Sofia Coppolas "Gelangweilte Mädchen"-Trilogie ist hiermit also beendet. Wenn es einen roten Faden in ihren bisherigen drei Filmen gibt, dann den: Von der Außenwelt isolierte Mädchen und ihre Versuche, aus dem Gefängnis ihrer Langeweile auszubrechen. Für die "Virgin Suicides" endete dies im gleichnamigen Film (wie der Titel schon verrät) tödlich, für die in Tokio verlorene Charlotte in "Lost In Translation" in einer platonischen Affäre mit dem ebenfalls gefangenen Bob alias Bill Murray. Und nun kommt uns Sofia, über deren eigene (gelangweilte?) Jugend man sich jetzt vielleicht Gedanken machen sollte, mit dem gelangweilten Mädchen schlechthin, der französischen Königin Marie Antoinette (Kirsten Dunst). Dabei folgt der Film ihrem Schicksal am Königshof von Versailles von der ‚Übergabe' der österreichischen Jungmonarchin an der Grenze bis hin zu ihrer versuchten Flucht aus Versailles am Vorabend der französischen Revolution. Ihrer Freundin Kirsten Dunst auf den Leib geschrieben hat Sofia Coppola diese Rolle, aber warum eigentlich? Viel zu tun gibt es für Dunst hier nicht, keine saftigen Dialogzeilen, keine die Monotonie durchbrechende dramatische Szenen, ja nicht mal eine recht schlüssige Charakterisierung. Auch aus der eigenwilligen Besetzung um Dunst herum wird man nicht recht schlau: Ausgerechnet Oberschluffi Jason Schwartzman als König Louis XVI. zieht ständig eine Schnute wie ein schüchterner Zehnjähriger. Das ist wohl so gewollt, soll das junge Königspaar als unmündige Kinder zeigen, die wohl kaum ein Land regieren können. Und das waren sie wohl auch. Aber trotzdem kommt Schwartzmans Jungkönig nicht über den Status der Karikatur hinaus, dessen Asexualität und kindliches Verhalten in den Vordergrund gestellt werden. Asia Argento darf wieder mal die Schlampe geben, aber für sie wie für alle Figuren gilt: In der episodenhaften und handlungsarmen Geschichte irren sie herum, ohne größeren Eindruck zu hinterlassen. Einzig Steve Coogan als Marie Antoinettes Berater kann dank seiner steifen, überkorrekten Art noch das ein oder andere wohlverdiente Grinsen aufblitzen lassen. Aber richtiger Spaß - und richtige Unterhaltung - sehen denn doch anders aus. Langeweile ist das Thema und Langeweile ist die Methode der Präsentation. Das kann man jetzt passend und kongenial finden, oder eben auch bequem und kontraproduktiv. Denn Langeweile, egal wie gut sie abgebildet wird, bleibt Langeweile. Und wer will schon Geld dafür ausgeben, einen langweiligen Film über Langeweile zu sehen. Lahmarschig und aussagearm fanden ja einige schon den Vorgänger "Lost In Translation", wogegen der Rezensent jenem Film noch zugute hält, dass damit der emotionale und reale Jet Lag der beiden Japan-Besucher genau richtig eingefangen wurde. Aber hier hat dann die Geduld ein Ende, auch weil "Marie Antoinette" sich trotz mangelnder Spannung, Dramatik oder Interesse über zwei Stunden erstreckt. Wenn man schon nichts zu sagen hat, warum dies dann auch noch in epischer Länge tun? Natürlich ist das alles oberflächlich makellos, die Kameraführung von Lance Acord fängt den Prunk von Versailles in wunderbaren Tableaus ein und Coppolas Hausband Air liefert wiederum einen stimmungsvollen Soundtrack. Aber all dies kann diesmal nicht die Leere und Banalität im Herzen dieses Films kaschieren. Coppola reduziert die Titelfigur auf eines ihrer typischen hübschen verlorenen Mädchen, über deren Innenleben man wiederum so gut wie nichts erfährt. Der historischen Figur versucht sie erst gar nicht gerecht zu werden, verharrt lieber auf dem immer noch wirkungsvollen Jungmädchen-Charme von Kirsten Dunst und lässt alles wirkungslos irgendwo im Himmel über Versailles verpuffen. Die Fehler liegen auch in Coppolas Regiestil selbst, der sich darauf versteht Nuancen und Stimmungen einzufangen, aber eben kaum mehr. Wenn dies funktioniert, funktioniert es hervorragend ("Lost In Translation"), wenn es nicht funktioniert, geht so gut wie gar nichts, so wie hier. Coppola vermeidet wieder Dialoge zugunsten von Bildfolgen, vermeidet zu aufwendige Szenen, zuviel Plot und jegliches Hintergrundwissen, aber so wird Stimmung schnell zu heißer Luft. Coppola weiß offenbar wenig bis gar nichts über Geschichte, Frankreich oder die Geschichte Frankreichs, und ihr Drehbuch sieht Versailles exakt so, wie man sich in Amerika das Leben am französischen Königshof vorstellt. Hach, ist ja alles so dekadent hier und richtig denken tut auch keiner! Aber alles schön bunt und immer was los! Und so wird Partyszene an Partyszene gehängt, amüsiert sich Marie Antoinette in zugegebenermaßen perfekter Ausstattung und Kostümen, mal hier, mal dort, mal überall. Mädchen möchten doch nur Spaß haben, das könnte die Zusammenfassung des lahmen und naiven Ganzen sein, und man wundert sich warum Coppola inmitten der anderen modernen Rocksongs nicht auch noch Platz für Cindy Laupers Mitgrölhymne gefunden hat. Oder wäre das jetzt doch zu offensichtlich gewesen? Offensichtlich sind jedenfalls die Mängel des Endproduktes, bei dem man sich berechtigt fragen darf: Was soll das jetzt alles? Spannungs- und wirkungslos als Unterhaltung, konturenlos in seiner Charakterisierung, ziemlich trostlos trotz himmelbunter Farben. Ein schön anzusehendes Vakuum. Vielleicht wird es jetzt Zeit, dass Sofia sich anderen Themen zuwendet als gelangweilten Mädchen, sonst werden die gelangweilten Jungen und Mädchen im Publikum ihrem nächsten Film doch eher mit dem Desinteresse gegenüberstehen, dass Marie Antoinette zumindest hier am Regieren von Frankreich zeigt. Wir sind das Volk! Stürzt diese Königin! |
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