Zu ungewöhnlicher Zeit, nämlich fern von den üblichen Terminen im Sommer oder vor Weihnachten, rollt der erste große "Event-Movie" des Jahres in unsere Kinos. Roland Emmerich prescht mit seiner neuesten Blockbuster-Produktion schon mal vor und nach dem Betrachten von "10.000 BC" drängt sich der Eindruck auf, der erfolgsverwöhnte Schwabe wollte vielleicht der Konkurrenz diesmal ganz bewusst lieber etwas aus dem Weg gehen. Denn sein laues Urzeit-Abenteuer entpuppt sich leider als ein aufgeblasenes Nichts.
Als Mitglieder eines kleinen Bergstammes im titelgebenden Jahr 10.000 vor Christus müssen sich der Jäger D'Leh (Steven Strait) und seine Auserwählte, die schöne Evolet (Camilla Belle) nicht nur mit einer unwirtlichen Natur und gewaltigen Mammuts, sondern auch mit den düsteren Prophezeiungen ihrer "Großen Mutter" herumschlagen. Und die werden eines Tages Wirklichkeit, als berittene Krieger das Dorf überfallen und einige Bewohner verschleppen, unter ihnen Evolet. Der aufrichtige D'Leh macht sich auf den Weg sie zu befreien und sammelt auf seinem Weg ein stattliches Heer von Helfern um sich. Doch die unbekannte Zivilisation und das Schreckensregime, das sie schließlich entdecken, lässt die selbst gestellte Aufgabe nahezu unmöglich erscheinen.
Sprechen wir Roland Emmerich zunächst mal ein Kompliment aus: Völlig desinteressiert an Fortsetzungen seiner Erfolgsfilme und dem bequemen Ausschlachten möglicher Franchises, versucht der deutsche Hollywood-Export einfach ständig etwas Neues. Gemeinsam ist seinen Werken dabei die Verwendung aufwändigster Spezialeffekte und der phantastische Einschlag, obwohl er sich von der reinrassigen Science-Fiction-Ware seiner frühen Jahre mittlerweile entfernt hat. Zuletzt begab sich Emmerich dann mit dem "Patriot" sogar in ganz andere Gefilde und erntete für den ökologischen Subtext seines "Day after Tomorrow" auch einiges Lob. Denn die Anerkennung der Kritiker blieb dem kommerziell höchst erfolgreichen Filmemacher zuvor meist verwehrt, während kaum jemand den großen Unterhaltungswert seiner oft reichlich trashigen Geschichten bestreiten mochte, sein größter Erfolg "Independence Day" ist dafür sicher das beste Beispiel.
Auch "10.000 BC" kündigte sich zumindest im Bezug auf das zu erwartende Spektakel recht viel versprechend an und der gelungene Trailer ließ doch einiges erwarten. Laut Eigenwerbung im Presseheft enthält der Film auch "alles, was man von einem Action-Spektakel erwarten darf: die Jagd auf gigantische Mammuts, gewaltige Schlachtszenen, monumentale Panoramen der riesigen Pyramiden". Sicher, das alles ist zu sehen und kommt vor, allerdings nur in äußerst sparsamen Dosen und zwischen diesen wenigen durchaus aufregend inszenierten Momenten entfaltet sich über den sehr langen Rest eine ziemlich öde Geschichte.
Das beginnt mit der omnipräsenten Stimme des Erzählers, der hier genauso salbungsvoll wie bedeutungsschwanger das Geschehen erläutert und die gefühlt größte Sprechrolle der gesamten Besetzung hat. Dabei ist es aber keinesfalls so, dass diese Erläuterungen nun unbedingt nötig wären, weil die präsentierten Urzeitmenschen ansonsten nur vor sich hin grunzen würden. Nein, auf den authentischen Ansatz eines "Am Anfang war das Feuer" oder "Apocalypto" (mit seinem Original-Alt-Aztekisch) hat Emmerich zugunsten der Massentauglichkeit von vornherein verzichtet und lässt seine Protagonisten stattdessen in gepflegtem Deutsch bzw. Englisch kommunizieren.
Das, was sie dabei aber von sich geben, könnten gut und gerne die schlechtesten und albernsten Dialoge sein, die man in einer Mainstream-Produktion seit langer Zeit gehört hat. So schwülstig wie naiv, so unglaublich gestelzt fließen die Worte aus den Mündern der bedauernswerten Darsteller, dass "10.000 BC" damit neue Höchstwerte in der Disziplin der unfreiwilligen Komik einnimmt. Man könnte es fast als Satire betrachten, wüsste man nicht, dass das Ganze bierernst gemeint ist.
Trotzdem bleiben diese ungewollten Lacher praktisch die Einzigen, in einer ansonsten völlig humorlos und entsetzlich pathetisch dargebotenen Story.
Die zudem - und dies ist fraglos die noch größere Sünde - vor allem im Mittelteil einfach furchtbar langatmig erzählt wird, denn zwischen der Mammutjagd zu Beginn und den gehobenen Schauwerten der Pyramidenstadt zum Schluss gibt es außer einem mittelprächtig animierten Säbelzahntiger nicht viel Spektakuläres zu sehen. So lauscht man dann wehrlos den vom Regisseur unklugerweise selbst verfassten Worten seiner Figuren (von echten "Charakteren" sollte man bei deren hölzerner Funktionalität besser nicht sprechen) und wartet leicht genervt darauf, dass doch bitte nun endlich mal wieder etwas Interessantes passieren möge.
Es mag ja sein, dass Emmerich einfach weg möchte vom reinen Spaß- und Actionkino der "Stargate" und "Independence Day"-Zeit und sich da mit seinen letzten beiden Filmen schon auf dem richtigen Weg in Richtung "Epos" sah, aber hiermit hat er sich nun definitiv in eine Sackgasse manövriert. Denn während die genannten Werke einfach durch ihre komprimierte Unbekümmertheit so unterhaltsam waren und der ebenfalls schon nur dosiert mit Effekten arbeitende "Day after Tomorrow" als Ausgleich zumindest eine spannende und einigermaßen intelligente Handlung zu bieten hatte, haben wir nun weder Fisch noch Fleisch. Im Gegenteil liefert uns "10.000 BC" nun das Schlechteste aus zwei Emmerich -Welten: Eine alberne und unfreiwillig komische Geschichte, pathetisch und viel zu ernst inszeniert und zudem auch noch streckenweise reichlich langweilig. Das kann und sollte eigentlich so keinen Erfolg haben und müsste daher nicht der erste große Blockbuster, sondern vielmehr der erste spektakuläre Flop des Jahres werden.
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