Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen

Originaltitel
Bad Lieutenant - Port of Call: New Orleans
Land
Jahr
2009
Laufzeit
122 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Frank-Michael Helmke / 9. Juni 2010

 

"A match made in heaven" sagt man in Amerika sprichwörtlich über ein Paar, das sich perfekt ergänzt. Solch ein Paar hat sich jetzt mit "Bad Lieutenant" gefunden, und tatsächlich passen Werner Herzog und Nicolas Cage so gut zusammen, dass man im Nachhinein bedauert, dass sie nicht schon vor Jahren zueinander gefunden haben. Auf der einen Seite der legendäre deutsche Autorenfilmer mit seiner Vorliebe für obsessive, extreme, manische Männerfiguren - nicht von ungefähr entsprangen Herzogs beste und berühmteste Filme seiner von Extremen gezeichneten Zusammenarbeit mit dem ultimativen Enfant terrible Klaus Kinski (siehe dazu unsere Gold-Besprechung von "Aguirre" und "Fitzcarraldo") - auf der anderen Seite der exzessive Schauspieler, der immer dann am meisten beeindruckt, wenn er sich in seine Rolle richtig hineinsteigern, gezielt "over the top" gehen kann.
Tatsächlich erinnert der Nicolas Cage in "Bad Lieutenant" auf aufregende Weise an den Nicolas Cage Mitte bis Ende der 90er, als er in Filmen wie Barbet Schroders "Kiss of Death", Martin Scorseses "Bringing out the Dead" und vor allem in seiner Oscar-gekrönten Paraderolle in Mike Figgis' "Leaving Las Vegas" mit der Intensität seines Spiels das Publikum elektrisierte und zu einem der größten Stars der Filmwelt aufstieg. Nach Jahren teils ziemlich sinnentleerter Hollywood-Mainstream-Produktionen bekommt Cage mit Terence McDonagh, dem titelgebenden "schlechten Polizisten" hier, endlich wieder eine Rolle, die so stark, schillernd und intensiv ist, dass sie mit Recht einen ganzen Film für sich allein beansprucht.

Tatsächlich ist die Handlung hier eher Nebensache, denn es geht Herzog offensichtlich weniger um die Geschichte als die Atmosphäre, die er erzeugen will, und das Portrait seines Protagonisten. McDonagh ist Polizist in New Orleans und rettet in den Tagen nach Hurrikan "Katrina" in einem überfluteten Gefängnis einen Häftling vor dem Ertrinken. Dabei verletzt er sich allerdings so schwer den Rücken, dass er permanent auf Schmerzmittel gesetzt wird. Ein Jahr später hat McDonagh nicht nur eine Vicodin- sondern dazu auch noch eine Kokain-Abhängigkeit entwickelt, hält sich immer noch für den großartigen Cop, der er vor einem Jahr mal war, doch verwendet seine meiste Zeit und Energie darauf, sich auf alle möglichen Arten einen Nachschub an Drogen zu sichern. Als er mit der Aufklärung eines Fünffach-Mords an einer afrikanischen Einwanderer-Sippe beauftragt wird (ganz offenbar ein Racheakt aus dem Drogendealer-Milieu), stürzt er sich mit Eifer in die Ermittlungen, steht sich dabei dank der Konsequenzen seiner anderen Obsessionen aber immer mehr selbst im Weg. Und so setzt eine zusehends aberwitzige Spirale der Ereignisse ein, in der sich McDonaghs Ermittlungen, seine Schwierigkeiten mit seinen Vorgesetzten, seine Beziehung zu der Edel-Prostituierten Frankie (Eva Mendes) und seine zunehmend riskanteren Drogen-Beschaffungsversuche so sehr ineinander verstricken, dass ein Ausweg mehr als unmöglich erscheint.

Den Wendungen der Krimihandlung genau zu folgen, fällt hier in der Tat nicht ganz leicht, was aber eben auch daran liegt, dass sie für Herzog nur eine Folie ist, auf der er seinen herrlich kaputten Protagonisten zeichnet. Und was für ein kaputter Typ das ist, ein Spiegelbild seiner Stadt New Orleans, die von Herzog im Zeitalter nach "Katrina" von ihrem einstigen, schwülstigen Glamour komplett befreit wird und als ein schmutziges, düsteres, verkommenes Objekt des schleichenden Verfalls gezeigt wird. Ganz genau wie McDonagh, der die scheinbare moralische Instanz seines Berufs als Fassade aufrecht hält, sofern sie ihm noch als Mittel zum Zweck dient, tatsächlich jedoch ein fast schon vollständig verkommenes Wesen ist. Beispielhaft (und ziemlich unvergesslich) eine Szene, in der er des nachts ein junges Paar beobachtet, als sie aus einer Disco kommen, ihnen zu ihrem Auto folgt und droht, sie wegen der vergleichsweise winzigen Menge an Drogen, die sie bei sich haben, in den Knast zu stecken. Der junge Mann bekommt Angst, fleht McDonagh an, ob man die Sache nicht anders lösen könnte, und so bekommt der Cop nicht nur das, was er ohnehin die ganze Zeit wollte - die Drogen des Paares für den Eigenverzehr - sondern lässt sich dazu auch noch an Ort und Stelle von der Frau einen runterholen.
Diesem kaputten Typen bei seinem völlig unkoordinierten (und umso faszinierenderen) Balanceakt zwischen dem endgültigen moralischen Bankrott und einem letzten Rest Rechtschaffenheit zuzusehen, ist gerade auch deshalb so unterhaltsam, weil Herzog den Film mit einer Prise zynischem, fast schon galligem Humor untersetzt, der jedoch hoch effektiv ist und immer wieder für ungläubiges, befreiendes Auflachen sorgt. So ergibt dann auch das Ende des Films einen gewissen Sinn, das mit einer Anhäufung an so plötzlichen wie unglaublichen Wendungen aufwartet, dass man es nur noch als hochgradig ironisch verstehen kann. Es ist eindeutig mehr ein Scherz als ein wirkliches Ende, aber als Scherz ist es wirklich gut gelungen.

"Bad Lieutenant" sollte übrigens nicht als Remake des gleichnamigen düsteren Meisterwerks von Abel Ferrara aus dem Jahre 1992 (damals mit Harvey Keitel in der Hauptrolle) verstanden werden, auch wenn beide Filme denselben Produzenten haben. Herzog hat Ferraras Film nach eigener Aussage nie gesehen, und abgesehen von der Fokussierung auf einen kaputten, drogensüchtigen Polizisten haben die Filme auch wenig gemeinsam. Das Bemühen um eine klare Abgrenzung als eben Nicht-Remake hatte dann wohl auch den etwas unförmigen amerikanischen Originaltitel zur Folge. So oder so ist Herzogs "Bad Lieutenant" ein eigenständiges Werk und vor allem dank des endlich wieder hochgradig charismatischen, herrlich intensiv und überdreht aufspielenden Nicolas Cage ein echtes, empfehlenswertes Filmerlebnis.


Hört sich gut an, ich freu mich drauf. Allerdings frage ich mich, warum der Film nach diesen "Lobeshymnen" (oder habe ich einen Kritikpunkt übersehen?)"nur" 8 Punkte bekommt?

Permalink

8
8/10

Ich fand den Film echt unterhaltsam.Vor allem Cage macht seinen Job als Cop/Junkie sehr gut!Ist wirklich fast besser als das Original mit Keitel!

Permalink

06.03.2010 Wie kann es denn sein, dass der Film schon jetzt nicht mehr im Kino läuft?

Permalink

Gute Frage, Bommel. Genau wie Invictus. Nach einer Woche abgesetzt. Nicht zu fassen.

Permalink

8
8/10

Ein wahrlich interessanter Film, aber nicht aufgrund der Handlung, sondern durch die bemerkenswerten schauspielerischen Leistungen - hierbei auch jene neben den immer dann groß aufspielenden Cage, wenn es um die Verkörperung eines kaputten Menschen geht.
Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass der Verlauf des Films nur die Geschichte des Polizisten zeichnet ohne eine langsam verbrauchte Story über Drogen zu erzählen. So wird hier zum Glück nicht der warnende Zeigefinger gehoben, sodass sich der Zuschauer selber der Ironie bewusst werden muss.
Es gibt aber nur acht Augen, da dieses Werk nicht durchgängig auf gleichem Niveau läuft, sondern das ein oder andere Mal durch unnütze Szenen unnötig verlängert wird.

Permalink

5
5/10

Film war im großen und ganzen einfach nichts besonderes. obwohl ich cage sehr mag und er viele gute rollen hatte, ist dies hier nix besonderes. und als krönung kommt dann noch xzibit als drogendealer .... ich bitte euch

eva mendes ist natürlich heiß wie immer - warum sie mit nicholas cage zusammen ist versteht man auch nicht so wirklich.

zur frage warum er abgesetzt wurde: schlechtes marketing + mittelmäßiger film + blöder filmname = keine besucher = absetzung

beste grüße pistolpete

Permalink

9
9/10

super spanender Film !!

Permalink

5
5/10

hatte irgendwie mehr erwartet, irgendwie unspannender Standard

Permalink

8
8/10

Der Film entwickelt wie die meisten seiner Art (Romeo is bleeding, Goodfellas, Casino etc.) einen unglaublichen Sog der mit der Lauflänge und dem selbstherrlichen Auftreten des Protagonisten sukzessive zunimmt. Eindeutig neben "Wild at Heart" die beste Rolle die Nicholas Cage jemals spielen durfte. Mit dem surrealen Ende konnte ich allerdings rein gar nichts anfangen.

Permalink

Nachtrag:
"...eindeutig neben "Wild at Heart" und "Kiss of Death". Himmel! Wie konnte ich nur die kongenial-beängstigend-bösartige Performance von Nicholas Cage in "Kiss of Death" vergessen, die mir heute noch den Angtschweiß auf die Stirn treibt? Irgendwie fielen mir vorhin nur noch Schundwerke wie "Ghostrider", "Next" und "World Trade Center" ein.

Permalink

10
10/10

fantastischer film! aber leider, leider, leider komplett untergegangen(?) neben solchen scheißdreck wie kampf der titanen, wolfman, prince of persia, alice in 3D etc.

wozu gibt es den heimkinomarkt?! unbedingt nachholen, anschauen und im o-ton geniessen da die synchro jetzt nicht so der bringer geworden ist (viel sprachwitz, und wortlaut geht verloren..)

nicolas cage beste rolle seit jahrzehnten!!!

Permalink

war leider sehr langweilig einfach schade.....

Permalink

8
8/10

Ich fand den Film sehr gut. Ich empfand ihn als sehr düster, aber auch witzig. Durch die ironischen Elemente hat er für mich eine positiv Note. Hier steht der Film auch im Gegensatz zu seinem Namenspendant von Ferrara. Der Film zeigt auch das Herzog unabhängig vom Filmgenre sein Handwerk versteht. Vorallem die Stilmittel der Einstellungen haben mir gefallen.
Außerdem würde ich gerne wissen, woher der Rezensionsschreiber die Information hat, dass Herzog den Film "Bad Lieutanent" von Ferrara nicht kennt.

Permalink