Mo Folchart (Brendan Fraser) besitzt eine besondere Gabe: Er ist eine "Zauberzunge" und sorgt beim lauten Vorlesen dafür, dass die Figuren aus den jeweiligen Büchern in unsere Welt hinüber wechseln. Allerdings verschwinden dafür im Gegenzug auch Menschen in das Reich der Bücher und genau deshalb ist Mo bereits seit Jahren auf der Suche nach einer Ausgabe des seltenen Fantasyromans "Tintenherz", denn in dessen geschriebener Welt vermutet er seine Frau. Zusammen mit seiner Tochter Meggie (Eliza Hope Bennett) entdeckt er zwar ein Exemplar des Buches, sieht sich aber alsbald von dessen leibhaftigen Charakteren umgeben, die er einst selbst in diese Welt gelesen hat. Unter ihnen befinden sich der Bösewicht Capricorn (Andy Serkis) und ein Mann namens "Staubfinger" (Paul Bettany), der ein Verbündeter sein könnte, da er unbedingt in seine ursprüngliche Umgebung zurück will. Es kommt zu einem wilden Katz-und-Maus-Spiel um die letzten existierenden Seiten des Buches, bei dem sich Tante Elinor (Helen Mirren) und der Originalautor von "Tintenherz" (Jim Broadbent) nicht wirklich als brauchbare Hilfen erweisen.
Hier ist sie nun also, die von Vielen mit großer Spannung erwartete Verfilmung des ersten "Tintenherz"-Romans von Deutschlands Bestseller-Autorin Cornelia Funke. Und es stellt sich sehr schnell heraus, dass die Bücher von Frau Funke schon fast in einer Liga mit denen einer gewissen Frau Rowling spielen, deren Kino-Adaption dies aber bei weitem nicht tut.
Dabei ist der Anfang schon aufgrund seines geschickten Handlungsaufbaus zunächst recht viel versprechend. Zumindest der von jeglichem Vorwissen unbelastete Zuschauer hat nämlich erst einmal gar keine Ahnung worum es geht und worauf das Ganze hinauslaufen soll. Wir befinden uns bereits mitten in der Geschichte, ohne zu wissen was den verzweifelten Mo denn eigentlich umtreibt. Erst nach einer guten halben Stunde erfahren wir die Vorgeschichte und leider ist damit dann auch der interessanteste und noch gelungenste Teil der Filmversion bereits vorbei. Dass darauf folgende Hin und Her zwischen gefangen genommenen und wieder befreiten Helden lässt nur wenig davon erahnen, welche Faszination die Buchvorlage auf so viele Menschen ausübt, und bietet wenig mehr als eine stark gekürzte Bebilderung der Vorlage.
Die Besetzung ist dabei noch vom Feinsten, denn Funkes Wunschkandidat Brendan Fraser passt in der Tat gut in die Rolle des Mortimer Folchart, und mit Paul Bettany sowie den verlässlichen Veteranen Helen Mirren undd Jim Broadbent ist man hier durch die Bank gut aufgestellt. Lediglich Andy Serkis (der "Darsteller" von "Gollum" und "King Kong" aus den Peter Jackson-Filmen) kann als schmieriger Schurke nicht so ganz davon überzeugen, dass er auch ohne computertechnische Verfremdung genügend Ausstrahlung besitzt.
Besetzung also top, aber dann beginnen die Probleme: Ein mit Iain Softley eher unbekannter Regisseur mit bisher auch nur mittelprächtigen Meriten ("Der gläserne Schlüssel", "Die Flügel der Taube") kann mit seiner Inszenierung nicht untermauern, warum denn die Wahl für dieses Prestigeprojekt nun gerade auf ihn gefallen ist und nähert so eher den Verdacht, dass es sich aus der Sicht Hollywoods gar nicht wirklich um ein solches Prestigeprojekt handelt - wofür auch das übersichtliche Budget des Films spricht. Während die Tricks allemal brauchbar sind, galt es bei der Ausstattung offensichtlich schon deutliche Abstriche zu machen, und so entpuppt sich beispielsweise die mittelalterlich angehauchte Burg, die den Schurken als Hauptquartier dient, nur als ein etwas größerer Sandkasten.
Den unvermeidlichen Kürzungen halten wir auch mal freundlicherweise die zumindest dem Nicht-Leser auffallenden Logiklöcher von unterschiedlicher Größe zugute. Wenn man also doch nicht unbedingt aus einem gedruckten Exemplar des Buches vorlesen muss, um den ganz speziellen Effekt zu erzielen, und wenn hier quasi jeder (und nicht etwa nur der ursprüngliche Autor) die Geschichte des Buches nach eigenem Gutdünken abändern darf - ja dann hätte der gute Mo doch aber wirklich nicht so lange und überall nach einem Exemplar von "Tintenherz" suchen brauchen, oder?
Und während man sich nicht nur an dieser Stelle am Kopf kratzt, stellt sich einem so langsam die Frage, warum denn die umfassend wie selten eine Autorin in die Produktion involvierte Cornelia Funke sich durchweg so begeistert von dieser Verfilmung zeigt, die angeblich in allen Punkten genau ihren Vorstellungen entsprechen soll. Vielleicht ging es ihr da ja wie dem "Tintenherz"-Autor in der Geschichte, der sich vor lauter Begeisterung über die Menschwerdung seiner Figuren und das Vergnügen, diese nun "live" herumlaufen zu sehen, ebenfalls kaum noch einkriegen kann.
Das Vergnügen sei Frau Funke gegönnt, aber mit etwas mehr Distanz reift leider die Erkenntnis, das wir es hier lediglich mit einem sauber inszenierten, netten Fantasyfilm zu tun haben, dem es kaum gelingt deutlich zu machen, was an ihm denn nun so viel anders sein soll als eine Art "Unendliche Geschichte" unter umgekehrten Vorzeichen, was das Eintauchen in andere Welten betrifft. Für Kenner der Vorlage wohl eine Enttäuschung und für alle anderen definitiv zu unspektakulär. Viel Staub um nichts also sozusagen.
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