John Carpenter ist so etwas wie das allgegenwärtige Multitalent des Splatterfilms. Seit 1958 steht er selber vor der Kamera, er führt Regie, er schreibt und er komponiert. Verantwortlich zeichnet Carpenter etwa für die Musik der Halloween-Reihe, für das "Dorf der Verdammten" und ähnliche Klassiker.
Nun wirft Carpenter sein Machwerk "Vampire" auf den deutschen Kinomarkt, und wer den Trailer gesehen hat, der wand sich vermutlich schon mit schlechten Gefühlen: Es sieht doch alles stark nach "Blade" aus. Wenn das mal keinen Abklatsch des Snipes-Techno-Vampirfilms geben würde.
Ich hatte nun das zweifelhafte Vergnügen, mir "Vampire" in voller Länge anzusehen. Zur Handlung: Vom Vatikan finanziert, hebt ein Vampirjägerteam regelmäßig "Nester" der sonnenscheuen Blutsauger aus. Ähnlich wie bei "Twister" in schicken Hi-Tech-Vehikeln, klappern sie abgetakelte Knusperhäuschen in gottverlassenen Käffern ab und killen die Untoten mit archaischen Armbrüsten, Hellebarden und Holzpflöcken. Anführer der gottgesandten Gang ist Jack Crow (James Woods), ähnlich wie bei "Blade" mit vampirbelasteter Biographie.
Er gerät natürlich an den Obervampir Valek (Thomas I. Griffith), der, ähnlich wie bei "The Crow" ganz in schwarz, bleich und mit wehender Mähne, über ein Gemetzel an seinen langzahnigen Gefolgsleuten ziemlich angepißt ist. So zerlegt Valek dann Crows ganze Mannschaft, wonach dieser ziemlich allein dasteht, abgesehen von seiner rechten Hand Montoya (Daniel Baldwin). Jetzt heißt es also Crow/Montoya gegen Valek und ganz viele andere Obervampire, die dann auch irgendwie dazukommen (ein deus ex machina, wie der gebildete Norweger sagt). Valek will nämlich an eine bestimmte Reliquie ran, mit deren Hilfe er seiner letzten verwundbaren Seite beikommen kann: Wie jeder Vampir fackelt auch er unweigerlich und ziemlich verpuffungsartig ab, wenn er an die Sonne kommt. Klar, daß Crow und Montoya mit dieser Absicht kaum einverstanden sein können.
Ach, hätte Carpenter doch einfach "Blade" nachgemacht. Es hätte mir und einem voll besetzten Kinosaal so viele Schmerzen erspart.
Jacoby zeigt in allen Belangen, wie wenig er vom Drehbuchschreiben versteht. Glänzend unlogisch und schlecht durchdacht, gibt sich "Vampire" nicht nur durch seine enorme Kirchenhörigkeit vollends der Lächerlichkeit preis - man könnte meinen, Karol Vojtila wäre unter den Produzenten.
Daß Sheryl Lee als Zombienutte Katrina mal gefesselt, mal aber auch nicht die Wege von Crow begleitet, wird für mich auf ewig ein Rätsel bleiben. Ebenso, daß Montoya sie splitternackt ans Bett binden muß. Hat vielleicht was mit irgendeiner Vampirjäger-Regel zu tun, es gibt ja genug. Und es kommt so viel dicker: Die Charaktere entwickeln sich natürlich nicht weiter, sie verharren auch nicht an einem bestimmten Punkt, nein, sie springen lustig von einem Extrem zum anderen. Da wird der infantile Milchbrötchenpfaffe auch schon mal urplötzlich zum Kampfsportpriester, nicht überraschen lassen. Um den gepeinigten Zuschauer dieses Spiel noch einigermaßen durchschauen zu lassen, wird ganz tief in die Trickkiste gegriffen: "Ich will dir nicht wehtun, ich mag dich nämlich inzwischen" heißt es da höchst subtil, man wähnt sich nicht selten in einem schlechten Hörspiel. Als ob das nicht genug wäre, ist die Besetzung auch noch völlig schräg.
Einen lächerlicheren Helden als James Woods habe ich selten gesehen. Als Crow gibt er nun gar nichts her, seine dünnen Oberärmchen lassen keinen Zweifel daran, daß er, der Mann mit dem Zigarillojoint in den runzeligen Lippen, keinen Stich gegen irgendjemanden sehen wird, von einem Vampir mal ganz zu schweigen. Er, dessen Eltern latürnich von Vampiren gekillt worden sind und der latürnich von der katholischen Kirche aufgezogen und zum Blutsaugerjäger gemacht wurde, trägt ständig lasziv-verstört eine häßliche Sonnenbrille, die er manchmal in dunklen, vampirverseuchten Rumpelbuden fast vergißt abzusetzen. Ein weiterer trauriger Höhepunkt der Casting-Kunst ist Maximilian Schell als Kardinal Alba.
Etwas eher in die richtige Richtung geht Montoya, mit dem dicksten der Baldwin-Brut fettig, aber charmant besetzt. Aber auch Daniel Baldwin kann an der Anlage seiner Rolle nichts reißen, mal ist er die Inkarnation des Machos, mal aber auch schmerzhaft schmalztriefend. Carpenter versucht die haarsträubenden Mangelerscheinungen seines Films mit wirklich krassen Gewalteinlagen auszutarieren, was natürlich nicht funktioniert. Schon gar nicht mit derart schlechter Tricktechnik. Man fragt sich dann doch, wo das Budget hingeflossen ist. In Schauspielergagen ja wohl kaum.
Trotz einiger netter Ansätze - für den an der Decke klebenden Valek gibt´s einen Trostpunkt - bleibt "Vampire" als stinklangweiliger, gräßlich umgesetzter Drehbuchversuch in Erinnerung. Chauvinistisch bis zum letzten Rückenhaar und gewürzt mit einer Prise monoton proletarischem Humor, verschwindet dieser Ausrutscher Carpenters hoffentlich so schnell wieder aus den Kinos, wie ein Vampir an der Sonne versengt.
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