Arsène Lupin

Originaltitel
Arsène Lupin
Land
Jahr
2005
Laufzeit
126 min
Genre
Bewertung
von Simon Staake / 16. November 2010

Der französische Film fristet in Deutschland ja lediglich eine Nischenexistenz im Programmkino, daheim geht es der einheimischen Industrie aber bestens. Während man hierzulande alle paar Jahre mal einen "Schuh des Manitu" braucht, um die Massen für ein heimisches Produkt zu begeistern, ist in Frankreich zumeist gut die Hälfte der erfolgreichsten Filme eines Kinojahres auch französisch. Was unter anderem daran liegt, dass sich unsere gallischen Nachbarn seit etwa einem Jahrzehnt an Hollywood orientieren und ihre eigenen Blockbuster kreieren. Neben den wie in Deutschland erstaunlich erfolgreichen Filmen von TV-Komikern nimmt man auch hier gerne Remakes alter TV-Serien oder Filme. Und so ist es kein Wunder, dass auch der von Maurice LeBlanc 1905 erfundene "Gentleman-Gauner" Arsène Lupin, Held von 20 Romanen und diversen Kurzgeschichten, vor zwei Jahren mit großem Tamtam in die französischen Kinos kam. Auch wenn ihm im Heimatland der ganz große Erfolg verwehrt blieb, kann das deutsche Publikum die Abenteuer des Meisterdiebs nun als DVD-Premiere verfolgen.

Arsène Lupin (Romain Duris), seines Zeichens Meisterdieb und Gentleman-Gauner, der die französische Oberschicht gewaltlos um ihre Schätze erleichtert, findet sich plötzlich zwischen zwei Frauen wieder: Da ist zum Einen seine Jugendfreundin Clarisse (Eva Green), zum Anderen die mysteriöse Josephine, Comtesse de Cagliostro (Kristin Scott Thomas). Dem Charme der letzteren kann sich Lupin nicht entziehen und macht sich für sie auf die Jagd nach drei Goldkreuzen, die zusammengenommen das Versteck eines sagenhaften Schatzes verraten sollen. Erschwert wird die aufreibende Jagd jedoch durch die Hinweise, die Lupin über die Identität des Mörders seines Vaters erhält.…

Der ein oder andere Romanleser mag unzufrieden gewesen sein, aber das Casting von Romain Duris als Titelfigur war goldrichtig. Der durch die "Auberge Espagnole"-Filme international bekannte Duris nutzt auch hier wieder seinen Lausbubencharme, um die Zuschauer auf seine Seite zu ziehen. Überzeugend neben ihm: Kristin Scott Thomas als geheimnisvolle Gräfin Cagliostro. Die schon seit anderthalb Jahrzehnten in Frankreich lebende Britin spricht fließend französisch und zeigt hier ihre Qualitäten als wahre Femme Fatale. Nur Eva Green als Arsènes Freundin Clarisse hat eine etwas undankbare Rolle. Erinnerungswürdig auch Pascal Gregory als der zwielichtige und brutale Beaumagnan.

Neben guten Darstellern bietet der Film auch einiges an Schauwerten. Lupin ist zwar eleganter als beide, wirkt aber dennoch wie halb Ethan Hunt aus "Mission Impossible" und halb Indiana Jones. Und schlägt sich wacker durch eine Reihe von ansprechend präsentierten Actionszenen, etwa die für Abenteuergeschichten aus dem mittlerweile vorletzten Jahrhundert fast schon obligate Verfolgungsjagd durch einen Zug. Dabei verzichtet Regisseur Jean-Paul Salomé dankenswerterweise auf die visuellen Sperenzchen seines Kollegen Pitof (verantwortlich für den Megaflop "Catwoman").
Auch erfreulich, dass die Geschichte mit einigem Augenzwinkern und Humor daherkommt. Und so macht die zwar inhaltlich altmodische, aber wie etwa "Pakt der Wölfe" im modernen französischen Blockbusterstil abgefilmte Geschichte auch ordentlich Spaß - jedenfalls für die ersten anderthalb Stunden. Denn nach einem Showdown aller wichtigen Figuren denkt der Zuschauer, der Film neige sich allmählich dem Ende zu und ist erstaunt, dass noch fast vierzig Minuten ausstehen.
Was mag da noch kommen, fragte sich zumindest der Rezensent, und war ob der Antwort dann doch etwas ungnädig. Eine Reihe von wenig überzeugend aneinander gehängten set pieces folgt, die den Film völlig aus dem Tritt bringen, so dass er erst seinen Rhythmus und dann vollends den Faden verliert. In ihrem Audiokommentar erklären Salomé und Co-Autor Laurent Vachad, dass sie werkgetreu bleiben und zudem einen möglichst umfassenden Lupin-Film drehen wollten. Werktreue in allen Ehren, dass man sich hier aber gar nicht mehr die Mühe gemacht hat, zu erklären, warum und wie wer wo auftaucht, ist schlichtweg schlampig. Zudem ist das Ende überladen bis zum geht nicht mehr. Der Stoff, aus dem andere eine anderthalbstündige Fortsetzung spinnen, wird hier im Eiltempo und dadurch äußerst unzufriedenstellend in der letzten Viertelstunde des Films einfach hinten dran gehängt. Ergebnis ist ein Antiklimax, der den guten Eindruck der vorherigen Dreiviertel des Films doch erheblich schmälert. Ganz abgesehen davon, dass der Film so auch ein gutes Stück zu lang geworden ist.

Während der Film Schwächen zeigt, ist zumindest die Präsentation ohne Schwachpunkte. Das anamorph und im 16:9-Format kodierte Breitbild (2.35:1) ist scharf und besticht mit ausgezeichneter Farbsättigung, Flächenrauschen ist auch in den zahlreichen dunklen Szenen nicht zu erkennen. Im Bereich Ton gibt es wie immer bei Sunfilm die deutsche und Originaltonspur im 5.1-Mix, dazu noch eine deutsche dts-Spur. Zwar sind die deutschen Spuren eines insgesamt zurückhaltenden Mixes etwas lauter und kräftiger als das französische Original, trotzdem muss hier eindeutig letzteres empfohlen werden, denn der französische Ton ist wesentlich stimmiger. In der deutschen Fassung wirken Dialoge isoliert vom Rest der Soundkulisse und bei den Synchronsprechern hat man sich auch vertan. Duris' Arsène verliert seinen spitzbübischen Charme, richtiggehend schlimm ist allerdings die deutsche Stimme von Scott Thomas' Josephine.

Neben ihren Blockbustern lieben die Franzosen eines ganz besonders: ihre DVD-Sammler-Editionen. Was - wenn wie in diesem Fall für die deutsche Disc erfreulicherweise alle Extras übernommen wurden - da heißt: reichlich Bonusmaterial, leider manchmal auch in etwas gespreizter Form. Denn ob man jetzt wirklich geschlagene 45 Minuten Kostüm- und Schminktests braucht, sei mal da hingestellt. Angehende Schneider und Visagisten haben einen Festtag, für den Rest gibt es ja schließlich die Vorspul- oder Menü-Taste der Fernbedienung. Auch das Making-Of ist mit fast einer Stunde sehr üppig ausgefallen, hier gibt es viele Eindrücke der Produktion, begleitet von Kommentaren der Crew. Einige Highlights der Dokumentationen findet man unter "Behind The Scenes", welches drei für TV-Ausstrahlung erstellte kurze Werbefeaturettes (Gesamtlänge 12 Minuten) sind. Mehr und auch nützliche Hintergrundinformationen, etwa welche Sequenzen warum geändert wurden, gibt es im kommentierten Film/Storyboard-Vergleich. Zudem sprachen Regisseur Salomé und Co-Autor einen Audiokommentar ein, in dem sie sich etwa mit dem Ursprung des Projekts beschäftigen und was sie mit dem Film erreichen wollten. Erfreulicherweise geht es auch etwas selbstkritisch zu, so erkennen beide an, dass sie mit dem Ende des Films vielleicht etwas zuviel wollten und es verwirrend daherkommt. Abgerundet wird die üppige Ausstattung mit Trailern des Films. Wie es sich (erst recht bei französischem Originalton) gehört, sind alle Extras deutsch untertitelt.

Was bleibt also übrig bei Betrachtung von "Arsène Lupin"? Ein fast gelungener Film in wunderbarer Aufmachung. Die oben beschriebenen Probleme werden durch die reichhaltigen Extras sicherlich nicht behoben, entschädigt wird man dadurch aber schon. Extra erwähnt werden sollte hier auch noch mal das wirklich sehr schön designte Burgopack, in dem sich die beiden Discs verstecken. Wer also altmodische Abenteuerfilme mag und auch kleinere künstlerische Fehlgriffe in Kauf nimmt, hat hiermit zumindest die Möglichkeit sich anzuschauen, wie die Franzosen ihre alten (literarischen) Helden fürs moderne Kino neu erfinden, und kann sich zudem eine sehr schön gestaltete DVD in die Sammlung stellen.


4
4/10

Schade... die ganzen Kommentare sind weg.
Mich hat der Film eher enttäuscht. der Hauptdarsteller kommt irgendwie rüber wie ein miefiger Lausbub, und der Film kann sich insgesamt nicht so recht entscheiden was er nun sein will und pendelt wild zwischen allem möglichen herum. Desöfteren meint man zu verstehen, was beabsichtigt ist ohne dass man es nun richtig nachvollziehen kann oder es auch nur richtig Sinn machen würde.
Und irgendwann geht eine Bombe hoch und man sieht die ganzen Verletzten leiden... ?!?
Hätte definitiv einen etwas reiferen Darsteller für die Hauptfigur benötigt.

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