"A match made in heaven" sagt man in Amerika sprichwörtlich über ein Paar, das sich perfekt ergänzt. Solch ein Paar hat sich jetzt mit "Bad Lieutenant" gefunden, und tatsächlich passen Werner Herzog und Nicolas Cage so gut zusammen, dass man im Nachhinein bedauert, dass sie nicht schon vor Jahren zueinander gefunden haben. Auf der einen Seite der legendäre deutsche Autorenfilmer mit seiner Vorliebe für obsessive, extreme, manische Männerfiguren - nicht von ungefähr entsprangen Herzogs beste und berühmteste Filme seiner von Extremen gezeichneten Zusammenarbeit mit dem ultimativen Enfant terrible Klaus Kinski (siehe dazu unsere Gold-Besprechung von "Aguirre" und "Fitzcarraldo") - auf der anderen Seite der exzessive Schauspieler, der immer dann am meisten beeindruckt, wenn er sich in seine Rolle richtig hineinsteigern, gezielt "over the top" gehen kann. Tatsächlich ist die Handlung hier eher Nebensache, denn es geht Herzog offensichtlich weniger um die Geschichte als die Atmosphäre, die er erzeugen will, und das Portrait seines Protagonisten. McDonagh ist Polizist in New Orleans und rettet in den Tagen nach Hurrikan "Katrina" in einem überfluteten Gefängnis einen Häftling vor dem Ertrinken. Dabei verletzt er sich allerdings so schwer den Rücken, dass er permanent auf Schmerzmittel gesetzt wird. Ein Jahr später hat McDonagh nicht nur eine Vicodin- sondern dazu auch noch eine Kokain-Abhängigkeit entwickelt, hält sich immer noch für den großartigen Cop, der er vor einem Jahr mal war, doch verwendet seine meiste Zeit und Energie darauf, sich auf alle möglichen Arten einen Nachschub an Drogen zu sichern. Als er mit der Aufklärung eines Fünffach-Mords an einer afrikanischen Einwanderer-Sippe beauftragt wird (ganz offenbar ein Racheakt aus dem Drogendealer-Milieu), stürzt er sich mit Eifer in die Ermittlungen, steht sich dabei dank der Konsequenzen seiner anderen Obsessionen aber immer mehr selbst im Weg. Und so setzt eine zusehends aberwitzige Spirale der Ereignisse ein, in der sich McDonaghs Ermittlungen, seine Schwierigkeiten mit seinen Vorgesetzten, seine Beziehung zu der Edel-Prostituierten Frankie (Eva Mendes) und seine zunehmend riskanteren Drogen-Beschaffungsversuche so sehr ineinander verstricken, dass ein Ausweg mehr als unmöglich erscheint. Den Wendungen der Krimihandlung genau zu folgen, fällt hier in der Tat nicht ganz leicht, was aber eben auch daran liegt, dass sie für Herzog nur eine Folie ist, auf der er seinen herrlich kaputten Protagonisten zeichnet. Und was für ein kaputter Typ das ist, ein Spiegelbild seiner Stadt New Orleans, die von Herzog im Zeitalter nach "Katrina" von ihrem einstigen, schwülstigen Glamour komplett befreit wird und als ein schmutziges, düsteres, verkommenes Objekt des schleichenden Verfalls gezeigt wird. Ganz genau wie McDonagh, der die scheinbare moralische Instanz seines Berufs als Fassade aufrecht hält, sofern sie ihm noch als Mittel zum Zweck dient, tatsächlich jedoch ein fast schon vollständig verkommenes Wesen ist. Beispielhaft (und ziemlich unvergesslich) eine Szene, in der er des nachts ein junges Paar beobachtet, als sie aus einer Disco kommen, ihnen zu ihrem Auto folgt und droht, sie wegen der vergleichsweise winzigen Menge an Drogen, die sie bei sich haben, in den Knast zu stecken. Der junge Mann bekommt Angst, fleht McDonagh an, ob man die Sache nicht anders lösen könnte, und so bekommt der Cop nicht nur das, was er ohnehin die ganze Zeit wollte - die Drogen des Paares für den Eigenverzehr - sondern lässt sich dazu auch noch an Ort und Stelle von der Frau einen runterholen. "Bad Lieutenant" sollte übrigens nicht als Remake des gleichnamigen düsteren Meisterwerks von Abel Ferrara aus dem Jahre 1992 (damals mit Harvey Keitel in der Hauptrolle) verstanden werden, auch wenn beide Filme denselben Produzenten haben. Herzog hat Ferraras Film nach eigener Aussage nie gesehen, und abgesehen von der Fokussierung auf einen kaputten, drogensüchtigen Polizisten haben die Filme auch wenig gemeinsam. Das Bemühen um eine klare Abgrenzung als eben Nicht-Remake hatte dann wohl auch den etwas unförmigen amerikanischen Originaltitel zur Folge. So oder so ist Herzogs "Bad Lieutenant" ein eigenständiges Werk und vor allem dank des endlich wieder hochgradig charismatischen, herrlich intensiv und überdreht aufspielenden Nicolas Cage ein echtes, empfehlenswertes Filmerlebnis. |