Am Ende der vierten Staffel war Frieden ins "Babylon 5"-Universum eingekehrt. Die Schatten hatten die Galaxis für immer verlassen, die korrupte Erdregierung war gestürzt worden und John Sheridan hatte es geschafft, alle großen Völker zu einer Interstellaren Allianz zu vereinigen. Die Saga um die "letzte, beste Hoffnung auf Frieden" schien zu Ende erzählt worden zu sein; und in gewisser Weise war sie das auch, da das Zustandekommen einer fünften Staffel lange Zeit in den Sternen stand und die Handlung absichtlich gestrafft und früher als ursprünglich geplant abgeschlossen worden war.
Als Joe Michael Straczynski von Warner Bros. dann doch noch grünes Licht für 22 weitere Episoden erhielt, wurde genau dies zum Problem. Ein Großteil dessen, was wohl der ursprünglichen Konzeption zufolge in der fünften Staffel hätte thematisiert werden sollen, war bereits überstürzt im vierten Jahr abgehandelt worden, die großen Konflikte waren beigelegt worden und auf den ersten Blick schien es nicht mehr viel zu erzählen zu geben. Erschwerend kam noch hinzu, dass sich mit Claudia Christian ein Mitglied des Stamm-Casts plötzlich verabschiedete; ihre Figur Susan Ivanova hatte zu den beliebtesten Charakteren der Serie gezählt und hinterließ eine nur schwer zu füllende Lücke.
Die erste Episode der fünften und dann auch wirklich letzten Staffel, "Der Attentäter", präsentiert dann auch nicht nur einen inzwischen bärtigen John Sheridan, der vom Stationskommandanten zum Präsidenten der soeben gegründeten Interstellaren Allianz (IA) aufgestiegen ist, sondern mit Elizabeth Lochley auch Ivanovas Nachfolgerin und die neue Kommandantin der Raumstation. Mit der Übernahme dieser Rolle machte es sich die zuvor vor allem als Nebendarstellerin aus diversen TV-Serien bekannte Schauspielerin Tracy Scoggins sicher nicht leicht, schließlich musste sie in die Fußstapfen einer beliebten Figur treten und verfügte nur über eine Staffel, um Lochley im B5-Universum zu etablieren. Auch war Straczynskis Entscheidung, sie zu Sheridans Ex-Frau zu machen, nicht die beste, brachte sie doch selbst für B5-Verhältnisse etwas zu viel "Soap" in die Space Opera.
Nicht nur die Serienzuschauer, sondern auch ein Großteil der Besatzung der Raumstation hatten dann auch zunächst Schwierigkeiten mit dem Neuzugang. Mit ihrer kühlen, sachlichen Haltung macht Lochley sich dort nur langsam Freunde und vor allem die Tatsache, dass sie im erst vor wenigen Monaten beendeten Bürgerkrieg auf der anderen Seite stand als Sheridan und seine Crew, sorgt dafür, dass ihr viele Besatzungsmitglieder mit Misstrauen begegnen. So ganz sicher schienen sich Straczynski und die anderen Drehbuchautoren (die er sich inzwischen wieder mit ins Boot geholt hatte) hinsichtlich dieses Neuzugangs dann auch selbst nicht zu sein und ließen Lochley in auffallend vielen Episoden überhaupt nicht auftauchen.
Wenn hier eben die Rede davon war, dass es zu Beginn des fünften Jahres nichts mehr zu erzählen gab, so ist dies nur bedingt richtig; was den Fans vorgesetzt wurde, waren zunächst nur nicht die Geschichten, die sie sehen wollten. Neben Lochley kam zu Beginn der Staffel nämlich noch eine weitere Figur an Bord von Babylon 5, die die erste (und deutlich schlechtere) Hälfte der Staffel mitprägen sollte. Byron (Robert Atkin Downes), der Anführer einer Gruppe abtrünniger Telepathen, die sich auf der Flucht vor dem PsiCorps befinden, löste bei den meisten Zuschauern bestenfalls gemischte Gefühle aus. Gegen den Willen von Captain Lochley gewährt Sheridan ihm und seinen Leuten Asyl, was zwar für eine Menge interessanten Konfliktstoff sorgt, der aber leider über eine halbe Staffel hinweg breitgetreten wird.
Erst als in "Der Herr der Bluthunde" mal wieder der herrlich fiese Telepathen-Cop Bester (Walter Koenig) - wohl die beliebteste Nebenfigur der ganzen Serie - auf der Station aufkreuzt, um die Telepathen in Gewahrsam zu nehmen, kommt ein wenig Schwung in diesen Handlungsbogen. Zum Ende kommt er allerdings erst einige Episoden später, nachdem die Situation eskaliert ist. Byron, der vom Weg der Gewaltlosigkeit überzeugt ist, kann seine Anhänger nicht mehr im Zaum halten und es kommt zu gewalttätigen Ausschreitungen auf der Station. Gleichzeitig hält er sich und alle anderen Telepathen für den "normalen" Menschen überlegen; als er schließlich in "Die Telepathenkolonie" die Karten auf den Tisch legt und die Forderung ausspricht, um die es ihm und seiner Gruppe eigentlich schon die ganze Zeit ging, fragt man sich, warum Straczynski denn so lange gebraucht hat, um die Story an diesen Punkt zu bringen.
Anscheinend wurde hier die Handlung künstlich in die Länge gezogen und aus einer Story, die der perfekte Stoff für einen spannenden Dreiteiler gewesen wäre, aus akutem Plotmangel mal schnell eine halbe Staffel gezimmert. In "Vergesst Byron nicht!" wird die Telepathen-Storyline schließlich endlich zu einem Ende gebracht, das man schon längst hat kommen sehen.
Zwischen den Folgen, die die Telepathen-Problematik thematisieren, sind dann noch ein paar für sich allein stehende Episoden eingestreut, die fast nichts zur übergreifenden Handlung beitragen und insofern Erinnerungen an die erste Staffel wecken. "An der Schwelle des Todes" befasst sich mit Centauri-Botschafter Londo Mollari und seinem schlechtem Gewissen gegenüber Narn-Botschafter G'Kar, dessen Volk unter den Kriegsverbrechen der Centauri zu leiden hatte. Die kammerspielartige Episode weiß aufgrund der beiden hervorragenden Darsteller zu fesseln, deren Figuren danach leider für eine Weile in den Hintergrund treten. In "Einfache Leute" wird mal wieder die Perspektive gewechselt und man bekommt das Geschehen auf der Raumstation durch die Augen zweier am unteren Ende der Hierarchie stehender Techniker zu sehen, die immer dorthin gerufen werden, wo gerade ein Computerterminal schlapp gemacht hat - das funktioniert dramaturgisch zwar gut, trägt aber eben leider schon wieder fast nichts zum großen Handlungsbogen bei, so dass man sich an diesem Punkt fragen darf, ob es denn - abgesehen von der lahmen Telepathen-Story - überhaupt noch einen gibt. Eine weitere derartige Episode ist "Der Tag der Toten", die aber lediglich deshalb erwähnenswert ist, weil Fantasy-Autor Neil Gaiman ("Der Sternenwanderer") das Drehbuch dazu geschrieben hat. Als grandios kann man dagegen die in der zweiten Staffelhälfte angesiedelte Episode "Das Corps der Gnadenlosen" bezeichnen, Alfred Besters Abschied aus der Serie, die den vom ehemaligen "Star Trek"-Darsteller Walter Koenig gespielten Psi-Cop für 42 Minuten zur Hauptfigur macht und damit ein besonderes Geschenk an seine Fans darstellt. Konsequent aus Besters Sicht erzählt, den sein Weg ein weiteres Mal gegen seinen Willen nach Babylon 5 führt, weist die Episode sogar einen abgeänderten Vorspann auf.
Die erste Hälfte des fünften Jahres kann man also schnell abhaken; hier und da werden zwar schon ein paar Ereignisse eingestreut, die Grundlage für spätere Entwicklungen sind, doch richtig los geht es eigentlich erst, als Byron und seine Hippie-Telepathen fort sind. Da ist dann nämlich endlich genug Raum, um den viel interessanteren Storybogen zu entfalten: Immer wieder werden Schiffe der IA von unbekannten Angreifern attackiert, was dazu führt, dass die Mitglieder der Allianz sich gegenseitig verdächtigen und das noch junge Bündnis schon wieder auseinander zu fallen droht.
Gleichzeitig gehen am imperialen Hof der Centauri seltsame Dinge vor sich: die Rüstungsausgaben steigen, obwohl Frieden herrscht, der nach dem Tod des letzten Imperators eingesetzte Regent verhält sich äußerst merkwürdig und eine unbekannte Macht scheint im Geheimen zu agieren. Londo Mollari betrachtet diese Entwicklungen auf seiner Heimatwelt mit großer Sorge, ist aber völlig ahnungslos hinsichtlich dessen, was tatsächlich im Palast vor sich geht. Als sich die Hinweise dafür, dass die Centauri hinter den Angriffen stecken, immer mehr verdichten, sieht sich Londo plötzlich von den wenigen ihm noch verbliebenen Freunden und Verbündeten isoliert; fassungslos muss er mit ansehen, wie es zum Krieg zwischen seinem Volk und der Allianz kommt - und das, obwohl er immer noch nicht den blassesten Schimmer hat, wer denn der Drahtzieher hinter alldem ist.
Ihren tragischen Höhepunkt nimmt Londos Entwicklung in "Die Bürde des Imperators". Endlich geben sich hier die Hintermänner der Intrige zu erkennen, doch für Londo ist es längst zu spät. Zwar scheint er erreicht zu haben, wovon er immer geträumt hat, doch ist der Preis, den er dafür zahlen muss unendlich hoch. Wieder einmal wird deutlich, warum man "Babylon 5" als die epische Geschichte vom Niedergang Londo Mollaris sehen kann.
Londo ist jedoch nicht der einzige, der mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen hat: Michael Garibaldi verfällt nach jahrelanger Abstinenz wieder dem Alkohol und in diesem Fall darf man den Autoren dankbar sein, dass dies nicht in nur zwei oder drei Episoden abgehandelt wird, sondern genau wie in Londos Fall die den jeweiligen Charakter weiterentwickelnden Handlungselemente durch ihren subtilen Beginn und langsamen Aufbau Glaubwürdigkeit und Spannung erhalten.
Auch für G'Kar hält die fünfte Staffel entscheidende Veränderungen bereit. Er steigt unfreiwillig zu einem religiösen Führer seines Volkes auf, nicht zu vergessen seine Beziehung zu Londo, die sich erst von unbändigem Hass in eine Art Hassliebe und schließlich Freundschaft gewandelt hat.
Gegen Ende der Staffel wird einem schließlich immer wieder vor Augen geführt, dass es nun bald an der Zeit ist, Abschied zu nehmen von den Charakteren, die man über fünf Staffeln hinweg lieben und hassen gelernt hat. Mehrere der Stationsbewohner verlassen Babylon 5, um sich neuen Aufgaben zu stellen, da dürfen auch hartgesottene Science-Fiction-Fans sentimental werden. Spätestens die letzte Episode, "Der Weg ins Licht", sorgt dann wirklich bei allen, die die Serie von Beginn an verfolgt haben, für feuchte Augen. Sherdians Geschichte und die der Raumstation kommen hier an ihr Ende und man wünscht sich danach, es wäre noch ein paar Staffeln lang in dieser zwar an einigen Stellen schwächelnden, aber insgesamt doch sehr hohen Qualität weiter gegangen.
Denn obwohl die Geschichte zu Ende erzählt ist, bleiben noch viele Fragen offen. Aber wie sagt es Straczynski in einer der Featurettes auf den DVDs so schön: "Hier wird zwar nicht jede Frage beantwortet, aber wo ist das schon jemals der Fall?" Schließlich geht jede gute Geschichte im Kopf des Zuhörers bzw. Zuschauers weiter.
Der Umfang der auf den DVDs enthaltenen Special Features bewegt sich im bereits von den Vorgänger-Staffeln bekannten Rahmen. Neben einer kurzen Einführung in die fünfte Staffel durch Straczynski befinden sich darunter eine Dokumentation über die CGI-Effekte, verpatzte Szenen und "Data Files" zu wichtigen Ereignissen und Personen des fünften B5-Jahres. Zur letzten Folge werden sogar noch ein paar geschnittene Szenen geliefert und nicht fehlen dürfen auch dieses Mal wieder die Audikommentare, einmal von den Darstellern Bruce Boxleitner, Patricia Tallman, Peter Jurasik und Tracy Scoggins und zweimal in höchst informativer Form von Straczynski.
"Babylon 5" zählt zu den Serien-Highlights der 90er und auch wenn die computergenerierten Spezialeffekte inzwischen veraltet wirken, weiß die Serie doch immer noch durch ihre spannende Geschichte und die liebevoll geschriebenen Charaktere zu fesseln. Vor der anderen großen Raumstation mit der 9 im Namen braucht sich die Station mit der 5 jedenfalls wahrlich nicht verstecken.
Neben den 110 regulären Serienepisoden und dem Pilotfilm gibt es übrigens noch eine Reihe weiterer Fernsehfilme aus dem "Babylon 5"-Universum, die auch alle auf DVD erschienen sind. Zudem existiert mit "Crusade" sogar noch eine Nachfolgeserie, die leider aber aufgrund von Streitigkeiten zwischen Straczynski und Warner Bros. nach nur 13 Folgen eingestellt wurde und dementsprechend ihr Potential nicht entfalten konnte. 2007 erwachte die "Babylon 5"-Saga für kurze Zeit zu neuem Leben, als mit "Vergessene Legenden" die erste DVD einer geplanten Reihe von filmischen Kurzgeschichten erschien, die jeweils eine der Serienfiguren zum Mittelpunkt haben sollten. Doch trotz guter Verkaufszahlen kam auch für dieses Projekt kurze Zeit später das Aus.
Seit Jahren geistern nun Gerüchte über einen "Babylon 5"-Kinofilm durch die Internetforen, und Straczynski hat inzwischen verlauten lassen, dass ein solcher die einzige Form wäre, für die er bereit sei, noch einmal ins B5-Universum zurückzukehren. Das bleibt dann wohl die letzte, beste Hoffnung der Fans….
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