The Saddest Music in the World

Originaltitel
The Saddest Music in the World
Land
Jahr
2003
Laufzeit
96 min
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Paula Deubner / 17. März 2011

 

Winnipeg, 1933, in der Hochphase der Weltwirtschaftskrise, auch bekannt als die "Depression Era". Der ebenso schnöselige wie bankrotte Broadway-Produzent Chester Kent (Mark McKinney) wird von seiner traumverlorenen Geliebten Narcissa (Maria de Medeiros) zu einer Wahrsagerin geschleppt. Er lässt sich von Narcissa einen runterholen, während die alte Frau ihm befiehlt, einen Eisklotz festzuhalten und sich darauf zu konzentrieren, was mit ihm passiert. Chester sieht sich als kleinen Jungen beim familiären Kammerkonzert; seine Mutter, schräg trällernd, bricht tot über dem Klavier zusammen. Chester erwacht aus seiner Trance und behauptet, dass er nicht geweint hätte. Die Wahrsagerin lacht ihn aus und prophezeit ihm Unheil, da er seine wahren Gefühle nicht erkennen will. Chester hat andere Sorgen: er hat gerade seinen letzten Cent für diese Form der psychologischen Behandlung ausgegeben. Als Lady Port-Huntly (großartig: Isabella Rossellini), die Bier-Baroness, einen Wettbewerb ausrufen lässt, welche Nation die traurigste Musik der Welt produziert, wittert Chester seine Chance: das Preisgeld liegt bei astronomischen 25.000 "Depression-Era-Dollars". Mit dem Wettbewerb nimmt das Unheil seinen Lauf - komisch wie der Rutsch ins Riesenbierfass, zu dem die Etappen-Gewinner des Wettbewerbs antreten.
Der traurigste Mensch des Films ist Chesters Bruder Roderick (Ross McMillan), der bei seinem Auftritt als serbischer Cellist Gavrilo in Narcissa seine Frau erkennt. Während er sich in schwarze Schleier gehüllt hat und zum Hypochonder geworden ist, verschwand sie nach dem Tod ihres gemeinsamen Sohnes spurlos und flüchtete sich in Amnesie und Sex. Während Chester sich zunehmend um Lady Port-Huntly bemüht, versucht Roderick, Narcissa zurück zu gewinnen. Der eifersüchtige Vater der Brüder sorgt für zusätzliche Komplikationen….

Eine bizarre, exzentrische Fabel ist es, die der Kult-Regisseur Guy Maddin in seiner winterlich-verschneiten Heimatstadt Winnipeg inszeniert hat. Zwei Dreiecksgeschichten, ödipale Konflikte, Verdrängung und Amnesie bilden das psychologische Grundgerüst des Plots, der sich kaleidoskopisch ineinander fügt wie die Schneeflocken, die den schwarz-weißen Film auf der Leinwand körnig, gleißend glitzernd verfremden.
Maddin nutzt mit Leichtigkeit die Ästhetik der 20er bis 40er Jahre. Er lässt die Tricks eines Kinos, das daherkommen möchte wie das "wahre" Leben, immer wieder lächerlich erscheinen, zum Beispiel in den kurzen Momenten, in denen die Szenen grell koloriert sind - etwa bei einer Beerdigung. Oder den Augenblicken der Hysterie, wenn die beinlose Diva Port-Huntly ihre platinblonde Perücke verliert. Maddin beharrt auf seinen eigenen, kunstvollen Übertreibungen: auf überbelichtete, dramatische Weißtöne und tiefschwarzes Dunkel, welches seine Karikaturen der Traurigkeit gar trefflich in Szene setzt.

Müßig, den Plot des Films weiter aufzudröseln. Auch die Frage, inwieweit die Musik im Film zu kurz kommt, ist letztlich unerheblich. Wer Maddin kennt, wird sich mit Freuden auf ein Meisterwerk des eigenwilligen Filmemachers freuen. Wer ihn nicht kennt, aber Schwarz-Weiß-Filme liebt und Lust hat, sich auf eine surreale, aber auch bissig-satirische Erzählung einzulassen, die ein Feuerwerk filmischer Spielereien auf den erstaunten Zuschauer niederregnen lässt, sollte "The saddest Music in the World" auf keinen Fall verpassen.

Bilder: Copyright

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