Hard Candy

Originaltitel
Hard Candy
Land
Jahr
2005
Laufzeit
103 min
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Volker Robrahn / 1. Juni 2010

Bei "Hard Candy" handelt es sich zweifellos um einen Film, der beim Publikum ein sehr gespaltenes Echo hervorrufen wird. Es lässt sich ganz vorzüglich darüber streiten, welche Moral denn hier vertreten werden soll, es lässt sich aber bestimmt auch genauso argumentieren, dass diese Frage vollkommen überflüssig ist, da diesem Film sowieso jegliche Glaubwürdigkeit fehlt. Unwidersprochen lässt sich aber auf jeden Fall Eines sagen: Dieser Film entfaltet nur dann seine volle Wirkung, wenn man vorher möglichst wenig bis gar Nichts über ihn weiß und sich von der Entwicklung der Handlung komplett überraschen lässt. Daher wird die gewohnte Inhaltsangabe hier nicht nur entsprechend kurz gehalten, sondern auch die deutliche Empfehlung ausgesprochen, sich mit der Besprechung des Films erst dann auseinander zu setzen, nachdem man ihn gesehen hat.

Sofern einen denn das hier überhaupt in Ansätzen interessiert: Nachdem sie sich über einen Internet-Chat kennen gelernt haben, kommt es zum ersten persönlichen Treffen zwischen Hayley und Jeff. ER scheint ein wenig überrascht, aber keinesfalls enttäuscht, dass seine neue Bekanntschaft erst 14 Jahre jung ist, SIE ist erfreut, dass es sich bei ihm nicht um einen typischen Computer-Nerd, sondern um einen recht attraktiven Mann Anfang Dreißig handelt. Für Jeff läuft die Begegnung ausgezeichnet, denn dass Hayley sofort bereit ist mit in sein Haus zu kommen, scheint ihm nur recht. Dort beeindruckt der erfolgreiche Fotograf das junge Mädchen weiterhin mit seinem Charme und einem stilvollen Luxus-Apartment. Als er beginnt, hochprozentige Cocktails zu mischen, muss man sich anscheinend langsam Sorgen um den naiven Teenager in seinem Haus machen.

Oder auch nicht, oder vielleicht eher um den guten Jeff. Denn plötzlich entwickelt sich ein psychologisches Katz- und Mausspiel, bei dem die Rollen keineswegs so klar verteilt sind, wie es zunächst den Anschein hat. Es wird unschön, es wird schmerzhaft, und das nicht nur im erwähnten psychischen Sinne. Ja, diese Geschichte entwickelt sich im wahrsten Sinne des Wortes so unglaublich, dass sie mehrmals haarscharf am Rande dessen verläuft, was man noch ernst nehmen kann. Allerdings weicht die Neigung zum abfälligen Lachen dann doch meist wieder einer gewissen Beklemmung und Unbehaglichkeit. Und vor allem auch einer nicht zu leugnenden Spannung, denn wenn "Hard Candy" eines ganz bestimmt nicht ist, dann ist es vorhersehbar.
Von Versöhnung bis Mord scheint hier jederzeit alles möglich, und dass der Film die Grenze zur Lächerlichkeit dann eben doch nicht überschreitet, liegt einerseits am intelligenten Drehbuch von Brian Nelson, das sich dieser Gefahr sehr bewusst scheint und daher immer wieder gerade noch rechtzeitig die Kurve kriegt, und andererseits natürlich an den beiden Hauptdarstellern, die das Ganze auf ihren Schultern tragen. Wobei die Bezeichnung "Haupt" eigentlich überflüssig ist, handelt es sich bei Ellen Page und Patrick Wilson doch im Grunde genommen um die einzigen Darsteller dieses bemerkenswerten Kammerspiels.

Wem Page in ihrer kleinen Rolle als durch Wände laufende Kitty Pride im letzten "X-Men"-Film aufgefallen ist, der dürfte ob ihrer Verkörperung der perfiden Hayley den Mund vor Staunen kaum noch zu bekommen, denn so etwas hat man wohl noch nicht gesehen. Auch Wilson fiel bislang mit Nebenrollen im "Phantom der Oper" oder der erfolglosen "Alamo"-Neuverfilmung nicht wirklich auf und schafft es hier nun, eine große Portion Sympathie und Mitleid für ein offensichtlich pädophiles Arschloch zu erspielen.
Denn Regisseur David Slade hat diese Low Budget-Produktion, die auch sein Spielfilmdebüt markiert, so gekonnt im Griff, dass es ihm damit gelingt die Gefühle des Zuschauers auf beeindruckende Weise zu manipulieren. Der Versuchung, abwechselnd Sympathie und Zuneigung sowie Hass und Abscheu gegenüber den Protagonisten zu empfinden, kann sich selbst ein abgebrühter Betrachter hier nur schwerlich entziehen. Das verdient einfach Lob, und daher sind die kleinen Schwächen, die dieses nur in Punkto Drehzeit, Ausstattung und Anzahl der Mitwirkenden minimalistische Werk zweifellos auch besitzt, gern verziehen.
Denn wem es gelingt, bei einer derart heiklen Geschichte so gekonnt die an jeder Ecke lauernden Fallstricke zu umschiffen, der sollte dafür von Publikum und Kritik belohnt werden und dies als Ansporn sehen, diesem viel versprechenden Debüt vielleicht bald noch etwas Größeres folgen zu lassen.


4
4/10

Der Film, vom dramaturgischen und optischen Gesichtspunkt aus betrachtet eigentlich recht gut, hat mich vor allem inhaltlich irritiert. Und nachdem ich darüber nachgedacht habe, was mich denn dort so irritiert und hier die Kommentare gelesen habe, bin ich durchaus wütend geworden. Denn der Film vermengt zwei grundsätzlich zu trennende Themen, die Verführung Minderjähriger und Pädophilie. Dabei handelt es sich beim Ersteren um eine gesellschaftlich geächtete Verhaltensweise und bei Letzterem um eine schwere Straftat (§ 176 StGB). Es ist eben etwas völlig anderes, ob ein erwachsener Mann (oder auch eine Frau) einen 14 bis 16 jährigen Teenager verführt, oder ob sich Erwachsene an Kindern vergehen. Der Unterschied wird schon am Wort verführen deutlich und besteht im Wesentlichen in der Geschlechtsreife und der Urteilskraft. Die gesellschaftliche Ächtung, von Sex zwischen Erwachsenen und Teenagern, beruht dabei darauf, daß sowohl Geschlechtsreife, als auch Urteilskraft, nicht einfach vorausgesetzt werden können. (Sie sind gerade in diesem Alter starken Veränderungen unterworfen und sehr ungleich verteilt.) Bei Kindern ist beides hingegen eindeutig nicht gegeben. Deshalb geht es in dem Film, zumindest nach deutschem Recht (und wie ich finde auch deutscher Sexualmoral) in keinem Falle um Pädophilie, sondern um Verführung Minderjähriger. (Zumindest was die vierzehnjährige Hauptdarstellerin und den Fotographen betrifft. Und der Umstand, daß die Schauspielerin 19 Jahre alt war, macht die visuelle und emotionale Reaktion noch prekärer.) Das ist auch der Grund, warum mich der Film und die meisten Kommentare dazu wirklich verärgert haben. Denn eine Vermengung beider Themen verharmlost Pädophilie bis zur Unkenntlichkeit. Dabei geht es nämlich nicht um Verführung, sondern um grausame Gewalt an Wehrlosen mit schweren körperlichen und seelischen Schäden. Auch bei einem zum Sex verführten Teenager können seelische Schäden entstehen, weshalb seine gesellschaftliche Ächtung Sinn macht. Aber beides sollte doch bitte klar getrennt werden. Jeder Erwachsene sollte sich deshalb darüber klar sein, daß er sich bei Sex mit Teenagern auf sehr dünnes Eis begiebt. Andererseits weiß ich aber auch aus Erzählung vieler Frauen in meinem Alter (34), daß sie sich als Teenager ganz bewußt Männer zwischen 22 und 25 Jahren für ihren ersten Sex ausgesucht haben.
Aus diesen Gründen finde ich den Film bzw. seine Rezeption sehr ärgerlich. Es mag sein, daß sowohl die Rechtslage, als auch die Sexualmoral in den USA anders sind. Deshalb sollten wir uns aber doch nicht in unserem Rechts- und Moralempfinden beirren lassen. Ein Film der wirklich Pädophilie thematisieren wollte, hätte ganz anders aufgezogen werden müssen. Denn wenn es beim (nicht erfolgten Sex) zwischen dem Fotographen und der Hauptdarstellerin um Pädophilie gehen würde, dann wäre Pädophilie in Deutschland nicht strafbar und jeder zweite Mann und jede dritte Frau müßte sich pädophile Neigungen (nicht Handlungen) eingestehen, was die ganze Absurdität verdeutlicht.

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1
1/10

schon nicht schlecht...aber eigentlich behindert...voll der hängengeblieben film, wer dreht sowas ???

hätte ich mich besoffen oder wer pennen gegangen, hätt ich megr von der zeit gehabt............nie wieder !!!!!!!!!!!!!

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9
9/10

Jeder Kommentar zum Film kann eigentlich nur ein SPOILER sein, dies nur nochmals zur Warnung ;-)

Vorab: ich finde, Herr Robrahn hat eine sehr gelungene Rezension verfasst, genau wie eigentlich viele derer, die hier vor mir hier schon darüber geschrieben haben. Und genau das ist die große Stärke des Films. Er lässt den Zuseher bereits während des Geschehens hin und her schwanken, die richtige Position zum Geschehen suchen. Aber das geht im Endeffekt kaum.

Patrick Wilson stellt die Opferrolle so glaubhaft dar, und die Aktionen/das Auftreten des Mädchens scheinen so kühl, so fies (mir fällt kein treffenderes Wort ein), dass die Emotionen im Zuschauer hochkochen und man sich des Öfteren dabei ertappt, sich die rettende Faust in ihr Gesicht oder am besten auch gleich das Messer in den Bauch herbeizusehnen.

Nur: das ist das, was man sieht. Was man nicht sieht (bzw. nicht gesehen HAT), wird dem Zuschauer im Laufe des Films stückchenweise klar, und es kollidiert mit dem Geschehen. Man legt es beiseite, will vielleicht einen Kompromiss. Diesen gibt es nicht, und erst wenn man den Film während des Abspanns sacken lässt und das Hirn wieder Kontrolle über die Emotionen erlangt, wird klar, dass der Mann sich diesen Kompromiss schon vor einiger Zeit verspielt hat. Er hatte dem Mädchen seinerzeit nicht den Luxus irgendeiner Wahl gelassen, er war aktiv an ihrem Mord beteiligt; in welcher Rolle auch immer (er war es wohl wirklich nicht, das ist ihm eher zu glauben). Hier muss ich auch der Rezension von "Miesepeter" (s.o.) widersprechen, denn es geht hier um weit mehr, als "nur" Verführung Minderjähriger oder Pädophilie. Was muss es für ein abscheulicher Mord gewesen sein, wenn der Kerl sich das gerne noch auf Foto festgehalten hätte? An welcher Szenerie mag er da teilgenommen haben? Warum kennt er Menschen, die kleine Mädchen töten? War es das erste Mal? Und auch: habe ich als Zuschauer tatsächlich die vergangenen 80 Minuten vornehmlich auf seiner Seite gestanden?? Das momentane Gefühl des Mitleids war eben stark.

Führt uns zur nächsten moralischen Frage. Selbstjustiz; Rache. Kann man das wirklich vertreten? Eigentlich natürlich nicht! Moment - hatte ich mir nicht vor 10 Minuten noch das Messer in ihren Bauch gewünscht? Ich fühle mich irgendwie ertappt. Wo sind also die Grenzen zu setzen? Und zählen sie überhaupt noch, wenn Du gerade an einer OP der "ganz besonderen Art" teilgenommen hast und das Messer nun endlich in Deiner Hand ist? Oder wenn Du einen gemeinen Mörder zur Strecke bringen kannst, dessen Schuld vor Gericht nicht bewiesen werden kann? Vielleicht, wenn Du es nicht selbst tust, sondern ihm die "Wahl" lässt?
Hand aufs Herz: wem nicht schon einmal bei Berichten über widerliche Verbrechen der Satz "dem gehören einfach die Eier abgeschnitten" über die Lippen gekommen ist, der werfe den ersten Pfadfinder-Keks.

Ich weiss auch nicht genau, wie man das moralisch im Endeffekt bewerten soll. Aber ich weiss, dass ein Film, der mich an einem gewöhnlichen Dienstagabend so gekonnt aufwühlt und danach zu solchen (und noch vielen weiteren!) Diskussionen anregt, mit einer Bewertung nicht unter 9 Punkten davon kommen sollte.

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10
10/10

der film ist so gut! und die schauspieler sind fantastisch. bei viellen filmen hat man das gefühl das es langweilige stellen gibt, aber diesen film nichts da!

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7
7/10

(spoiler)
gut gemacht der film, klar. tolle kamera, tolle perspektiven, großes kino.
aber er hinterlässt den schalen eindruck: todesstrafe für vergewaltiger.
denn so geht er ja aus, der film. und das kann nicht die lösung sein.
hier gibts einen interessanten text, der herausstellt, dass die wenigsten pädophile tatsächlich vergewaltigen (=vergewaltiger sind meistens nicht pädophil) und dass "augeum auge" einfach keine lösung ist:
http://www.mondamo.de/strafe.htm

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1
1/10

Dieser Film ist einfach nur schlecht! Diese kleine göre will Jeff um den Verstand bringen... tolle Story.....
Hardy Candy ist nicht zu empfehlen!

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Ich kann den Film nur weiterempfehlen

Das man mit keinen der beiden Hauptdarsteller mitfühlen kann, kann ich nicht bestätigen. Gefühle wurden beiderseits jede Menge gezeigt, wenn auch eher durch Blicke als durch Worte.

Keiner der beiden Characktere spielt hier den Guten,
aber das manche sie als Monster bezeichnen ist für mich unverständlich.

Die Schauspieler haben gute Arbeit geleistet, haben den Hauptrollen starke Charackterzüge gegeben, menschlich, verletzlich, beide mit tiefen dunklen Seiten.

Absollut sehenswert und regt zum nachdenken an

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9
9/10

Es war halt am Ende ein Film und keine Doku, deshalb muss man hier nicht mit dem Strafgesetzbuch drohen oder sich angegriffen fühlen, wenn ein Teenie über einen erwachsenen Mann dominiert.

Klar waren einige verhaltensweisen der jungen Frau überzogen, doch liefert uns der Film mit minimalistischen Mitteln ein Maximum an Unterhaltung und das ohne jegliche CGI-Effekte. Klar sollte man das Thema, welches hier behandelt wird vorsichtig mit der Kneifzange anfassen, doch drückt einem die Regie hier keine Meinung auf, sondern lässt jedem Freiraum und die Möglichkeit selber drüber nachzudenken. Auch wenn die Situation zum Ende klarer wird.

Zum Thema Vorhersehbarkeit: Das kann ich nicht bestätigen. Wer behauptet das dieser Film vorhersehbar ist, der hat wahrscheinlich generell kein Gefallen am Film gefunden.

@ Movienerd: Dein Begründung ist zwar loblich kurz, sagt aber eher aus das du ihn nicht gesehen hast.

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