Der Champ

MOH (26): 5. Oscars 1932 - "Der Champ"

In unserer Serie "Matthias' Oscar History" (MOH) bespricht Matthias in jeder Folge jeweils einen der zwischen den Jahren 1929 und 2000 nominierten Oscar-Beiträge aus der Kategorie "Bester Film".

von Matthias Kastl / 12. Dezember 2023

Noch ein bisschen berauscht vom Zuckerschock der letzten Folge ("Bad Girl") ziehen wir weiter zu unserem nächsten Beitrag der Kategorie "Outstanding Production" der fünften Academy-Awards (1932). In "Der Champ" treffen wir dabei wieder auf Regisseur King Vidor und einen weiteren alten beziehungsweise eher jungen Bekannten.


Der Champ

Originaltitel
The Champ
Land
Jahr
1931
Laufzeit
86 min
Genre
Regie
Release Date
Oscar
Nominiert "Outstanding Production"
Bewertung
6
6/10

Bei der ersten Oscar-Verleihung hatte Regisseur King Vidor mit "Ein Mensch der Masse" noch einen emotionalen Slam Dunk hingelegt. Trotz ordentlichem Tränendrüsenpotential gelingt ihm das mit "The Champ" leider erst gegen Ende ein wenig. Der Film erzählt die Geschichte des Ex-Boxers Andy (Wallace Beery), dessen beste Zeiten zwar längst vorüber sind, der sich aber zumindest das alleinige Sorgerecht für seinen Sohn Dink (Jackie Cooper) sichern konnte. Also steigt Andy, trotz starker Alkoholprobleme, weiter in den Ring, um Dink zumindest ein halbwegs ordentliches Leben zu ermöglichen.

Eines Tages taucht allerdings überraschend Dinks Mutter Linda (Irene Rich) auf, die inzwischen mit dem reichen Tony (Hale Hamilton) verheiratet ist. Linda möchte Dink davon überzeugen, doch lieber an ihrer Seite in eine deutlich rosigere Zukunft zu blicken. Davon hält Dink aber erst mal gar nichts und so zeigt der Film über weite Strecken die nahezu unerschütterliche Beziehung zwischen Vater und Sohn, die durch die Alkoholsucht von Andy allerdings nur oberflächlich gefährdet scheint. Auf jeden kleinen Streit folgt hier nämlich schnell wieder die Versöhnung und diese Berechenbarkeit hält die Geschichte dann doch für die meiste Zeit eher spannungsfrei.
 


So liegt es an den Schauspielern uns für das Schicksal ihrer Figuren zu begeistern, was allerdings nur teilweise gelingt. Wallace Beery ("Hölle hinter Gittern") macht zugegeben einen ordentlichen Job und driftet nicht zu arg in die Theatralik ab, auch wenn er der Figur des Andy nur bedingt Tiefe verleihen kann. Problematischer ist aber Jackie Cooper, der ja bereits im Jahr zuvor in "Skippy" einfach eine Spur zu cool daherkam. Auch wenn Cooper in den späteren dramatischeren Szenen deutlich reifer als noch in "Skippy" wirkt, sein Dink ist die meiste Zeit einfach doch eine Spur zu künstlich tough und neunmalklug, um die nötige Empathie für die Rolle zu generieren.

Mit bereits einigen Filmen aus dieser Zeit nun auf dem Buckel dämmert es einem aber langsam,  dass dies eben typisch für das damals bevorzugte Bild von Männlichkeit ist. Denn auf diese irgendwie aufgesetzt wirkende Coolness trifft man auch immer wieder bei zahlreichen von Coopers erwachsenen Schauspielkollegen. So tough hat man sich damals wohl eben nicht nur die großen, sondern auch die kleinen Männer oft gerne vorgestellt. Ebenso vertraut wirkt auch die im Film auftauchende Nebenfigur des "lustigen" Stotterers, die in den ersten Jahren des Tonfilms immer wieder in Geschichten auftaucht und aus heutiger Sicht leicht nervig und wie ein billiger (und auch nicht wirklich akzeptabler) Versuch zur Komik wirkt.
 


Gegen Ende nimmt "Der Champ" dann aber doch noch ein wenig emotionale Fahrt auf und setzt zumindest einen ordentlichen letzten Punch. Da tritt dann endlich auch das bis dato eher etwas vermisste Feingefühl von King Vidor zu Tage, dessen Regie, bis auf ein paar nette Kamerafahrten, lange Zeit eher etwas uninspiriert wirkt. Aber man muss schon sagen, trotz all der Kritik kann man sich am Ende nur schwierig der gekonnt platzierten melodramatischen Storybeats dieses Vater-Sohn-Dramas erwehren – egal wie berechenbar und simpel sie daherkommen. Es dauert nur leider relativ lange, bis diese so wirklich ihre Wirkung entfalten, und so kann das gute Finish zumindest ein bisschen, aber nicht alles auf dem Weg hin zu einem überzeugenden Melodrama ausgleichen.

"Der Champ" ist aktuell als DVD auf Amazon in Deutschland verfügbar. Alternativ ist der Film auch auf der Webseite des Internet Archive kostenlos abrufbar.
 

Trailer zu "Der Champ"


Ausblick
In unserer nächsten Folge versprühen wir wieder etwas gute Laune und nutzen dafür ein bereits aus dieser Reihe bekanntes Duo aus deutschem Regisseur und französischem Charmeur.


Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.