Der kleine Wickie (Jonas Hämmerle) hat es nicht leicht im Dorf der Wikinger von Flake. Denn gerade für den Sohn des Häuptlings ist es stark von Nachteil sich statt für den Kampf und männliche Rituale mehr für wissenschaftliche Experimente zu interessieren und eher zartbesaitet zu sein. Vater Halvar (Waldemar Kobus) zeigt dafür zunehmend weniger Verständnis und setzt seinen missratenen Nachwuchs daher Mutproben und Wettkämpfen aus. Als jedoch eines Tages bei einem hinterhältigen Überfall sämtliche Kinder des Dorfes vom schrecklichen Sven (Günther Kaufmann) verschleppt werden, zeigt sich wie wertvoll Wickie tatsächlich ist. Dem gelingt es nämlich als einzigem Kind, den Schurken zu entkommen, und anschließend verschafft er seinen Stammesleuten mit Intelligenz und Raffinesse auch die Gelegenheit, zurück zu schlagen.
Dass wir es bei Michael Bully Herbig nicht nur mit einem brauchbaren Komiker, sondern vor allem auch einem wirklich talentierten Filmemacher mit Blick fürs große Kino zu tun haben, wurde an dieser Stelle schon zu Zeiten des "(T)Raumschiff Surprise" festgestellt. Das Experiment Animationsfilm scheint danach Herrn Herbig selbst sogar etwas mehr Spaß gemacht zu haben als dem Publikum, trotzdem folgten ihm seine Fans zu einem großen Teil auch zu seinem eher unwitzigen letzten Blockbuster "Lissi und der wilde Kaiser". Da Bullys Filme aber doch kontinuierlich etwas schwächer wurden (ohne nun deshalb wirklich schlecht zu sein) und sich die Masche mit den überdrehten Parodien und für schnelle Lacher konstruierten Figuren ein wenig totzulaufen schien, durfte man schon ein wenig gespannt sein, was denn nun nach der gewaltigen PR-Kampagne inkl. TV-Castingshow für die Nebenrollen für ein neuer Film herauskommen würde. Und diese Spannung hält auch über die ersten Minuten von "Wickie und die starken Männer" an, da man sich zu Beginn noch nicht so richtig sicher sein kann, wohin die Reise geht. Denn brüllend komisch ist dieser Auftakt nicht gerade, man startet nicht einmal mit einem großen Knalleffekt sondern eher betulich. Und sympathisch, denn schnell fällt auf wie liebevoll und akribisch sowohl die Kulissen um das Dorf Flake als auch die einzelnen Figuren nach der Vorlage aus der beliebten Zeichentrickserie gestaltet wurden. Dabei erstaunt vor allem, dass es tatsächlich möglich ist, die eher stereotypen und überzeichneten Charaktere einer doch schon leicht antiquierten animierten Vorlage eins zu eins als reale Personen auf die Leinwand zu übertragen, ohne dass diese nun zu reinen Witzfiguren mutieren oder gar (und das wäre wohl noch schlimmer gewesen) unfreiwillig komisch wirken. Man kann daher im Nachhinein attestieren, dass die mehrgängige Casting-Show im TV-Programm von Herbigs Heimatsender Pro Sieben also doch etwas mehr als ein aufgeblasener Marketing-Gag war und man sich bei der Besetzung wirklich außerordentliche Mühe gegeben hat, denn da passt tatsächlich jeder einzelne Darsteller wie die Faust aufs Auge. Das gilt übrigens auch für die beteiligten "Profis" aus der Schauspielerriege, sei es der talentierte und unbekümmerte elfjährige Jonas Hämmerle in der Titelrolle oder Veteran und Kurzzeit-Dschungelbewohner Günther Kaufmann als Bösewicht Sven mit der markanten Kugelkette als Anhängsel. Als nicht unbedingt notwendiger Farbtupfer entpuppt sich die von Ankie Beilke verkörperte rassige Chinesin Lee Fu, und dann wäre da noch die vielleicht umstrittenste Figur des Films. Die spielt eigentlich nur eine Nebenrolle, taucht in der Originalserie gar nicht auf und stellt zweifelsohne einen kleinen Fremdkörper in der Handlung dar. Die Rede ist von dem spanischen "Journalisten" namens Ramon Martinez Congaz, der sich zu Studienzwecken bei den Wikingern aufhält und der von niemand anderem dargestellt wird als von Bully Herbig selbst.
Natürlich ist der Grund für diese Figur einzig und allein der Erkenntnis geschuldet, dass man dem Publikum nach "Lissi" nun nicht erneut einen Bully-Film zumuten wollte, in dem dieser gar nicht zu sehen ist. Und so ein Bully-Film lässt sich halt noch ein Stückchen besser vermarkten, wenn dieser nicht nur hinter sondern auch vor der Kamera erscheint. Aber auch wenn die Anwesenheit des meist eher schlecht gelaunten Senor Congaz für die Handlung nicht wirklich Sinn macht, so kann man sie andererseits doch auch nur schwer als störend empfinden. Im Gegenteil: Der Großteil des Publikums und natürlich vor allem seine eingeschworenen Fans werden sich sicher über jeden Kurzauftritt des Meisters freuen. Die gebotene Geschichte selbst ist ziemlich einfach konstruiert und daher auch nach etwas weniger als 90 Minuten beendet. Die Zeit bis dahin bereitet allerdings einiges an Spaß, nicht nur dank der bereits gelobten Ausstattung, Atmosphäre und Besetzung. Nein, die essentielle Erkenntnis nach Betrachten des Films ist die, dass Bully Herbig eben nicht einfach noch einmal das abgeliefert hat, was er vermeintlich am Besten kann. Soll heißen: Er hat diesmal KEINE Parodie inszeniert, sondern zielsicher erkannt, dass so etwas hier wohl selbst im günstigsten Fall nur mäßig unterhaltsam geworden wäre und im schlimmsten sogar zu einem kompletten Missgriff hätte führen können. Was wir stattdessen zu sehen bekommen ist ein lustiger und ab und zu sogar spannender Abenteuerfilm für die ganze Familie, der ausgezeichnet funktioniert und bei dem es diesmal nicht um Kalauer im Sekundentakt geht, drum auch weit und breit kein überzogener schwuler Charakter zu sehen ist. Sowas kann er also auch, unser talentierter Filmemacher namens Michael Bully Herbig, und das ist doch allemal eine erfreuliche Erkenntnis.
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