“ stimmt auch für diesen Film – dieser Albtraum wird einen noch lange nach dem Filmabspann verfolgen.

Bilder: Copyright

7
7/10

Der Film ist ruhig erzählt und die audiovisuelle Gestaltung sehr gut gelungen. Die Idee des Films ist simpel und genial. Was mich dann aber enttäuscht hat war die Ausarbeitung.
LEICHTE SPOILER Es macht keinen Sinn dass der Verfolger die Verfolgten nie im Schlaf überrascht. Die Idee mit der 360° Kamera um potentielle Gefahr darzustellen ist schön, letztendlich aber doch nicht spannend, denn es ist klar, dass der Verfolger immer nur jemand sein kann, der sich auch gerade auf unsere Heldin zubewegt. Warum kommt der Verfolger meist in so unglaublich auffäliger Gestalt daher? Warum meistens nackt? Warum setzen sich die Verfolgten mit dem Rücken zum Dickicht und dem Gesicht zum Meer? Erwarten sie den Verfolger von da? Solche Sachen machen irgendwie keinen Sinn und ausserdem scheint "es" auf der einen Seite Türen öffnen zu können, dann aber auch irgendwie nicht. SPOILER ENDE
Alles in allem ein hübsch gefilmter Streifen mit ganz gutem Soundtrack, bei dem man das Gefühl hat, dass bei der guten Idee viel mehr Spannung drin gewesen wäre.

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4
4/10

Habe mir den Film aufgrund der guten Kritiken hier angeschaut. War ein Fehler. Die Szenen sind voraussehbar und das Ende ist mies. Der Film ist langatmig und das kosmische Musikgeplänkel zwischendurch erinnert an einen miesen Handy-Klingelton.

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3
3/10

Wir waren geschockt. Paralysiert ein bisschen. Und sprachlos. Denn, wie in Herrgotts Namen, kann sich diese grandiose Rezension auf das beziehen, was wir gerade gesehen haben? "Der beste und eindrucksvollste Horrorfilm der letzten Jahre? Die Hauptdarstellerin sticht ganz besonders hervor?" Das kann doch nicht ihr ernst sein? Was hatten wir uns als eingefleischte Horrorfans nach dem Lesen dieser Rezension auf den Film gefreut! Monatelang. Und dann so etwas! Selbst als außerordentlich großer "Winding Refn-Fan" und "Grusel-Liebhaber" ist dieser komatöse, in sich selbst ruhende, fürchterlich doofe und vor allem todlangweilige Film kaum zu ertragen. Der stoische Gesichtsausdruck der Hauptdarstellerin im Emo-Dauerschleifenmodus, ihre Teenager-Freunde, deren einzige Daseinsberechtigung darin zu bestehen scheint, im Schneidersitz irgendwie um sie herumzusitzen, und das völlig unmelodische, zutiefst peinliche Synthie-Geplänkel sind sicherlich in dieser Form cineastisch gesehen einmalig, aber ganz eindeutig im negativen Sinne. Lediglich in einem Punkt können wir dem Rezensenten zustimmen: die Idee mit dem schnarch-langsamen Etwas, das einem unabdingbar folgt, wäre an sich richtig gut gewesen. Aber was einem hier mit zitternder Handkamera dargeboten wird ist eine Qual. Wenn Winding Refn mit seiner Kamera gnadenlos und minutenlang Mads Mikkelsens zerfurchtes Narbengesicht (Walhalla Rising) oder Ryan Goslings hübsches und gleichermaßen emotionsloses Konterfei (Drive) einfängt ist das für die meisten Zuschauer große Unterhaltung. Wenn sich aber ein Anfänger wie David Robert Mitchell ähnliche Spielereien mit den ausdruckslosen Babyvisagen seiner blutjungen Protagonisten erlaubt, ist es einfach nur hochgradig peinlich. Umso ärgerlicher, weil der Film grundsätzlich ein paar Dinge richtig zu machen versucht: er hält sich nicht mit langen Erklärungen auf, was bei ähnlich gelagerten Horrorfilmen oft den störend langweiligen Mittelteil ausmacht, hier aber den Zuschauer nur absolut ratlos zurücklässt. Er meint mit einem außergewöhnlichen Synthie-Soundtrack gängige Hörgewohnheiten zu durchbrechen, erzeugt aber nur resignatives Kopfschütteln, weil die Töne völlig daneben klingen, wie von einem Kleinkind erzeugt. Und er glaubt den Zuschauer in Schrecken versetzen zu können, indem er ihm ein paar normale Menschen als das "Etwas" zu verkaufen versucht, ohne zu berücksichtigen, dass sich diese viel zu schnell, oder in die falsche Richtung bewegen, um als Gefahr durchzugehen. Das waren die guten Dinge, die zumindest im Ansatz versucht wurden. Leider glänzt der Streifen aber vielmehr mit dämlichen Logiklöchern: Da das "Etwas" nur sehr langsam gehen kann, müsste die infizierte Person nur mit dem Flugzeug in einen anderen Kontinent fliegen (zugegebenermaßen kein leichter Schritt). Aber dann wären ihr auch ein paar Jahre gegeben, um bei der nächsten Begegnung einfach wieder zurück zu fliegen. Hier aber pendelt unsere infizierte "Heldin" zwischen Strand, Schule und (Achtung!) Nachbarshaus. Dumm, dass diese Locations alle nur ein paar Gehminuten auseinanderliegen. Und fragen darf man sich auch, warum unsere "Helden" glauben, das "Etwas" mit einem Stromschlag vernichten zu können, nachdem Pistolenkugeln und andere physische Attacken durch die Bank wirkungslos waren. Und großes Glück im Unglück scheint auch zu sein, dass unser "Etwas" die Nachtruhe zu schätzen weiß. Nein, nein und nochmals nein! Dass hier ist ein Rohrkrepierer, der trotz seiner grundsoliden Idee in der Umsetzung auf ganzer Linie scheitert. Die wenigen unheimlichen Momente gehen in den gähnend langweiligen Großaufnahmen (rotlackierte Fingernägel, nichtssagende Gesichter, marode Gebäude, 3D-Autofahrten, herumsitzende Teenager) völlig unter. Nein, danke, setzen, sechs.

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1
1/10

Mir ging es genau wie Gingi.
Selbst wenn man mit Erkältung und gebrochenen Beinen im Bett läge, wäre der Film noch Zeitverschwendung.

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