Outtakes

In unseren "Outtakes" machen wir uns übergeordnete Gedanken zur Filmwelt oder würdigen auch mal verstorbene Personen, die das Kino mitgeprägt haben. .

17 Prozent. Das ist die Zahl, die alle nervösen "Das Ende ist nahe"-Propheten rund um die deutsche Kinolandschaft gerade sehr beschäftigt. Um 17 Prozent ist die Gesamtzahl der Kinobesucher in Deutschland 2018 im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen. Von 96 auf gerade mal noch 80 Millionen. Und schon die 96 Millionen von 2017 waren im Vergleich zu den sonstigen Werten der letzten Jahrzehnte schon eine Krisennummer. Aber 17 Prozent, binnen eines Jahres? Das ist arg. 

Wir haben an dieser Stelle in den letzten Jahren nicht sonderlich viele positive Worte gefunden, der traditionelle Jahresrückblick war zuletzt meist eine erneute Bestandsaufnahme der Malaise des Kinos, eine hadernde Analyse über die immer weiter zunehmende Reduzierung des Kino-Programms auf Superhelden, Animationskomödien und Sequels/Remakes, die kaum noch Platz für andere, originelle Filme lassen.
Wer sich mal ein bisschen mit Filmgeschichte beschäftigt hat, der weiß, dass Hollywood seine größte existenzielle Krise in den späten 50ern und frühen 60er Jahren erlebte, und das lag vor allem am Aufstieg eines neuen Mediums: dem Fernsehen. Je mehr Menschen sich ein TV-Gerät zulegten und Unterhaltung in Bild und Ton nun auch daheim erleben konnten, desto weniger gingen ins Kino. Die Reaktion der Hollywood-Studios bestand damals im Versuch, im Kino etwas zu bieten, was das Fernsehen nicht leisten konnte.
Klar, „Mad Max: Fury Road“ war zuallererst mal Kino, auf seine Essenz reduziert: sich bewegende Bilder mit sich bewegenden Dingen darin. Aber was für Bilder! Und was für Dinge! Gnadenlos zeigte George Millers Rückkehr zu der zentralen Figur seiner Filmographie, was im modernen Actionkino seit Jahren falsch läuft, und einen visuell beeindruckenderen Film als diesen gab es dieses Jahr nirgendwo.
2014 jährte sich der Fall der Mauer zum 25. Mal. Und auch Filmszene.de hatte einen bedeutenden Jahrestag zu verzeichnen, denn unser kleines Filmmagazin erblickte das Licht der Welt Anfang 1999, und ist dieses Jahr somit 15 Jahre alt geworden. Eine Tatsache, die mir erst sehr spät aufging, als ich darüber nachdachte, was ich in diesem Jahresrückblick eigentlich schreiben würde, und mir die Jahreszahl 1999 in einem Artikel begegnete, der einiges an Inspiration für diesen Text hier geliefert hat.
Blickt man auf das Kinojahr 2013 zurück, fällt ins Auge, dass eigentlich fast nichts ins Auge fällt. Unerwartete Ausreißer nach unten oder oben gab es so gut wie keine, von daher war es wieder mal ein gutes Jahr für die Leute, die es berechenbar mögen. Betrachtet man das Kino aus Perspektive der Geschäftsleute in Hollywood, dann stellte 2013 quasi eine Konsolidierungsphase dar.
Die Welt hat ihren größten, besten und wichtigsten Filmkritiker verloren. Roger Ebert hat über Jahrzehnte den Blick von Millionen von Menschen auf die Filme, die sie sahen, beeinflusst. Und ich bin glücklich sagen zu können, dass ich einer von ihnen bin.
Geschäftsleute hassen das Film-Business. Geschäftsleute lieben es, Kosten und Einnahmen möglichst genau vorausberechnen zu können. Das gibt Kalkulationssicherheit und einen seriösen Businessplan. Wenn ich soundsoviel in die Entwicklung und Herstellung eines Produkts investiere, wird es eine bestimmte Qualität erreichen, die mir einen soundso hohen Verkaufspreis erlaubt, und mit einem soundsohohen Marketing-Budget kann ich dann vermutlich soundso viele Kunden erreichen und soundso viel einnehmen, um am Ende einen Gewinn zu erwirtschaften.
Alle Jahre wieder ist es auch in der Filmszene-Redaktion das gleiche Spiel. Das Jahresende nähert sich, erste Gedanken über die eigene Top- und Flop-Liste werden gesponnen… und in den letzten Jahren kam es leider zusehends vor, dass die führenden Köpfe unseres Online-Magazins an dieser Stelle ein wenig stutzten, innehielten und sich dann mit leichter Irritation beieinander erkundigten: ‚Sag mal, hast du dieses Jahr eigentlich einen 10-Augen-Film dabei?’.
Eine Unsitte breitet sich aus auf den weltweiten Kinoleinwänden, und niemanden scheint es zu stören. Nirgendwo regt sich Protest und kaum jemand scheint überhaupt eine Meinung dazu zu haben, dass dem Publikum Stück für Stück ein Jahrzehnte lang lieb gewonnenes Ritual immer öfter vorenthalten wird. Die Rede ist vom Vorspann, auf englisch auch "Opening Credits" genannt, in denen zu stimmungsvoller Musik das produzierende Studio stets stolz präsentierte, wie das folgende Werk heißt, wer darin mitspielt und wer es geschrieben und inszeniert hat.
Als der Krebs kam, begrüßte Dennis Hopper ihn, wie er alles und jeden begrüßte, was ihn nervte: mit ausgestrecktem Mittelfinger. Es ist nicht überliefert, wie er dem Tod, der ihn in der Nacht zum letzten Samstag (29. Mai) in seiner Villa in Los Angeles ereilte, gegenübertrat, aber man darf sich vorstellen, dass er ihm ein paar gepfefferte Worte entgegengeworfen hat.
Im Rapjargon würde man sagen, sie haben beef miteinander, der in einem battle endet, in dem sich beide dissen. Und während einer Partei im verbalen Scharmützel der letzten Tage und Wochen, dem Afro-Amerikaner Spike Lee, diese Begriffe wohl etwas sagen werden, so wird der fast 80-jährige Jazzfan Clint Eastwood mit Sicherheit damit nichts anfangen können.
Großartig! Überragend! Bombastisch! Das müssten so in etwa die Adjektive sein, die sich Deutschlands erfolgreichster Filmproduzent Bernd Eichinger samt seiner Firma Constantin Film für ihr neustes Megaprojekt "Der Baader-Meinhof-Komplex" wohl von Publikum und natürlich auch von den Journalisten wünschen.
Robert Redford knattert über die dicht befahrenen Avenues von New York. Am Lenker seines Mopeds baumelt eine Tüte voller Sandwiches. Es ist der Lunch für ihn und seine Kollegen einer kleinen, harmlosen CIA-Büroeinheit. Und wie es nun mal ab und zu so ist, benutzt Redford genau an diesem Tag nicht den üblichen Eingang, sondern kommt durch die Hintertür.
Pünktlich zum größten aller christlichen Feste mischt sich in den Weihnachtsumtrunk ein fader Beigeschmack - zumindest für Filmfreunde. Denn wenn man sich anschaut was in den USA gerade mit der Multimillionendollar -Produktion "Der goldene Kompass" passiert, könnte man durchaus mal kurz vom Glauben abfallen.
Filmkritiker gehören wegrationalisiert! Zumindest wenn es nach dem Willen von Brian Robbins geht, seines Zeichens Regisseur der allen Hinweisen nach unsäglichen Eddie-Murphy-im-Fettkostüm-Komödie "Norbit" und Produzent der vermutlich sauschlechten, aber in den USA trotzdem schweineerfolgreichen Biker-Klamotte "Wild Hogs".
Erstaunlich aber wahr, dass eine deutsche Sagengestalt im Jahre 2007 ihre Auferstehung feiert im unförmigen Körper eines Mafiosi-artigen amerikanischen Filmproduzenten. Gestatten: Harvey Weinstein, Reinkarnation des Baron von Münchhausen. Beruf: Lügenbaron (bisweilen auch Erpresser, Halsabschneider und Filmzerstörer). Sein neuestes Opfer: "Grindhouse".
Wenn Charlize Theron demnächst als leichtgeschürzte MTV-Heldin "Aeon Flux" über die Leinwände hopst, hat sich ein amüsanter Trend der letzten Jahre vollends bestätigt. Direkt nach dem Gewinn eines Oscars scheint es mittlerweile Usus zu sein, gleich einmal in einer absoluten Gurke mitzuwirken.
Das muss man sich schon fragen, angesichts der geballten Gaunerpower, die in den letzten Monaten nicht nur musikalisch auf uns niederprasselte, sondern demnächst auch auf der Leinwand überlebensgroß über uns herfällt. "Hustle and Flow" läuft dieser Tage an, die wenig verhüllte Starbiographie "Get Rich Or Die Tryin'" von Mega-Über-Super-Gangsta 50 Cent folgt demnächst. Und das Handy spielt dazu neben 473 weiteren coolen Klingeltönen aus dem Monatspaket immer noch "In dem Candy Shop von mein Block spielt neue deutsche Welle, Homie!".