Casomai - Trauen wir uns?

Originaltitel
Casomai
Land
Jahr
2003
Laufzeit
116 min
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Volker Robrahn / 10. Februar 2011

Was hätten Sie denn gerne? Eine leichte italienische Sommerkomödie mit einem frisch verliebten Paar, einem launigen Pfarrer und einer bunten Hochzeitsgesellschaft? Oder interessieren Sie sich doch mehr für ein realistisches Sozialdrama, in dem das schleichende Ende einer ehemals glücklichen Beziehung beschrieben wird und auch Themen wie Abtreibung und Streit ums Sorgerecht nicht ausgespart werden? Jede der Varianten hat ihren Reiz, aber wer hat schon gleichzeitig Lust auf beide? Und jetzt Schluss mit den Fragezeichen und heraus mit der ganz klaren Feststellung: Wer sich "Casomai - trauen wir uns!" anschaut, der bekommt tatsächlich Beides in einem Film und das ist dann leider auch ein Problem.

Dabei schaut zu Beginn noch alles nach einer typisch italienischen Charmeoffensive aus: Stefania und Tommaso sind seit einigen Monaten zusammen und haben beschlossen zu heiraten. Die Hochzeit soll natürlich was ganz Besonderes sein und so sucht man sich eine idyllische kleine Dorfkirche aus. Der örtliche Padre kommt dem Wunsch des Paares nach etwas Außergewöhnlichem allerdings anders nach als erwartet. Er unterbricht seine zunächst formelhafte Rede um die Leute, die da vor ihm sitzen, mal etwas näher kennen zu lernen. Und er stellt immer unbequemere Fragen. Nicht nur Stefania und Tommaso, sondern auch deren Freunden und Verwandten und ihren Absichten geht der unkonventionelle Geistliche dabei tief auf den Grund und entwirft für das Brautpaar eine Zukunftsvision, die nur noch wenig Anlass für freudige Stimmung bietet.
Der Zuschauer verfolgt dabei eine Liebesgeschichte von ihren aufregenden Anfängen voller frischer Verliebtheit, über erste Streitereien bis zu den wirklichen Problemen: Ein Kind und ein Job, die soviel Zeit und Aufmerksamkeit beanspruchen, dass die Beziehung dabei langsam auf der Strecke bleibt. Unaufmerksamkeit und Unverständnis des Partners und zu allem Überfluss Freunde, die im Sinne eigener Interessen intrigrieren und manipulieren. Fast zwangsläufig verändert sich dabei auch der Ton des Films, die Stimmung, die Farben. Bis schließlich das Leben von Stefania und Tommaso ein einziger deprimierender Alptraum ist. Aus dem man entweder wieder aufwachen muss oder es von Anfang an gar nicht dazu kommen lassen darf. Und daher stellt ein eigentlich Unbeteiligter rechtzeitig die großen Fragen: Wollt ihr diese Risiken auf euch nehmen, seit ihr euch über die kommenden Schwierigkeiten im Klaren und lassen euch die Anderen überhaupt eine Chance?

Ein grundsätzlich interessantes Experiment ist die oben geschilderte langsame Verlagerung der Atmosphäre des Films von hell nach dunkel, von oben nach ganz unten allemal. Dass die verschiedenen Teile des Werkes dann dabei nicht wirklich harmonieren daher auch eine eigentlich logische Folge. Doch auch wenn dies von Autor und Regisseur D'Alatri demnach gewollt ist, gelungen ist es eher nicht. Der Zuschauer ist nicht nur unvorbereitet auf die Wendung zum Sozialdrama, es stürzt auch viel zu schnell auf ihn zu, als dass er Gelegenheit gehabt hätte sich mit den beiden Protagonisten zumindest soweit anzufreunden, dass es ihn ernsthaft berühren kann. Und um von den dann aufgezeigten - eigentlich jedem auch irgendwo bekannten - Problemen besonders beeindruckt und schockiert zu sein, müsste das Publikum tatsächlich so naiv sein, wie es die Autoren wohl einschätzen. Um aber doch noch eine entsprechende Wirkung zu erzielen, kommt es dann für das arme Paar schließlich so dicke, dass man dieses Elend dann irgendwann auch nicht mehr weiter verfolgen mag.
Der erneute Wechsel zurück zur Feierstimmung fällt dann allerdings ebenso schwer, so dass am Schluss leider nur zu konstatieren bleibt: Hier ist ein ehrenwertes Experiment doch ziemlich misslungen.


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