Ghosted

Jahr
2009
Laufzeit
90 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 4. August 2010

 

Die junge Ai-Ling (Huan-Ru Ke) verlässt ihre Mutter und ihre Heimat Taiwan um in Hamburg mehr über ihren früh verstorbenen Vater und ihren Onkel Chen Fu zu erfahren. Sie wird von den Verwandten freundlich aufgenommen, doch wie es ihr weiter ergeht erfahren wir zunächst nicht. Stattdessen begegnen wir fünf Monate später der Künstlerin Sophie Schmitt (Inga Busch), die in Taiwan ihre neue Produktion vorstellt. Es ist eine Videoinstallation zu Ehren ihrer vor kurzem verstorbenen Freundin und diese hieß Ai-Ling. Schon bei der Eröffnung fällt Sophie eine selbstbewusste Frau auf, die sich später als Journalistin Mei-Li (Ting-Ting Hu) vorstellt und mehr über die Beziehung der beiden Frauen erfahren möchte. Obwohl Sophie an dieser Frau einiges merkwürdig erscheint, beginnt sie doch sich zu erinnern und erzählt von ihrer großen Liebe zu Ai-Ling.

Was sich in der Inhaltsangabe recht komplex anhört ist es auch, aber trotz einer nicht chronologischen Erzählweise und mehreren Zeit- und Ortssprüngen ist es nicht wirklich schwierig, dieser Dreiecks-Liebesgeschichte von Autorin und Regisseurin Monika Treut zu folgen. Nach einer Reihe von preisgekrönten Dokumentarfilmen ("Den Tigerfrauen wachsen Flügel") versucht sich Treut nun wieder an einem Spielfilm und das Ergebnis ist ein interessanter Mix, dem man die Doku-Herkunft seiner Macherin zwar ab und zu anmerkt, doch scheint dies dann durchaus gewollt.
Denn es ist natürlich ein bewusst eingesetztes Stilmittel wenn die Gegenwartsszenen in Taiwan einen hyperrealistischen Video-Look aufweisen, die Rückblenden bzw. Erinnerungen dagegen aber wesentlich grobkörniger und unschärfer wirken. Ein technisches Gimmick welches die inhaltliche Aussage stützt, dass der Wahrnehmung der einzelnen Hauptfiguren nicht immer einhundertprozentig zu trauen ist oder vielmehr diese sich deren Realitätsgehalt selbst nicht immer so ganz sicher sind. Absolut auf Spielfilmniveau und zwar auf einem ganz ausgezeichneten bewegt sich aber die Geschichte, der es trotz einer sehr ruhigen Inszenierung gelingt eine fast hypnotische Spannung aufzubauen und die zudem durch ausgefeilte, fein gezeichnete Charaktere zu überzeugen weiß. Die dabei eingefangen Bilder der beiden gegensätzlichen Kulturen erweisen sich als zusätzliches Bonbon, denn lange hat man z.B. einen nun wahrlich schon oft genutzten Schauplatz wie Hamburg nicht mehr so schön abgebildet gesehen.

Dass durch den Titel etwas plakativ in den Vordergrund gerückte Geister-Thema ist allerdings nicht das bestimmende Element des Films, sondern rückt erst in der letzten halben Stunde in den Fokus, als sich plötzlich die merkwürdigen und nicht eindeutig rational erklärbaren Ereignisse häufen. Mit den zahllosen asiatischen Mystery- und Gruselstreifen, die für gewöhnlich ihren Weg in unsere Breitengrade finden, hat das hier Gebotene aber nur ansatzweise zu tun. Entsprechende Schockeffekte sind daher nicht zu erwarten und wenn dann nur in etwas subtilerer Form. Die Autorin scheint dabei sogar die Befürchtung gehabt zu haben, dass dieses Streifen des Übernatürlichen in der Tat so behutsam vor sich geht, dass es der Zuschauer eventuell gar nicht bemerken oder zumindest nicht richtig einordnen kann. Wenn Treut daher als Hilfsmittel eine Nebenfigur die erklärenden Sätze zum Geisterglauben sicherheitshalber zum richtigen Zeitpunkt in die Kamera sprechen lässt, ist das eine überraschend unelegante Lösung in einem ansonsten doch sehr eleganten und stilvollen Film.
Zu dessen Gelingen auch die Auswahl der Darsteller beiträgt, von denen die asiatischen Schauspielerinnen den stärksten Eindruck hinterlassen. Inga Busch als Sophie dagegen wirkt ab und zu recht steif und künstlich, was aber in erster Linie dem Klang ihres stark akzentuierten Englisch geschuldet sein mag. Denn das ist die Sprache die hier zur Verständigung neben chinesisch und deutsch am häufigsten gesprochen wird. Ein wenig Aufmerksamkeit und Konzentration wird also verlangt vom Publikum, und nicht jedem mag auch die Schilderung einer verwobenen Liebe unter drei Frauen, in der sämtliche Männer nur Randfiguren bleiben, auf Anhieb interessieren. Wer diese eventuellen Hemmschwellen jedoch überwindet, belohnt sich mit einem ungewöhnlichen Filmerlebnis.

Bilder: Copyright

8
8/10

Schöner Film über verschiedene Kulturen von lyrischer Intensität.

Aufgrund des Sprachenwirrwarrs manchmal etwas anstrengend,
aber das muss wohl sein.

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