Sie kennen sich nicht und haben sich auch nur als Zweckgemeinschaft für den Weg zum heimatlichen Weihnachtsfest zusammengetan: Die hübsche College-Studentin (Emily Blunt) und ihre Mitfahrgelegenheit (Ashton Holmes). Besonders sympathisch werden sich die Beiden im Laufe der Fahrt nicht, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass ER deutlich mehr über SIE zu wissen scheint, als man von einer Zufallsbekanntschaft erwarten dürfte (die beiden Protagonisten bleiben dabei den gesamten Film über genauso namenlos wie alle anderen Figuren). Mit der Begründung ihr etwas Abwechslung und eine interessantere Strecke bieten zu wollen, verlässt er schließlich den Highway um eine unübersichtliche Nebenstrecke zu nutzen. Dort dauert es dann nicht lange bis die Beiden von einem entgegenkommenden Wagen geblendet werden und in einer Schneewehe stecken bleiben. Vor die Entscheidung gestellt, den Weg durch die Kälte zurück zur letzten Tankstelle zu wandern oder lieber zu versuchen, im wärmeren Auto die Nacht zu überstehen, entscheidet man sich schließlich für Letzteres. Doch einige merkwürdige, umher streifende stumme Gestalten und alptraumhafte Visionen später bereuen die beiden Gestrandeten diese Entscheidung….
Vom rechten Wege abzukommen und stattdessen eine unbekannte Nebenstraße zu nehmen ist eine Idee, die in jedem anständigen Horrorfilm regelmäßig abgestraft wird. So, auch in diesem Fall, wo ja der deutsche Titel bereits einen "eisigen Tod" prognostiziert. Dazu ein junges Männlein und Weibchen allein in unbekannter Landschaft und fertig ist der einfallslose Standard-Gruselstreifen von der Stange.
Sollte man meinen, doch dieses voreilige Urteil wird "Wind Chill" nicht gerecht, denn hier ist doch erfreulicherweise Einiges anders als gewohnt. Das beginnt mit der Charakterisierung der beiden Hauptfiguren, denen man genug Zeit zur Entwicklung gibt und die der Zuschauer genauso erst Stück für Stück näher kennen lernt wie diese sich selbst. Das stets vorhandene (und durchaus begründete) Misstrauen, welches die junge Frau dabei ihrem Begleiter auch noch in der gemeinsamen Notsituation entgegenbringt, sorgt dabei für zusätzliche Spannungsmomente. Denn wir wissen immer nur genau soviel wie SIE, die von Emily Blunt ("Der Teufel trägt Prada") absolut überzeugend und fern von jeglichem Klischee des doofen Teenager-Girlies gespielt wird.
Die Geschichte nimmt sich also Zeit und dürfte damit spätestens nach einer halben Stunde bereits alle Anhänger des Horrors nach "Saw"- oder "Hostel"-Art vertrieben haben. Denn statt mit Splatter und Blut haben wir es hier eher mit gepflegtem, fast etwas altmodischem Grusel zu tun, der sogar noch zurückhaltender inszeniert ist als in dem kürzlich gestarteten "Motel", zu dem dieser Film ansonsten einige Parallelen aufweist. Allerdings schneidet der "Eisige Tod" dabei sogar noch etwas besser ab, denn er verdient sich ein paar ganz dicke Pluspunkte im Prüfungsfach "Atmosphäre". Das liegt natürlich zu aller erst mal an dem Schauplatz voller Eis und Schnee, der für sich genommen schon für einige schöne Bilder sorgt. Angereichert mit Effekten von nur schemenhaft auftauchenden Wesen, hier und da aufblitzenden Lichtern und dem einsetzenden Schneefall entspinnt sich Stück für Stück eine wunderschön photographierte Gruselatmosphäre, der zum Ende hin sogar noch einige fast poetische Momente folgen.
Sehr hübsch anzuschauen das Ganze und allemal eine interessante Variante im Genrekino. Allerdings keine besonders spektakuläre, weshalb dem Film in seinem Entstehungsland nach einigen ernüchternden Testvorführungen sogar der reguläre Kinostart versagt wurde. Zudem kann bei aller Freude über die visuelle Umsetzung natürlich nicht gänzlich darüber hinweg gesehen werden, dass die dramatische Geistergeschichte, deren Umrisse sich nach gut einer Stunde deutlicher abzeichnen, nicht wirklich zu überzeugen vermag. Wobei es diesmal gar nicht so sehr um irgendwelche Unlogik oder Widersprüche geht, sondern man hier einfach eine, sagen wir mal, ziemlich "unklare" Hintergrundgeschichte präsentiert, die am Ende genauso schemenhaft bleibt wie die daran beteiligten Gestalten. Warum und wieso das Alles in dieser Nacht genau diesen Beiden Menschen passiert, bleibt letztendlich ziemlich rätselhaft und man verlässt das Kino doch mit dem einen oder anderen Fragezeichen vor dem Gesicht. Etwas unbefriedigend also dieses Ende, aber trotzdem: Wunderschön.
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