Mit "The Proposition - Tödliches Angebot" erscheint mit zweijähriger Verspätung ein Film auf DVD, dem Vorschusslorbeeren als "bester Western seit ‚Erbarmungslos'" und echtes Filmerlebnis vorausgingen. Darum gleich im Voraus: Ja, der Film ist so gut (auch wenn es seit "Erbarmungslos" ohnehin eigentlich keinen richtig großartigen Western mehr gab, aber was soll's), wird sich wohl als eines der Highlights des Filmjahres erweisen und wird erfreulicherweise auf DVD technisch auch so präsentiert, wie es sich gehört. Soll heißen: Die atemberaubenden Breitbildaufnahmen von Benoit Delhomme werden in einem perfekten Bildtransfer eingefangen, der Ton unterstützt das Geschehen mit pfeifenden Kugeln im Anfangsgefecht und dem eigenwilligen, aber gelungenen Score von Nick Cave, der hier auch für das Drehbuch verantwortlich ist. Nur an Extras gibt es leider im Gegensatz zu den englischen oder amerikanischen Discs leider nichts (und zwar wirklich nichts, null, nada, niente), was ausgesprochen schade ist. Zumal Cave sicher einiges Interessantes zu erzählen hat zur Entstehung des Projekts, bei der er eigentlich nur mal lose angesprochen wurde, ob er nicht Lust habe den Soundtrack für einen Western zu verfassen und ein paar Wochen später mit dem Drehbuch zu "The Proposition" fertig war. Die von ihm ersonnene Geschichte dreht sich um drei Brüder, die berüchtigte Murphy-Bande. Zwei der Brüder, Charlie (Guy Pearce) und sein jüngerer Bruder Mike (Robert Wilson) werden von dem Polizeibeamten Stanley (Ray Winstone) verhaftet. Stanley macht daraufhin Charlie das titelgebende tödliche Angebot: Er hat neun Tage Zeit, seinen älteren Bruder Arthur (Danny Huston), den unberechenbaren und psychopathischen Anführer der Bande, zu finden und zu töten, ansonsten landet der junge Mikey am Galgen. Diese ungewöhnliche Maßnahme des keineswegs sadistischen, sondern vom Aufbau einer Zivilisation mit Recht und Ordnung getriebenen Stanley bekommt bald für ihn und seine Frau (Emily Watson) unschöne Konsequenzen, als sich Stanleys Chef (David Wenham) einmischt. Währenddessen zieht Charlie durch die unwirtliche australische Wüste, das tödliche Angebot in Gedanken und den Finger schnell am Abzug…. Hätte es "Bloody Sam" Peckinpah in seiner zu kurzen und zu selbstzerstörerischen Karriere mal nach Australien verschlagen, er hätte wohl einen Film wie "The Proposition" gedreht. Blutig, knallhart, voller Antihelden. Einzig Peckinpahs durchaus vorhandene Sentimentalität, die selbst seine derbsten Gewaltopern durchzog, wird hier ebenfalls durch den Fleischwolf gedreht. Regisseur John Hillcoat und Drehbuchautor Nick Cave ersparen sich jede Zartheit, jeden aufgesetzt fröhlichen Moment, um das alltägliche Grauen und die allgegenwärtige Gewalt, welche hier den australischen Outback durchziehen, irgendwie erträglicher zu machen. Und dann muss man sich natürlich daran erinnern, dass das Drehbuch von dem Nick Cave geschrieben wurde, jenem düsteren Poeten, der mit seiner eigenen Bande von unrasierten Outlaws, den Bad Seeds, seit knapp 25 Jahren durch die Weiten der Songschreiberprärie zieht und auch dort kaum Gnade kannte. Erinnerungen werden wach an Caves teils düsteres, teils schwarzhumoriges (mit Humor so schwarz wie die Hölle) Mörderepos "Muder Ballads", in dem er nicht nur Kylie Minoque als Eliza Rose abmurkste, sondern in der vulgär-brutalen Westernballade "Stagger Lee" auch so unglaubliche Zeilen sang wie "'Yeah, I'm Stagger Lee and you better get down on your knees / And suck my dick, because if you don't you're sure to be dead" und "Well those were the last words that the barkeep said / ‚Cause Stag put four holes in his motherfucking head". Caves gemütvolle Seite scheint auch im Porträt des Ehepaars Stanley durch, das sich auch in der unbarmherzigen Hölle der australischen Einöde nicht nur an seine Liebe klammert, sondern auch an die Erinnerungsstücke einer zivilisierten Welt daheim in England, deren Rituale im Dreck und der gesetzlosen Einsamkeit um sie herum fast albern wirkt. Aber für seine Frau und besonders für Stanley selbst sind es einzig diese kleinen Rituale - das Anbauen eines Gartens, das englische Frühstück - die sie davor bewahren, dem sie umgebenden Wahnsinn, der Gesetzlosigkeit, dem Schmutz und dem Teufel anheim zu fallen. Das Land selbst, es ist der heimliche Hauptdarsteller von "The Proposition". Diese unwirtlichen, auch unwirklichen Landschaften, die noch etwas anderes zu verbergen scheinen als den Banditen Arthur. Kein Wunder, dass der sich in die Berge verdrückt hat, um dort als Mischung aus Scharlatan, Schamane und Serienkiller zu leben. Geholfen wird der ambitioniert geschriebenen Figur durch die Darstellung von Ray Winstone, dessen übliche Besetzung als eisenharter Scheißkerl (wie gerade kürzlich in "Departed - Unter Feinden") ihn eigentlich für die Rolle des harten Polizeimanns prädestiniert, der aber vor allem in den ruhigeren Szenen glänzt. Winstone zeigt alle Seiten seiner Figur und beweist wie schon in Filmen wie "The War Zone", dass in ihm mehr steckt als nur der harte Bösewicht. Als seine Frau ist Emily Watson eine recht schmale undankbare Rolle zugefallen, welche die hier aufgrund ihrer Schwangerschaft ausnahmsweise nicht schmale Schauspielerin aber trotzdem recht gut ausfüllt. Einzig David "Faramir" Wenhams Rolle als arroganter englischer Kolonialist bleibt Karikatur. Bisweilen weht in einem derart metaphysisch angehauchten Western wie diesem freilich nicht nur das Lied vom Tod durch die Prärie, sondern auch ein Hauch des Prätentiösen, wenn etwa einige Landschaftsaufnahmen mit ein bisschen Lyrik aus der Feder Caves (die er dann im "Rider Song" über dem Abspann auch in Liedform darbietet) unterlegt werden. Was aber anderswo peinlich und doof wirkt, passt hier einfach - zu den mythischen Untertönen, die man besonders der Figur des Arthur Murphy verpasst hat, zum (alp-)traumhaften Ton und Tempo, zur Charakterisierung der australischen Einöde als Ort des Wahnsinns. The Proposition - Tödliches Angebot DVD |
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