"Sie sind ein schöner Mann!" Diesen Satz bekommt Bauer Ayme zu seiner Verwunderung gleich von mehreren Damen zu hören, die sich ihm vorstellen. Denn der knurrige Landwirt befindet sich in Rumänien, will sich dort mit geringstmöglichem Aufwand eine neue Partnerin vermitteln lassen und weiß sehr genau, dass er eigentlich alles andere als besonders schön ist. Die Einzige, die diesen einstudierten Satz nicht sagt und sich statt in ein sexy Outfit lieber in rustikale Klamotten wirft, ist die pfiffige Elena. Denn die hat schnell erkannt, dass es dem unbeholfenen Franzosen weder um erotische Abenteuer noch um eine repräsentative Schöne an seiner Seite geht. Was Ayme braucht ist eine Frau, die anpacken und ihm auf dem heimischen Hof zu nutzen sein kann, jemand der all die Arbeiten erledigt, um die er sich seit dem plötzlichen Tod seiner Frau mehr schlecht als recht selbst kümmern muss (die Hauskatze hat seinen Umgang mit der Waschmaschine jedenfalls nicht überlebt). Ayme ist zufrieden, setzt sich umgehend mit Elena ins Flugzeug und stellt sie den verdutzten Nachbarn als entfernte Verwandte vor, die bei ihm eine Art Ferienjob erledigt. An Elena als Frau zeigt er zunächst keinerlei Interesse, und erst als die lebenshungrige junge Dame beginnt, sich anderweitig zu vergnügen und schließlich die Flucht ergreift, merkt der vorgebliche emotionale Autist, dass ihm das plötzlich doch gar nicht so gleichgültig ist.
Sie schlugen und sie liebten sich, den kratzbürstigen Part gibt hier der männliche Teilnehmer und an sich ist natürlich die ganze Zeit über klar wie sich das Ganze entwickeln und worauf es schlussendlich hinauslaufen wird. Die Gesetze der romantischen Komödie bricht der französische Überraschungserfolg "Sie sind ein schöner Mann" also eher nicht.
Es gelingt ihm allerdings dem bekannten Spielchen eine angenehm frische und äußerst sympathische Note zu verleihen. Denn eine derart konsequent gegen jede Eignung zum "love interest" verstoßende männliche Hauptfigur bekommt man schließlich selten zu sehen. Nicht nur, dass der untersetzte Landwirt mittleren Alters mit Halbglatze es naturgemäß erstmal schwer haben müsste, die attraktive junge Dame mit mehr als seinem Portemonnaie zu beeindrucken. Nö, der Typ kommt gar nicht erst auf die Idee das wenigstens mal zu versuchen. Schon den Verlust seiner (zugegeben auch nur schwer erträglichen) Gemahlin durch einen bizarren Unfall hat er ja sehr pragmatisch weg gesteckt und eine Trauermiene nur dann aufgesetzt, wenn man ihn dezent darauf aufmerksam machte, dass sich dieses jetzt doch wohl geziemen würde. Dem in diesen Szenen köstlich stoisch agierenden Michel Blanc zuzusehen ist ein großes Vergnügen. Ebenso sind es die zunehmend verzweifelten Versuche von Elena, doch zumindest ein bisschen die Aufmerksamkeit des Bauern zu erregen und von ihm nicht ausschließlich als nützliche Haushaltshilfe angesehen zu werden.
Keine Frage, dass diese zunächst amüsante Situation dann langsam aber sicher ins Tragische kippt und schließlich immer bittere Züge gewinnt. Dieser Spagat gelingt dem Film recht gut, er schafft es den Zuschauer bei der schrittweisen Veränderung seiner beiden Hauptcharaktere mit auf die Reise zu nehmen und eine emotionale Bindung zu schaffen, die unabdingbar ist, wenn man im letzten Drittel dann mit ihnen leiden und sich freuen soll. Dazu noch eine Handvoll schrullig-liebenswerter Nebenfiguren, wie man sie in diesem Umfeld der dickschädeligen Landbevölkerung auch erwarten darf, und fertig ist die gut funktionierende, warmherzige Tragikomödie.
Zugegeben, man könnte sich auch auf eine andere Schiene begeben, die einem dem Spaß an "Sie sind ein schöner Mann" ganz unzweifelhaft verderben dürfte. Dann nämlich, wenn man anfängt die Konstellation ernsthaft zu hinterfragen, bei der sich die Frauen aus den so genannten Schwellenländern an wohlhabendere Männer verkaufen, und die Selbstverständlichkeit, mit der sich Elena ihrem neuen Gebieter zu Beginn auch sexuell anbietet, sorgt zunächst schon für etwas Stirnrunzeln.
Aber einerseits bekommt der Film eben doch die Kurve zu einer überzeugenden Charakterentwicklung und außerdem ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dieser fragwürdigen Art der Partnervermittlung ganz einfach nicht sein Thema. Das mag man ihm vorwerfen und hat damit wohl prinzipiell sogar Recht. Dann sollen aber bitte auch die Millionen, die bei jeder Wiederholung von "Pretty Woman" dahin schmelzen, die dort präsentierte Scheinwelt der romantisch verklärten Straßenhure mal genauso eingehend beleuchten und hinterfragen.
Im Vergleich zu vielen glatt polierten Hollywood-Schmonzetten kommt diese französische Variante nämlich äußerst charmant und einnehmend daher.
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