Offroad

Jahr
2011
Laufzeit
90 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 27. November 2011

Manchmal hat man als Filmkritiker schon merkwürdige Déja Vu-Erlebnisse. Das liegt häufig daran, dass man Professions-bedingt einfach zu viele Filme gesehen und irgendwo im hinteren Erinnerungsstübchen abgespeichert hat, die das eigentlich gar nicht verdient haben und zu ihrer Zeit berechtigterweise vom Publikum ignoriert wurden. Solch ein "Das hab ich doch schon mal gesehen..."-Gefühl überkam den Autor dieser Zeilen denn auch bei "Offroad", um sich nach ein wenig Nachdenken an den an sich komplett Offroadvergessenswürdigen weil ziemlich misslungenen deutschen Krimikomödien-Versuch "Cowgirl" aus dem Jahre 2004 zu erinnern. Dort wie hier spielt das zum Produktionszeitpunkt angesagteste deutsche Schauspiel-Fräulein (einst: Alexandra Maria Lara, nun: Nora Tschirner) eine in einem zutiefst spießigen Lebenslauf gefangene Tochter der langweiligen deutschen Provinz (einst: das norddeutsche Struvensiel, nun: das rheinländische Geilenkirchen) mit deutlichen, aber nicht klar ausdefinierten Ausbruchsfantasien, die durch einen zaghaften Schritt Richtung Abenteuer dank eines praktischen Plot-Twists urplötzlich mittendrin ist in einer aufregend-illegalen Geschichte mit allerlei Gangstern und Gefahren um sie herum. Und damals wie heute ist das Endergebnis zu bemüht darum, originell zu sein, ohne dieses Ziel wirklich zu erreichen, und wirkt trotz aller vermeintlichen Lockerheit zu verkrampft, um wirklich zu überzeugen. 

Meike Peters heißt die Heldin von "Offroad", und als Tochter vom Chef eines gut laufenden mittelständischen Betriebs, der vor allem Auffangsäcke für Rasenmäher herstellt, und versehen mit einem gemachten Anwalt als Verlobten scheint Meikes weiterer Lebensweg im beschaulichen Geilenkirchen zwischen Reihenhaus und Schützenverein eigentlich vorgezeichnet. So richtig mag sich Meike aber noch nicht komplett der Spießigkeit ergeben (auch wenn sie ihr bis dato brav gefolgt ist), und um ihrem titelgebenden Lebenstraum näher zu kommen, einst einmal abseits aller Straßen durch die Sahara zu düsen, ersteigert Meike - einfach, um mal was Verrücktes zu machen - einen etwas abgerockten, monströsen amerikanischen Jeep auf einer Auktion vom deutschen Zoll. Die Anführer einer Berliner Werbeagentur, die in dem Wagen eigentlich eine ordentliche Ladung Kokain schmuggeln wollten, treffen leider zu spät bei der Auktion ein, und können Meike auch nicht mehr überzeugen, ihnen den Jeep für Doppelt- und Dreifache ihres Kaufpreises zu überlassen. Kurz darauf entdeckt Meike den im Kofferraum versteckten Zentner Koks und anschließend ihren Verlobten beim Rammeln im Gartenhaus mit ihrer besten Freundin. Da lässt man sich als braves Provinz-Fräulein schon Offroadmal dazu hinreißen, ein bißchen auszutillen und was Dummes zu machen. Und so landet Meike beim ungelenken Versuch, kiloweise Kokain an den Mann zu bringen und sich mit dem gemachten Geld ihren Sahara-Traum zu erfüllen, irgendwie in Berlin und läuft dabei so oft dem Deutsch-Türken Salim (Elyas M'Barek) über den Weg, bis er sich aus reiner Nettigkeit dazu verpflichtet fühlt, ihr zu helfen, derweil die Agentur-Fuzzis versuchen, Meike die heiße Ware wieder abzujagen.

"Offroad" gibt sich wirklich viel Mühe, hip, temporeich und schräg zu sein, um als originell und cool zu erscheinen. Das versprüht in seinem offensichtlichen Bemühen aber vor allem den bedenklichen "Charme" all jener Möchtegern-Tarantino-Epigonen, wie sie Ende der 90er in rauen Mengen aus aller Herren Länder auftauchten, als so ziemlich jeder Nachwuchs-Filmemacher des Planeten (erfolglos) versuchte, den nächsten "Pulp Fiction" zu machen. So kann auch "Offroad" gewisse Spurenelemente des Tarantino-Skripts zu "True Romance" nicht leugnen, bleibt mit seiner Koks-und-Gangster-Melange aber gleichzeitig dem braven Regelwerk der hiesigen leichten TV-Unterhaltung verpflichtet, so dass ein Zwitterwesen entsteht, das einerseits krass sein will, aber andererseits bitte auch nicht zu krass, als dass man später nicht am Dienstagabend um 20:15 Uhr auf Sat1 laufen könnte. Derartige Unentschlossenheit manifestiert sich dann auch in der unsteten Inszenierung, die am Anfang noch permanent mit relativ unnötigen Splitscreen-Montagen auf "24"-artige Coolness macht, dieses Stilmittel nach gut der Hälfte aber einfach fallen lässt. 

OffroadDie ohne Frage sehr charmanten Hauptdarsteller Tschirner und M'Barek können trotz gutem Einsatz auch nicht viel dagegen machen, dass "Offroad" nie so richtig zünden mag, dafür sind sie zu sehr gefangen in ihren aus reiner Plot-Funktionalität geborenen Figuren und in einer Handlung, deren Konstruiertheit von Anfang an einfach zu offensichtlich ist, bis hin zur sich natürlich unvermeidlich entwickelnden Liebesgeschichte zwischen Meike und Salim, die sich einfach irgendwann wollen, weil der Plot das eben jetzt braucht, ohne dass diese Anziehung sich zuvor spürbar angebahnt hätte. Wenn dem Heldenpaar im letzten Akt des Films dann auch noch ihre ohnehin nur bedingt gefährlich anmutenden Antagonisten abhanden kommen, löst sich dann auch die dürftige Spannung der Geschichte viel zu früh in Luft auf und es drängt sich noch mehr der Eindruck auf, dass hier nichts so richtig funktioniert, wie es eigentlich sollte.

Ergo: Genau wie "Cowgirl" ein Film, der sich mit seiner "Braves Mädchen bricht aus und erlebt Abenteuer mit coolem Typen"-Geschichte dem weiblichen Publikum anbiedert, dies aber mit einer "wilden" Geschichte um Gangster und Drogen tut, die wenn dann eher ein männliches Publikum anspricht. Das Endergebnis ist dann für keine der beiden Gruppen wirklich interessant. Drum die Prophezeiung: Abstrafung durch Nichtbeachtung seitens des Kinopublikums. Alsbald vergessen. Und in sieben Jahren kommt dann der nächste Film gleichen Strickmusters, der es auch nicht besser macht.  

Bilder: Copyright

Ich fand den Film richtig gut. Der war sehr witzig, absurd, hatte was von Woody Allen. Und beim Publikum kommt der generell gut an. Der ist doch sogar in den Kinocharts. Da hat sich der Schreiber der Kritik wohl verschätzt. Fällt mir sowieso oft auf, dass man deutschen Filmen nichts gönnt. Die Kritiken sind meistens negativ, ist wohl cooler als mal was gut zu finden.

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