Coen Brothers go Mainstream! Das musste man nach der Pressenotiz denken, in der eine bissige Rom-Com mit George Clooney und Catherine Zeta-Jones angekündigt wurde. Und siehe da, es stimmt. Leider. Denn die Coen-Brüder nähern sich in ihrem neuesten Vehikel deutlich der Mitte der Straße und kommen doch ziemlich vom Weg ab. "Ein (un)möglicher Härtefall" (der sperrige und schlichtweg dämliche deutsche Titel ist ein ebensolcher) war vielleicht als Evolutionsschritt raus aus der kleinen (und durchaus fanatischen) Kultgemeinde und ab in die breite Öffentlichkeit gedacht. Multiplex, hier kommen wir! Leider sind dabei die stilistische Eleganz, die launigen Charaktere und die haarsträubenden Gags, für die man Filme wie "Fargo", "The Big Lebowski" oder "O Brother Where Art Thou" liebte, weitestgehend irgendwo am Wegrand zurückgelassen worden.
Was nicht nur unwesentlich mit der erzählten Geschichte zu tun hat. Die dreht sich um den gelackten Scheidungsanwalt Miles Massey (Clooney), die wunderschöne, aber geldgeile und berechnende Marylin (Zeta-Jones) und letztendlich die Jagd nach der großen Liebe und dem großen Zaster, nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Er ist Scheidungsanwalt, sie verdient ihr Geld durch Scheidungen von reichen Männern, mal sind sie auf gegnerischen, mal auf der selben Seite, und schlussendlich natürlich verliebt. Dazu kommen dann noch eine Reihe gehörnter Ehemänner (darunter Geoffrey Rush und Billy Bob Thornton), ein rabiater schwarzer Privatdetektiv (Cedric The Entertainer) und eine Menge von gegenseitigen Ausbremsmanövern.
Das größte Problem des Films: Materialfehler. Zwar haben die Coens auch vorher schon Stilexperimente ("The Man who wasn't there") und Genreexkursionen ("Miller's Crossing") versucht, aber mit dieser romantischen Komödie - die sich selbst gern Screwball-Komödie schimpfen würde, dabei aber bei weitem deren Charme und Wortwitz vermisst - liegen sie einfach völlig falsch. Mit diesem Material scheinen sie sich unwohl zu fühlen und man merkt es dem Endergebnis deutlich an.
Das größte Problem ist das Drehbuch selbst, denn die Geschichte ist nicht nur altbacken und klischiert, sondern kommt, mit Verlaub, auch größtenteils reichlich lahm daher. Was allerdings nicht an den Gebrüdern Coen liegt. Ein Blick in die lange Entstehungsgeschichte von "Ein (un)möglicher Härtefall" verdeutlicht das Dilemma. Die Herren Ramsey und Stone verfassten vor acht Jahren das Drehbuch, das dann den Coens zum "Aufpolieren" gereicht wurde. Nach diversen Jahren im Limbo bekundete Clooney Interesse und da waren dann auch die Coens an Bord, um den Film selbst zu machen. Keine richtig gute Idee. Zum ersten Mal verlassen sich die Coens auf die Vorarbeit von anderen Leuten, und die ist eben einfach mäßig. Die beiden ursprünglichen Drehbuchverfasser sind mit "Mr. Destiny" (dem Tarantino-als-Darsteller Flop), "Life - Lebenslänglich" (dem x-ten Eddie Murphy-Flop) und "Big Trouble" (dem x-ten Tim Allen-Flop) für drei der unlustigsten Komödien der letzten Jahre verantwortlich.
Die Coens versuchen, das Ruder herumzureißen, in dem sie fast klassisch ein paar superschräge Figuren einbauen. Aber das reicht diesmal eben nicht. Der Spagat zwischen einer - bei aller gewollten Skurrilität - gelackten und oberflächlichen Geschichte und diesen Figuren ist einfach zu groß. So wirken z.B. der lispelnde deutsche Baron ("Heinz, Baron Krauss von Espy") oder der alte Kanzleichef überzogen freakartig und ihre Auftritte haben reinen Nummernrevuecharakter, ohne dass sie den Film weiterbringen. In die vorher von den Coens entworfenen, der Realität nur artverwandten Paralleluniversen passten diese abwegigen Figuren perfekt, hier sind sie Fremdkörper.
Auch die komödiantischen Verwicklungen zünden nicht, und was rasant und komisch sein soll schleppt sich dann nur mäßig einfallsreich dahin, und richtig komisch ist es zumeist auch nicht. Es gibt zwei, drei solide Lacher und ein, zwei wirkliche Brüller (Der Abgang eines Charakters namens Wheezy Joe und der trockene Kommentar von Marylins Anwalt dazu werden Lachsalven ernten). Auf kurze anderthalb Stunden hochgerechnet ist das noch keine gute Quote, für eine Komödie ist es fast das Aus.
Wäre man hämisch, müsste man konstatieren, dass man für dieses Drehbuch keine acht Tage brauchen würde, von acht Jahren mal ganz zu schweigen. Was lange währt, wird eben nicht immer gut. Aber für Häme ist hier doch nicht genug Platz, denn sooo schlecht ist "Ein (un)möglicher Härtefall" auch nicht. Vor allem wegen der großartigen Show eines einzigen Mannes: Wie schon in "O Brother ..." wird auch "Ein (un)möglicher Härtefall" durch George Clooney enorm aufgewertet. Passend dazu spielt er seine Figur als direkten Nachfahren des dämlichen Ulysses Everett McGill aus "O Brother ...": Dort war Clooney ein eitler Geck, der hauptsächlich mit seiner Haarpracht beschäftigt ist, und nicht halb so schlau ist, wie er denkt. Hier ist er ein eitler Geck, der hauptsächlich mit seinem perfekten Gebiss beschäftigt ist, und nicht halb so schlau ist, wie er denkt. Und wieder mal ist es ein Riesenspaß, dabei zuzusehen, wie Clooney sein Image als Schönling und Frauenheld veralbert und bisweilen ganz schön herumklamaukt.
Catherine Zeta-Jones und Geoffrey Rush hat es da wesentlich schlechter getroffen. Zeta-Jones sieht hier zwar wieder mal wunderhübsch aus (und man darf wieder nur geifern und den ollen Michael Douglas beneiden), aber damit hat sich's auch schon. Das Drehbuch gesteht ihr genau null Charaktertiefe zu, so dass sie nur auf das Bild der Goldgräberin reduziert wird und man sich zum Beispiel fragt, warum der Zuschauer überhaupt mit ihr sympathisieren soll. Und auch warum sie Clooney erst nicht will, dann doch will, denn das wird alles so hingenommen, ohne das man eigentlich weiß, warum. Noch ein ganzes Stück ärmer dran ist Geoffrey Rush. Dass dieser einer Komödie durchaus Anschub verleihen kann, hat man gerade erst an seinem gnadenlos chargierenden Piraten in "Fluch der Karibik" gesehen. Aber hier verschwindet er nach fünf Minuten sang- und klanglos aus dem Film und ward von da an (so gut wie) nicht mehr gesehen. Ganz schön kläglich für den dritten Namen der Cast-Liste. Erwähnenswert dafür noch der Kurzauftritt von Billy Bob Thornton, wieder einmal als der die eigenen Worte gnadenlos zerkauende "Howdy, y'all"-Redneck.
Man kommt nicht umhin, das Experiment ‚Mainstream', das die Brüder Coen mit "Ein (un)möglicher Härtefall" eingingen, als nahezu kompletten Fehlschlag zu bezeichnen. Denn ob das Massenpublikum diesen Film wirklich annimmt ist doch mehr als fraglich, und qualitativ ist dies der schlechteste Coen-Film seit ... na ja, immer eigentlich. Was nicht heißt, er sei ein schlechter Film per se, denn die Coens sind bei weitem zu große Könner, als dass sie nicht ein zumindest mildes Interesse des Zuschauers erhalten. Aber wer ansonsten genialische Großtaten vollbringt, der darf sich eben nicht mit so bedenklich kleinen Freuden zufrieden geben. Und so muss man dann auch die heiligen Kühe Joel und Ethan wenn schon nicht komplett schlachten, dann doch zumindest anschneiden. "Ein (un)möglicher Härtefall" ist ein Schritt vor, zwei Schritte zurück. Mindestens.
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