Jetzt ist er aber wirklich und endgültig hinüber: Der sadistische Massenmörder oder - je nach persönlicher Sichtweise - engagierte Sozialtherapeut Jigsaw liegt zu Beginn von "Saw IV" mausetot auf dem Seziertisch der Gerichtsmedizin. Und angesichts der Konsequenz, mit welcher sein Körper in den dann folgenden Minuten bearbeitet wird, ist auch völlig klar, dass da Nichts mehr in Sachen Wiederauferstehung zu machen ist, es sei denn man würde dem bisherigen Geist der Reihe widersprechend nun plötzlich in die fantastischen Bereiche eines Jason oder Michael Myers abdriften. Einmal ertönt allerdings noch die Stimme des spielfreudigen Sadisten, denn ein aus seinen Innereien heraus geplumpstes Tonband kündigt vollmundig an, dass dies natürlich noch lange nicht das Ende sei. Was folgt ist also eine neue Schnitzeljagd, bei der sowohl die wenigen noch verbliebenen, als auch die anscheinend schon verblichenen Ermittler eine Rolle zu spielen haben und bei der selbstverständlich wieder nahezu jeder neue Hinweis eine weitere Leiche zurück lässt.
Es gibt allerdings auch noch einen völlig neuen Nebenstrang zu verfolgen, mit dem die Macher das Problem, nun einen neuen "Saw"-Film ohne ihre markante Ikone drehen zu müssen, recht elegant lösen, zumindest für diese Episode der Endlosserie. Gemeint ist natürlich "Jigsaw Rising", die Schilderung der Vergangenheit des Mannes mit dem bürgerlichen Namen John Kramer. Über die Berichte seiner von der Polizei verhörten Ex-Frau Jill erfahren wir also, wie der zuvor gutmütige John durch traumatische Erlebnisse zu dem wurde, den wir in den vorherigen drei Filmen das Vergnügen hatten kennen lernen zu dürfen. Nun beklagt man ja gerne und nicht erst seit Darth Vader die Entmystifizierung vormals als "cool" klassifizierter Charaktere durch ein Zuviel an nachträglich eingebautem Hintergrund und Erklärungen. In diesem Fall gelingt diese "Entstehungsgeschichte" allerdings ganz ordentlich und harmoniert auch ausgezeichnet mit den sowieso eher sanften Gesichtszügen von Jigsaw-Darsteller Tobin Bell. So kommt es also zu der leicht paradoxen Situation, dass dieser erst in dem Film, der hauptsächlich nach dem Ableben seiner Figur spielt, mal wirklich viel zu tun bekommt. Diese Szenen sind allemal eine Bereicherung des ansonsten wirklich langsam ermüdenden Fallen- und Terrorspiels, welches auch diesmal wieder nach bekanntem Muster verläuft. Was sowohl bedeutet, dass nur die Wenigsten ihre "Chance" nutzen, die jeweilige Prüfung zu bestehen und mit dem Leben davon kommen, als auch den wieder verwendeten Twist mit sich bringt, einen bereits bekannten Charakter Gefallen an diesen nach wie vor ziemlich perversen Erziehungsmaßnahmen gewinnen zu lassen. Einzig überraschend (und zudem ziemlich unerwartet) reift dabei lediglich die Erkenntnis, dass man sich beim Andrehen der Brutalitätsschraube im Vergleich zum Vorgänger sogar ein Wenig zurückgenommen hat und die einzelnen Todeskämpfe diesmal nicht ganz so explizit inszeniert werden, ohne dass man sie deshalb nun gleich "human" nennen dürfte. Aber wer die genussvoll zelebrierte Eröffnungsszene unbeschadet überstanden hat, in welcher dem toten Bösewicht buchstäblich die Eingeweide herausgenommen und sein Körper kunstvoll zerstückelt wird, der braucht für den dann folgenden Rest gar nicht mehr allzu Heftiges befürchten.
Wirklich spannend ist das Alles dabei nicht mehr, jedenfalls nicht was die in der Gegenwart spielende Hauptgeschichte betrifft. Aber ein bisschen Respekt darf man den kreativen Köpfen hinter der Reihe durchaus erweisen, dafür wie sie immer wieder geschickt und bisher auch noch weitgehend widerspruchsfrei tragende Figuren aus den Vorgängerfilmen mit der jeweils neuesten Episode verknüpfen und dabei ihr Universum immer weiter ausspinnen. Nachdem mit Teil Drei die Luft doch schon ziemlich entwichen schien, ist es jetzt zumindest nicht schlimmer sondern eher wieder etwas interessanter geworden. Wobei die Betonung dabei ausdrücklich auf dem Wort "etwas" liegt, da es eben gerade im die Serie bislang prägenden Bereich der fiesen Fallen einige Ermüdungserscheinungen und auch die eine oder andere Länge gibt. Aber immerhin: Bei einer derart gnadenlos auf kommerzielle Ausschlachtung ausgerichteten Franchise mit ihren schamlos angekündigten jährlichen Fortsetzungen hätte es ja auch deutlich schlimmer kommen können. Ein besonders starker Qualitätsabfall ist bei "Saw IV" jedenfalls nicht zu verzeichnen.
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