Loki (Folge 1+2)

von Matthias Kastl / 8. Juni 2021

Nach "Wanda Vision" und "The Falcon and the Winter Soldier" baut Disney+ sein kleines Marvel-Serienimperium konsequent weiter aus und plündert dazu nun auch die Antagonisten-Abteilung der Avengers. Die Auftritte des charismatischen Loki waren dort ja immer durchaus unterhaltsam, doch es stellt sich natürlich die Frage, ob Odins moralisch korrupter Adoptivsohn auch eine ganze Serie tragen kann. Die ersten beiden Folgen von "Loki" geben hier durchaus Grund zur Skepsis, denn die Macher sind spürbar damit überfordert, die Figur halbwegs überzeugend in die von ihnen ausgedachte Story zu integrieren.

Als wir Loki (Tom Hiddleston) das letzte Mal gesehen haben, hatte er sich seiner Verhaftung in "Avengers: Endgame" dank dem Einsatz des magischen Tesserakt gerade noch so entziehen können. Die Flucht in ein scheinbar entspannteres Paralleluniversum ist aber nur kurz von Erfolg gekrönt, denn auf einmal sieht sich Loki wieder in Handschellen. Er hat nämlich gegen die Spielregeln der TVA (Time Variance Authority) verstoßen, einer Art Zeitreise-Polizei, die seit Jahrhunderten darauf achtet, dass jeder brav sein verdientes Schicksal erfährt und den vorbestimmten Zeitstrahl nicht durcheinander bringt. Dass es auch diesmal wieder nicht zu Lokis Verurteilung kommt, liegt an dem Zeitreisen-Ermittler Mobius (Owen Wilson), der Loki mal eben als seinen Partner rekrutiert. Ein mysteriöser Unbekannter lockt nämlich die Einsatzteams der TVA immer wieder in tödliche Hinterhalte, und ausgerechnet Loki könnte auf der Suche nach dem Mörder entscheidende Hinweise liefern.

Es gibt also eine mächtige Zeitreise-Polizei bei Marvel, die das Herumspielen mit der Zeitlinie unterbindet? Da stellt sich schon die Frage, ob die Truppe bei den letzten Abenteuern der Avengers gerade im Dauertiefschlaf war. Nein, das ergibt nicht wirklich Sinn, aber irgendwie möchte man ja eine coole Geschichte erzählen und weiterhin viel Geld verdienen. Anstatt dieses riesige Logikloch aber leichtfüßig zu überspringen, verwendet man vor allem in der ersten Folge von "Loki" viel Zeit darauf, dem Publikum irgendwie das Ganze erklären zu wollen. Was keine gute Idee ist und erst recht die Aufmerksamkeit auf die Instabilität dieses Storygerüsts legt.

Überhaupt sind die ersten beiden Folgen viel zu viel damit beschäftigt, uns auf behäbige Art und Weise die wackelige Grundkonstellation verkaufen zu wollen, anstatt einfach rauszugehen und Spaß zu haben. Wieso ausgerechnet der manische Loki nun eine gute Wahl für einen Polizisten-Sidekick ist und warum dieser dann brav Ermittlungsakten wälzt, dafür versucht sich das Drehbuch gefühlt andauernd zu rechtfertigen. Was dann zu so misslungenen Szenen wie einer Psychoanalyse von Loki führt, in deren Folge unser sonst so leichtfüßiger Gott schwermütig seine eigene Boshaftigkeit analysiert und eingesteht. Und sowas hat noch selten einem Bösewicht gut getan.

Nein, hier passt inhaltlich zu Beginn wirklich nicht so viel zusammen. Und auch wenn man wohlwollend manches davon als großen Masterplan von Loki interpretiert – es macht einfach nicht soviel Spaß, die Hauptfigur hier so gehemmt zu sehen. Auch Tom Hiddleston merkt man an, dass er teilweise gar nicht so richtig weiß wie er mit seiner Figur in diesem unpassenden Storykorsett nun agieren soll. Vereinzelt deutet sich zwar durchaus Potential für eine nette Bromance zwischen ihm und dem lakonischen Mobius an, aber immer wenn sich etwas Entspannung breit machen will, schaltet das Drehbuch wieder in den behäbigen Erklärmodus.

Es gibt aber zumindest kleine Lichtblicke. Die Hintergrundstory der TVA wird mit einer durchaus kreativen und witzigen Comic-Sequenz erklärt, die Effekte sind zwar nicht spektakulär, aber gelungen, und ein paar kleinere Gags sorgen zumindest ab und zu für etwas Auflockerung. Auch die Zeitreise-Story hat ja durchaus Potential, auch wenn man sich irgendwie an den alten Jean-Claude Van Damme-Streifen "Timecop" erinnert fühlt (die TVA hieß dort noch TEC: Time Enforcement Comission). Aber so richtig will die Geschichte zumindest in den ersten beiden Folgen nicht an Fahrt aufnehmen, da die Hauptfigur einfach zu deplatziert wirkt und sich nie richtig entfalten kann. Genauso wie die Serie unsicher zwischen den Genres Science-Fiction, Drama, Comedy und Buddy-Cop-Movie hin und her schwankt.

Vielleicht besteht aber ja doch noch Hoffnung, dass "Loki" schlussendlich seine Verkrampftheit ablegt. Gegen Ende der zweiten Folge scheint sich die Figur nämlich dann doch ein wenig ihrer schweren Storybürde entledigen zu können, um sich eventuell wieder in "natürlichere Charakterbahnen" zu begeben. Ob das bei nur sechs Folgen in der ersten Staffel aber nicht vielleicht ein bisschen zu spät ist, wird sich noch zeigen. Immerhin kann "Loki" die ersten Folgen mit guten Cliffhangern beenden, aber es wird mehr als das brauchen, um den Gott des Schabernacks auf die richtige Spur zu bringen.

Loki startet mit der ersten Folge ab dem 9. Juni 2021 auf Disney+, danach erscheinen die neuen Folgen im Wochenrhythmus jeden Mittwoch.

Bilder: Copyright

Im Prinzip könnte ich diesen Kommentar zu jedem Marvel-Filmprodukt nach dem ersten Avengers schreiben, doch im Rahmen dieser großen Aufeinandertreffen der Helden und Bösewichte ergaben einige Origin- und Solo-Stories durchaus einen Sinn.
Nun sind wir aber an einem Punkt, an dem es - ähnlich wie bei Star Wars - irgendwann so überhand nimmt, dass man wirklich jede Figur ausschlachtet und sogar Serien darüber dreht.
Damit wird das ganze Konstrukt irrelevant, alles wird erklärt, erzählt oder verworfen und neu erzählt und wenn es gar nicht mehr zusammenpasst, nehmen wir halt Parallel-Universen oder Zeitreisen.
Ach Mensch! Ich habe mich gefreut, als mit Sam Raimis Spiderman endlich ein Film kam, der aussieht, wie die Comics. Ich habe mich gefreut, dass der Avengers Film wirklich zustande gekommen ist. Ich habe mich gefreut, dass ich Superhelden, die ich in den Comics nie so geschätzt habe, besser kennenlernen durfte.
Aber jetzt bin ich satt und ich sehe nur noch die Dollarzeichen in den Augen der Disney Vertreter. Jeder Film muss mit einer weit offenen Tür enden, um ja nichts beenden zu müssen, es ist einfach so vorhersehbar und so offensichtlich.
Aber was rege ich mich auf: ich werde diese Serie niemals sehen, da mein Interesse marginal ist und ich definitiv keinen weiteren Streamingdienst abonnieren werde.

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Besonders am Anfang weiß die Serie für mich zu überzeugen, was besonders an dem Hin und Her zwischen Tom Hiddleston und Owen Wilson liegt. Ich finde, hier hat die Serie ihre starken Momente, weil die das Charisma ihrer beiden Hauptdarsteller super ausnutzt.

Mit jeder weiteren Folge muss es dann aber alles wieder mindestens episch werden und so landet man beim typischen Avangers-Problem: Bei der zehnten Bedrohung der Welt/des Universums isses dann auch nicht mehr so bedeutend.

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