Da hat sich der Mäuse-Konzern ja einen cleveren Marketingschachzug einfallen lassen. Nur wenige Tage vor dem Deutschlandstart des eigenen Streamingsenders Disney+ versuchte man das deutsche TV-Publikum mit einer ungewöhnlichen Kooperation auf die hauseigene Seite der Macht zu locken. Man zeigte mit "Chapter 1: The Mandalorian" die Premierenfolge der neuesten "Star Wars"-Serie ausgerechnet auf dem in letzter Zeit eher leidgeprüften TV-Sender Pro7.
Eine nicht nur ungewöhnliche, sondern auch irgendwie irritierende Kooperation. Schließlich sind es ja die Streaming-Giganten, die den klassischen TV-Sendern immer weiter das Wasser abgraben. Und man wird das Gefühl nicht los, dass bei dieser Kooperation Disney+ den deutlich besseren Deal eingefahren hat. Auf der einen Seite, weil die Pilotfolge, trotz mancher Schwächen, durchaus Lust auf mehr macht. Und auf der anderen Seite, weil deutlich wird, dass man als Serienfan bei Disney+ sicher besser aufgehoben ist als bei Pro7.
Dabei war das größte Ärgernis im klassischen TV-Umfeld in diesem Fall nicht mal anwesend. Pro7 zeigte die Folge tatsächlich gänzlich ohne Werbeunterbrechung. Falls es der Plan war so ein bisschen Streaming-Feeling zu generieren, ist dieser leider dann doch deutlich missglückt. Zerstört durch nervige Texteinblendungen im oberen Bildschirmrand und, noch ärgerlicher, einen wirklich herzlosen Umgang mit der letzten und schönsten Szene der Folge. Während dieses emotionalen Höhepunktes wurde nämlich bereits direkt das Bild verkleinert und daneben der Abspann eingeblendet. Nein, so erobert man sein Publikum definitiv nicht zurück.
Gelingen könnte dies aber dagegen der "Star Wars"-Franchise. Nachdem die letzten Filme doch eher einen gemischten Eindruck hinterlassen haben, macht "The Mandalorian" (zumindest in seiner ersten Folge) eine deutlich bessere Figur. Die Gründe dafür sind schnell ausgemacht. "The Mandalorian" profitiert einfach ungemein davon, dass die Serie sich lediglich auf eine Figur und eine Story konzentrieren kann.
Wir begleiten in der Serie den gleichnamigen Kopfgeldjäger (gespielt vom stets unter einem Helm versteckten "Game of Thrones"-Darsteller Pedro Pascal) auf seiner Jagd nach "lukrativen Opfern". Seine Kampf- und Waffenkünste darf unser schweigsamer Held zu Beginn erst bei ein paar handelsüblichen Bösewichten ausprobieren, bevor er dann mit einer deutlich anspruchsvolleren Aufgabe betraut wird. Ein mysteriöser Klient (Werner Herzog) bittet unseren Mandalorian eine nicht näher spezifizierte Person zu finden. Und diese dann, tot oder lebendig, bei ihm abzuliefern. Alleine die sehr großzügige Bezahlung lässt dabei schon vermuten, dass dieser Auftrag wohl nicht so ganz einfach werden wird.
Einfachheit ist aber wiederum die große Stärke dieser ersten Folge. Gerade im Vergleich zu den oft zu überfrachtet wirkenden Filmen kommt "Chapter 1 - The Mandalorian" erfrischend simpel und kurzweilig daher. Was natürlich auch an einer entspannten Laufzeit von nur 39 Minuten liegt. Dadurch, dass die Serie deutlich weniger "historischen" Ballast mit sich trägt und weniger Erwartungsdruck als z.B. Episode 9 ausgesetzt ist, kann sie sich aber auch deutlich besser auf das wirklich Wesentliche konzentrieren: ihre Geschichte.
Um es gleich zu sagen, wirklich tiefgründig kommt diese jetzt nicht daher. Aber die Geradlinigkeit, mit der nicht nur unser Protagonist sondern auch die ganze Serie ihren Job erledigt, ist genau das, was diese Franchise jetzt gebraucht hat. Hier wird nicht hektisch von einem exotischen Setting ins nächste gewechselt oder versucht verschiedenste Handlungsstränge auf Teufel komm raus miteinander zu verweben. Stattdessen konzentriert man sich auf das Wesentliche, ist die ganze Zeit nur bei unserer Hauptfigur und begleitet diese Schritt für Schritt durch ihre Geschichte. Es ist dabei irgendwie bezeichnend, dass die Eröffnungsszene in der Bar so ähnlich auch in einem 80er-Jahre Action-Film mit Arnold Schwarzenegger hätte stattfinden können. Böse Buben provozieren wortkargen Helden, der mit diesen daraufhin kurzen Prozess macht. Irgendwie altbacken, aber eben auch irgendwie erfrischend anders für diese Franchise.
Nicht so überraschend ist dagegen, dass die Effekte natürlich in der oberen Liga spielen. Wobei es sehr löblich ist, dass man sich hier der neueren Linie treu bleibt und sich für eine wohltuende Mischung aus digitalen und klassischen Effekten entschieden hat. Flankiert wird das alles natürlich mit ein paar netten Anspielungen auf die alten Filme, die aber auch nicht zu aufdringlich wirken. "Chapter 1: The Mandalorian" macht also schon ziemlich viel richtig. Aber auch nicht alles.
Hier und da kommt die Folge nämlich dann doch auch etwas zu plump daher. Es wirkt schon sehr gezwungen und lieblos, wie hier mit einem kurzen Flashback mal eben die tragische Lebensgeschichte unseres Helden eingestreut wird. Und manche Szenen (Stichwort "Reitunterricht") hätten von etwas mehr Zeit profitiert, um diese noch überzeugender zu gestalten. Dazu gesellt sich auch noch die Schwierigkeit, dass unser Held durch die Maske quasi seiner Emotionen beraubt ist. Wenn der Mandalorian einen Raum betritt, in dem ein paar überraschende Gäste auf ihn warten, hätte man einfach zu gerne für dessen Reaktion mal kurz unter den Helm gelinst. So bleibt immer eine gewisse Distanz zum Publikum, die eine Identifikation mit dem Helden schwieriger als nötig macht.
Ausgerechnet der Auftritt eines Droiden im letzten Drittel sorgt dann aber, auch dank eines netten Running Gags, für das erste emotionale Highlight. Hier zeigt sich dann auch das Potential der Serie, denn in der nun folgenden und schön choreographierten Action-Sequenz gelingt "The Mandalorian" wirklich sehr leichtfüßiges Entertainment. Man muss eben nicht immer gleich eine ganze Galaxie retten lassen, um Zuschauer zu begeistern. Mangelnde Tiefe macht "The Mandalorian" also einfach mit wirklich ordentlichem Entertainment-Faktor wett. "Keep it simple" ist hier das Motto. Ob das ausreicht um ein weiteres Streaming-Abo abzuschließen muss natürlich jeder selbst entscheiden. Ein kleiner Lichtblick für eine weit, weit entfernte Galaxie ist es allemal.
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