Filmszene-Special: Interview mit "Crimson Peak"-Hauptdarsteller Tom Hiddleston

von Volker Robrahn / 14. Oktober 2015

hiddleston 0Er hat mit dem hinterlistigen „Loki“ aus den Marvel – Comicverfilmungen zweifellos eine der populärsten Schurkenfiguren der letzten Jahre geschaffen und auch in seinem neuen Film „Crimson Peak“ verkörpert Tom Hiddleston wieder eine facettenreiche, nicht allzu leicht durchschaubare Figur. Der gelernte Theaterschauspieler der britischen Royal Academy und Inhaber eines Abschlusses der Universität von Cambridge etabliert sich zusehends auch als Kino-Darsteller. Bei der Vorstellung von „Crimson Peak“ in Berlin hatte Filmszene die Gelegenheit mit dem charismatischen Schauspieler zu sprechen.

Filmszene: Ihr Regisseur Guillermo del Toro hat über diesem Film gesagt „Liebe kann das Schlechteste im Menschen hervorbringen“ – stimmen Sie zu?

Tom Hiddleston: Das hat Guillermo gesagt? Hm, sagen wir mal so: Liebe ist sicher die mächtigste Kraft in unserem Leben. Aber ich möchte ihm tatsächlich zustimmen, denn Liebe ist oft auch zerstörerisch und erschafft dann verzweifelte Menschen, so wie etwa Lucille in unserem Film. Die liebt ihren Bruder Thomas auf eine sehr extreme, aber ungesunde Weise und dies bringt dann in der Tat das Schlechteste in ihr zum Vorschein. Mit der Liebe zwischen Thomas und Edith ist das jedoch anders, denn die ist sehr aufrichtig und an so etwas glaube ich.

Die Sets von „Crimson Peak“ sind sehr beeindruckend und wurden zum größten Teil in einer „realen“ Umgebung gedreht. Ich vermute, das war ein großer Unterschied zu all den Green Screen-Aufnahmen bei den Marvel-Verfilmungen?

Das war schon etwas Anderes, ja. Wobei ich anmerken möchte, dass es auch bei den Marvel-Produktionen wesentlich mehr reale Sets gibt als viele Leute glauben. Kenneth Branagh hat zum Beispiel für den ersten „Thor“-Film eine Menge Kulissen bauen lassen, fast alle Szenen in der Götterheimat Asgard spielen in einer Studioumgebung. Auch Joss Whedon hat für „Avengers“ viel gebaut, so war beispielsweise das Penthouse von Tony Stark sehr beeindruckend. Trotzdem war es jetzt bei „Crimson Peak“ nochmal eine ganz andere Erfahrung, denn dort existierte wirklich das komplette Haus. Es wurden drei Stockwerke gebaut, die Treppen sind echt und auch der Fahrstuhl funktionierte, ebenso das Klavier und der Ofen. Man konnte sogar echte Bücher aus der Bibliothek nehmen, was sonst praktisch nie gemacht wird. Und ganz klar, so ziemlich jeder Schauspieler den Sie fragen wird sagen, dass er viel lieber in einer echten Umgebung arbeitet, denn das hilft der Vorstellungskraft und beim Hineinschlüpfen in eine andere Persönlichkeit ungemein.

Wie aufwändig war dabei die Prozedur der Maske und des Kostümanlegens?

Die Kostüme waren relativ einfach anzubringen, sehr aufwändig waren dagegen die Perücken. Die wurden von echten Schneidern hergestellt, man erkennt auch nicht unbedingt, dass es überhaupt Perücken sind und das spricht für die Qualität in der Herstellung.

hiddleston 1Fühlen Sie mittlerweile eine Art „Druck“ wen Sie in solch großen, kostspieligen Produktionen mitspielen?

Nein, denn meine persönliche Herangehensweise hat nichts mit der Größe einer Produktion zu tun. Es geht dabei immer um meine Neugier auf die Geschichte, die Figur oder auch auf die Arbeit mit einem bestimmten Regisseur. Deshalb mache ich eigentlich auch sehr unterschiedliche Filme, auch mal kleinere wie „Only Lovers left alive“ oder zuletzt den SF-Thriler „High-Rise“ und das Biopic über Hank Williams. Ich muss in meinem Herzen eine gewisse Neugier verspüren.

Was hat bei „Crimson Peak“ diese Neugier ausgelöst?

Die Leidenschaft eines Guillermo del Toro und dessen Fähigkeit das Schöne im Schrecklichen zu sehen. Er geht an Orte die wir fürchten, lässt diese dabei aber wunderschön aussehen. Ich glaube nicht, dass in den Händen eines anderen Filmemachers die Charaktere von Thomas und Lucille so vielschichtig geraten wären. Denn Thomas ist ja im Kern ein begnadeter Ingenieur, ein Erfinder, doch er muss dafür zu unschönen Mitteln greifen. Del Toro besitzt ein tiefes Verständnis und eine große Kenntnis über „böse“ erscheinende Figuren - und damit wohl über die Natur des Menschen an sich. Außerdem interessiert mich der Bereich des Mysteriösen, des Unklaren, das eben nicht durch Wissenschaft allein erklärt werden kann. Nicht, dass ich tatsächlich selbst Geistern begegnet wäre, aber ich hatte durchaus schon, nennen wir es mal „seltsame Erfahrungen“. Das lag dann vermutlich an meinem eigenen Zustand, das ist mir klar – aber es negiert ja nicht die Erfahrung an sich.

Eine sehr reale Erfahrung war es als Sie in ihrer Rolle als „Loki“ auf der San Diego Comic Con vor mehreren tausend Menschen auftraten und diese so im Griff hatten, das die begeistert Ihren Namen riefen und praktisch alles befolgten was Sie sagten. Was ist das für ein Gefühl, wenn man eine Menschenmasse derart in der Hand hat?

Kleine Korrektur: Die riefen nicht meinen sondern Lokis Namen (lacht). Aber diese Erfahrung war in der Tat großartig, ein einziger Genuss. Aber nicht, weil ich da irgendein Machtgefühl verspürte. Ich hab das damals relativ spontan gemacht, denn es schien mir eine nette Idee zu sein. Dass Ganze war eigentlich nur ein großes Dankeschön an die Fans und dass die dann so mitgegangen sind beweist nur deren Humor und Großzügigkeit. Es bleibt aber eine der größten und tollsten Überraschungen die ich je erlebt habe, dass ich einen Charakter verkörpern konnte, der die Vorstellungskraft der Leute derart animiert hat. Eine große Freude und ein toller Spaß!

hiddleston 2Ist ein solch extremes Fan-Verhalten, das es ja z.B. auch bei „Star Wars“ oder „Herr der Ringe“ gibt nicht aber auch etwas merkwürdig oder gar bedenklich?

Das glaube ich eigentlich nicht, nein. Es ist ja im Grunde nur reiner Eskapismus, das Abtauchen in eine andere, fantasievolle Welt. Etwas Populäres nehmen und es für Dich selbst zu einer sehr persönlichen Sache zu machen. Mir geht das bei Filmthemen zwar nicht so, einfach weil ich selbst als Schauspieler darin aktiv bin. Aber ich kann mich dann für andere Dinge begeistern, für Shakespeare oder klassische Musik zum Beispiel. Für andere Leute sind dann die „Rolling Stones“ oder die „Beatles“ eine Religion. Menschen finden in der Kunst immer wieder etwas das Sie persönlich ganz besonders anspricht.

Ein anderes Idol, also eine real existierende Person die sie aktuell verkörpern ist die Country-Legende Hank Williams.

Ja, und das ist eine große Verantwortung, jemanden darzustellen den es wirklich gegeben hat. Man gibt natürlich sowieso immer sein Bestes und versucht dem Ausgangsmaterial gerecht zu werden, aber hier ist es dann noch ein wenig mehr der Fall, da diese Person vielen Menschen viel bedeutet hat oder es noch immer tut. Ich hoffe, dass ich dem gerecht werde wofür Hank Williams stand, ich hoffe ich kann eine „ehrliche“ und integere Performance geben.


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