Steven Knight ist zweifellos ein großes Regie-und Autorentalent. Von ihm stammte beispielsweise das ausgeklügelte Buch zu David Cronenbergs „Eastern Promises“, und in „No Turning Back“ schickte er Tom Hardy als einzigen Darsteller auf eine neunzigminütige Autofahrt. Bei seinem neuesten Streich „Serenity“ wagt er nun aber etwas, was – zumindest an der Kinokasse – eigentlich nicht aufgehen kann. Er verspricht dem Publikum eine Art Neo-Noir-Thriller in exotischer Kulisse, starbesetzt mit Matthew McConaughey und Anne Hathaway als Liebespaar mit diabolischem Mordplan. So scheint es zumindest, doch im letzten Drittel vollzieht der Film, der bei uns den komplett sinnfreien Titel „Im Netz der Versuchung“ trägt, eine Metamorphose zu etwas völlig Anderem.
Der Kriegsveteran Baker Dill (Matthew McConaughey) hat sich auf eine paradiesische Insel zurückgezogen, fährt mit seinem Boot Touristen zum Hochseefischen raus und fühlt sich wohl in der unverbindlichen Beziehung mit der Pensionswirtin Constance (Diane Lane). Das einzige was ihn wirklich zu interessieren scheint ist seine fast schon fanatische Jagd auf einen großen Thunfisch, doch all das ändert sich als eines Tages die Vergangenheit in Person seiner Ex-Frau Karen (Anne Hathaway) in Plymouth Island auftaucht. Die bittet ihm um Hilfe und darum ihren neuen, gewalttätigen Partner Frank (Jason Clarke) umzubringen, damit sie und ihr Sohn Patrick, dessen leiblicher Vater Baker ist, endlich ein freies Leben führen können. Ein Angebot, dass Karen ihrem Ex mit 10 Millionen Dollar Belohnung versüßen will – doch der zögert.
Es gibt von Anfang an ein paar Kleinigkeiten, die einen stutzig machen könnten. Sind der Himmel und das Wasser nicht vielleicht etwas zu blau und die Farben allgemein etwas zu künstlich? Sind die Figuren, vom gutmütigen, warnenden Sidekick, über die stets verfügbare, anspruchslose Geliebte bis zur in extrem auffälligem Outfits auftretenden Femme Fatale Karen nicht etwas zu klischeehaft geraten? Warum kommt ein innovativ arbeitender Flimemacher uns mit so einer konventionellen Anordnung daher? Doch dann ist da ja auch noch dieser seltsame, in einen schwarzen Anzug gekleidete Mann, der Baker gerne einen offenbar ganz besonderen Koffer übergeben möchte, ihn aber stets um wenige Sekunden verpasst. Irgendwas ist also von Beginn an merkwürdig hier und sorgt dafür, dass die Geschichte von „Serenity“ nicht ganz stimmig wirkt.
Nun, Steven Knight ist natürlich nicht plötzlich zum schlampig-unfähigen Autor mutiert, es hat schon alles seinen Sinn hier, doch um den zu erfassen muss man sich eine gute Stunde gedulden bis der alles umwälzende Twist offenbart wird. Und sich dann dafür entscheiden sitzen zu bleiben, was vermutlich nicht jeder Betrachter tun wird. Stattdessen dürfte der eine oder andere spätestens nach dem Abspann verärgert den Saal verlassen und sich fragen was das denn bitte für ein Quatsch war. Versprochen hatte man ihm in Werbung und Vorschau schließlich einen echten Hochglanz-Thriller im Geiste von „Der talentierte Mr. Ripley“ oder „Basic Instinct“. Bekommen hat er am Ende eine philosophisches Gedankenspiel und eine Abhandlung über den freien Willen des Menschen. Was vielleicht schon mehr ist als man überhaupt verraten darf, um den (voraussichtlich wenigen) potentiellen Zuschauern nicht das Vergnügen zu nehmen. Wer es nicht lassen kann, werfe einen Blick auf die in den Stabangaben gewählte Genrezuordnung.
Die übliche Bewertung von Darstellerleistungen und den Feinheiten der Inszenierung ist hier dann auch ziemlich obselet. Denn dort wo überzogen und zu dick aufgetragen wird hat es halt seinen Grund. Formulieren wir es daher mal so: „Gespielt“ wird hier durchaus überzeugend. So richtig rund wirkt das Gesamtwerk am Ende allerdings nicht, das Konstrukt ist nicht ohne Schwächen und letztlich auch gar nicht mal so wahnsinnig tiefsinnig. Es ist aber auf jeden Fall sehr gewagt was Knight hier versucht und warum es, wie bereits erwähnt, an der Kasse nicht funktionieren kann, ist klar: Wer gerne das bekommen hätte was ihm bei der Vermarktung versprochen wurde wird enttäuscht sein und diejenigen, die durchaus Spaß an dem eigentlichen Ansatz von „Serenity“ haben könnten, werden gar nicht ahnen, dass dieser Film der Richtige für sie wäre. Eine loose-loose-Situation also für Produzent und Rezipient . Es sei denn diese unvermeidlich kryptische Besprechung macht den Einen oder Anderen nun doch neugierig. Den Rezensenten würde es freuen.
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